Tom Cruise statt Cruise Missile: Medienversagen in Syrien-Krieg

Klassische Medien haben nicht selten Probleme mit Wahrheitsgehalt und Akkuratesse und auch mit Bewertung und Aktualität liegen sie oft komplett daneben. Unsere schnellsten Schoßhündchen haben bei Syrien 15 Stunden gebraucht, um zu erwähnen, dass russische Kriegsschiffe im Kaspischen Meer mit Marschflugkörpern angegriffen haben. Für andere war/ist das überhaupt kein Thema.

Ein besonderes Schlafbedürfnis zeichnet die austriakischen Zeitungen aus, aber auch viele deutsche und schweizerische haben sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Immerhin haben z.B. Spiegel Online und FAZ schon früh, am 7. Oktober um 17.08 bzw. 17.54 Uhr berichtet.

Bis in den Südosten hat sich solche Alertness freilich nicht vorgefressen. Mit Ausnahme der Vorarlberger Nachrichten (“Russland feuert nun aus allen Rohren”) wurden die Cruise Missiles bis nach 6 Uhr früh am Donnerstag ignoriert.

Zu diesem Zeitpunkt wurden Agenturberichte eingestellt, die bereits am Mittwoch zwischen 13 und 15.00 Uhr geschickt worden waren (am schnellsten war französischsprachige AFP um 13.49 Uhr). Gegen Donnerstag Mittag waren aber selbst die erwähnten Spätzünder wieder getilgt. 

Hier ist der Screenshot von Google aus den Morgenstunden des Donnerstag (das zugegebenermaßen keine olympiareife Zeitnahme ermöglicht). Er bezieht sich nur auf österreichische Medien.

screenshot_cruise_missile

Der Raketenschlag war nicht nur First, sondern ein mächtiges Signal, das bedeuten kann, dass sich Russland an bestimmte Raketen-Verträge aus der Sowjetzeit nicht mehr gebunden fühlt (gebunden ist). Wie immer man den “Symbolwert” dieser Cruise Missiles auch beurteilen mag – der Vorgang selbst ist huge news, die eigentlich kein Medium, das etwas auf sich hält, versäumen dürfte.

Statt echte Nachrichten zu bringen, ergehen sich unsere Schoßhündchen in einem systemisch vorgegebenen Themenkatalog: von der US-Statistik über die Bombenziele der Russen, über die wachsende Besorgnis der NATO bis hin zum angeblichen Versagen der westlichen Geheimdienste.

Die gleichgeschaltete Berichterstattung zieht sich allem Anschein nach von Jütland bis Sizilien. Man müsste lauthals auflachen, wenn es nicht so gespenstisch wäre. Die Marketing-Behauptungen der klassischen Medien besser, professioneller und zuverlässiger zu informieren, sind jedenfalls ein reines Fantasieprodukt.

Unabhängiger Journalist

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