John McElroy, ein hoch betagter konservativer Amerikanist aus Arizona, malt in Agitprop in America das Bild einer mehrheitlich “weißen” Einwanderer-Nation, die binnen einer Generation durch ein super-erfolgreiches, letztlich mysteriös bleibendes ideologisch-politisches Projekt namens PC-Marxismus an den Rand des Untergangs getrieben wurde. Während das neue hegemoniale mindset tatsächlich linkskollektivistisch und quasisozialistisch ist, darf dessen Kategorisierung als Unterart des Marxismus-Leninismus hinterfragt werden.
Genau das suggeriert McElroy aber, nicht zuletzt durch die Verwendung des Begriffs Agitprop, der in der sowjetischen Terminologie der 1930er eigentlich etwas anderes geheißen hat.
Für den Autor sind “Gegenkultur” bzw. “Political Correctness” der vergangenen 50 Jahre jedenfalls unamerikanische marxistische Implantate,
die, beginnend mit den 68ern, die US-Eliten im Sturm erobert haben – u.a. auch die Demokratische Partei, die der Autor in seinen jungen Jahren noch gewählt/unterstützt hat.
Agitprop in America ist “der Endstein” bzw. “die Synthese” eines Lebenswerks, das 1999 (für Europäer bemerkbar) mit “American Beliefs” begonnen hat und das 2006 mit “Divided We Stand” fortgesetzt wurde,
also zunächst mit einer Analyse der Glaubenssysteme und Verhaltensweisen der alteuropäischen Einwanderer in die späteren Ostküsten-Kolonien, die in 150 Jahren eine andere, definitiv nicht-europäische Identität entwickelt haben sollen;
und dann mit der Schilderung der verheerend korrosiven Wirkung, die eine Generation marxistischer und quasimarxistischer Aktivisten auf die sieben Jahre zuvor analysierten traditionellen “belief-behaviours” gehabt hat.
Das 2020 erschienene Agitprop schließlich thematisiert wohl ein letztes Mal den Zusammenprall dieser Kulturen, dessen Ausgang – wie McElroy meint – nach der überraschenden Wahl von Donald Trump 2016 vielleicht doch noch nicht fest steht.
Das unterscheidet McElroy z.B. wesentlich vom verblichenen Senator aus Arizona, John McCain, der – wie bekannt – ja ein entschiedener Trump-Gegner war.
Nun könnte man meinen, McElroy sei Rassist oder Rassialist (als der er von seinen Feinden zweifellos bezeichnet wird).
Ist er aber nicht – und auch kein Lincoln-Verächter oder Konföderierten-Nostalgiker.
Die Sezession von 1865 war für ihn verfassungswidrig
- und die Verheißung von Life, Liberty & pursuit of Happiness der Unabhängigkeitserklärung gilt für ihn genauso für die negro americans, wie er die Schwarzen politisch inkorrekt, aber trotzig-beharrlich nennt.
Die ersten acht Amendments der Verfassung von 1787 bzw. die in diesen erfassten Persönlichkeitsrechte hätten sich auch auf die chattel slaves bezogen,
aber erst nach dem Bürgerkrieg von 1865 seien Staatsbürgerschaft und Wahlrecht der Schwarzen über zwei Zusatzartikel explizit in die Verfassung aufgenommen worden.
Die Amendments 14 & 15 freilich seien dann 100 Jahre lang nicht durchgesetzt worden, bis zum civil rights movement und Martin Luther King.
Erst zu diesem Zeitpunkt habe die Union begonnen, die rechtliche Gleichstellung der Schwarzen auch gegen den Widerstand weiß dominierter Teilstaaten durchzusetzen, was den bis dahin vielerorts tatsächlich herrschenden “strukturellen Rassismus” beendet habe
(das sei auch der einzige Fall, in dem der Supreme Court in Washington für persönliche Freiheitsrechte zuständig sei – alles andere sei arrogiert und eigentlich Sache der Höchstgerichte in den Teilstaaten).
