Der konservative britische Premier David Cameron hat einen Wahlsieg eingefahren, der jeden demokratischen Politiker, der schon fünf Jahre Regierungschef war, neidisch machen muss. Die Tories gehen aus der Wahl als unbestritten stärkste Partei der Insel hervor und ihre traditionellen politischen Gegner, die Sozialdemokraten, liegen am Boden. Aber Cameron hat einen Pyrrhus-Sieg errungen: Schottland nimmt möglicherweise wieder Kurs auf den Separatismus, der bisherige Koalitionspartner ist zerstört und die euroskeptische UKIP hat im politischen Revier der Regierungspartei 3,8 Millionen Stimmen erbeutet.
Dies ist die Neufassung einer Meldung von 9.00 Uhr, als noch nicht alle Stimmen ausgezählt und alle Sitze vergeben waren. Auch jetzt steht noch nicht fest, ob die Konservative Partei eine absolute Mehrheit errungen hat. Das ist letztlich aber nicht von entscheidender Bedeutung,
Das Ausmaß, in dem das in Großbritannien geltende Mehrheitswahlrecht die Wahrnehmung des Wahlresultats beeinflusst, ist jedenfalls atemberaubend. Das beste Beispiel ist die EU-skeptische UKIP, die 3,8 Millionen Stimmen, aber nur einen Sitz im Parlament errungen hat. Damit ist Sie parlamentarisch gleich stark vertreten wie die Grünen, die 1,1 Millionen Stimmen bekommen haben.
Die Sozialdemokraten haben eine empfindliche Niederlage eingefahren, stehen aber bei weitem nicht so schlecht da wie es aussieht. Sie liegen bei 30 Millionen gültigen Stimmen “nur” 1,7 Millionen hinter den Tories. Das ist viel, sie bleiben aber die mit weitem Abstand zweitgrößte Partei des Landes.
Der Jolly Joker des Wahltags waren jedoch die schottischen Nationalisten. Sie haben den Liberaldemokraten und Labour alle bisherigen Mandate im Norden der Insel abgejagt. Die Schottische Nationalpartei (SNP) gewann offenbar 56 von 59 möglichen Sitzen in Schottland (bisher sechs).
Labour wurde in seiner bisherigen Hochburg Schottland ausradiert, der frühere schottische Regierungschef Alex Salmond, der “Verlierer des Unabhängigkeitsreferendums von 2014″, wurde in Aberdeenshire ins britische Parlament gewählt. Die Liberaldemokraten haben im Norden 10 Sitze verloren.
Schottland hat damit sowohl Nick Clegg, den Führer der Liberaldemokraten als auch Labour-Führer Ed Miliband ins politische Verderben gestürzt. Letzteres scheint insofern paradox, als die SNP eher links ist und deren Chefin auf einen Sieg der Linken gehofft hatte.
Ein neuerliches Unabhängigkeitsreferendum in Schottland scheint nun im Berreich des Möglichen zu liegen. Mehr zur Situation in Schottland in diesem Eintrag.
Der große Sieger-Verlierer in Britannien ist aber die rechtspopulistiusche UKIP, die schon die Europawahlen vergangenes Jahr gewonnen hat. Sie hat 3,8 Millionen Stimmen, fast 13 Prozent erhalten. Im Fall eines EU-Referendums stellt sie eine massive Bedrohnung der heute erfolgreichen Tories dar. Cameron wird sich anstrengen müssen, eine solche Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft zu verhindern bzw. ein solche zu gewinnen.
Wenn das Wort von einem Pyrrhussieg etwas bedeutet, dann hier. Angesichts dessen ist es belanglos, ob die Tories eine Alleinregierung bilden können oder eine Kolaition z.B. mit einer nordirischen (unionistischen) Regionalpartei bilden müssen.
Hier sind die letzten Resultate.
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