Der heutige ständige Vorwurf eines institutionalisierten Rassismus gegen Bundesstaten und Union sei jedenfalls heuchlerisch und bloße marxistische Propaganda,
ebenso wie z.B.
- der offizielle & offiziöse Diversitäts-Kult,
- die immer offensichtlicher werdenden Einschränkungen der Redefreiheit oder
- die politsch korrekte Umdeutung des ursprünglichen amerikanischen Klassenbewusstseins, des Selbstbewusstseins freier arbeitender Menschen außerhalb einer hierarchischen, vom Geburtsrecht bestimmten Feudalgesellschaft.
Das unterscheide die historischen US-Amerikaner von deren europäischen Zeitgenossen, aber auch von den Einwohnern/Besiedlern Kanadas, Spanisch-Amerikas oder Brasiliens.
Und natürlich von Marxisten und Kryptomarxisten, die die Glaubenssysteme, Werthaltungen und Verhaltensweisen der weißen Amerikaner in eine von Biologie determinierte Ideologie zurück verwandeln würden
(das marxistische Klassenbewusstsein sei z.B. an Gechlecht, Ethnizität oder Rasse, also Biologie gebunden; derlei sei wirklich “rückwärtsgewandt”.)
Weitere unamerikanische (Um)Deutungen beträfen
- (“soziale”) Gerechtigkeit,
- Doppelmoral & selektive Justiz,
- die ungleiche Beachtung der “Sensibilitäten” anderer oder
- die selektive Diskriminierung von Religion.
All das stehe in eklatantem Widerspruch zu den traditionellen “belief-behaviours” der (späteren) US-Bürger während der vergangenen 200-400 Jahre und offenbare eine totalitär-sozialistische Mentalität.
Sonnenenergie & Arbeiter-Siedler
Das ist alles so falsch nicht, wenngleich unvollständig und vielleicht auch ein wenig voreingenommen gegenüber den Ureinwohnern der heutigen USA,
die “auf PC” manchmal first nations (of America) genannt werden.
Nicht einmal McElroys Versicherung, die europäischen Siedler hätten “eine steinzeitliche Wildnis” urbar gemacht, ist falsch,
wenn damit gemeint ist, dass sich die frühen Kolonisten ein dünn besiedeltes Land angeeignet haben, in dem Hunderte Jäger- und Sammler-Horden bzw. Stämme ge- bzw. überlebt haben.
Die native americans im Norden dürften vor Columbus auch deutlich zahlreicher gewesen sein als die von McElroy ursprünglich veranschlagten 250.000 Menschen
- es besteht aber kein Zweifel, dass es relativ wenige waren, verglichen mit den indigenas im heutigen Mexiko (Azteken, Mayas), in Peru (Inkas) und in Brasilien.
Da fahren Winnetou und Nscho-tschi drüber.
Es war auch weder “fair” noch “christlich” diese Menschen zu vertreiben und enteignen, was teilweise bewusst und schuldhaft geschah.
Das Narrativ McElroys entspricht aber überwiegend den historischenTatsachen – insbesondere dort, wo von Jahrhunderte lang andauernder Plackerei (und Risiko) die Rede ist.
Der ökonomische Erfolg der Weißen Siedler hatte zweifellos wesentlich mit deren Arbeitsethos, deren hemdsärmeligem Pragmatismus und ihrer gumption und vielleicht auch mit deren christlichen belief-behaviours zu tun.
Ohne diese würde es die heutigen Vereinigten Staaten nicht geben.
Ohne diese hätte es keine “Westexpansion” gegeben und
auch nicht die Nutzbarmachung der in der kolonisierten Wildnis “über Äonen geronnenen Sonnenenergie”.
Das ist der zweite Teil der historischen Wahrheit über den Erfolg der Binnenkolonisten bis 1850, der von McElroy vielleicht nicht adäquat gewürdigt wird.
Die Fortsetzung dieser ihrer success story findet in den vervielfachten Energieflüssen der “fossil-kapitalistischen Ära” statt (sagt dieser Blogger).
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.