USA: Die “Wahrheitsmedien” und die Polit-Lügen des Donald Trump

Der US-Präsident hat ein großes Ego und wenn ihn niemand, den er für relevant erachtet, streichelt, tut er es eben selbst. U.a. deshalb schwindelt Trump. Dass sich “Qualitätsmedien” bemühen, DJTs Lügen aufzudecken, wäre ja ein Fortschritt – wenn sie das mit “Sinn für Proportionalität” täten und ihre Faktencheckerei nicht selbst in eine Karikatur von Journalismus ausartete.

Wollte man zu einem einigermaßen sicheren Urteil über den Wahrheitsgehalt von Trump-Aussagen gelangen, müssten für jeden einzelnen Fall etliche Recherche-Stunden aufgewendet werden, um

  • zunächst die beanstandete Aussage und ihren Kontext zu “sichern”,
  • dann zu überprüfen, inwieweit die Behauptung, es handle sich um eine Falschaussage, im engeren Sinn richtig ist (die “Lügenhaftigkeit”, ist meist nur eine mehr oder weniger plausible Annahme); sowie,
  • drittens, zu checken, ob ein allfälliges Lügen-Urteil nicht z.B. auf irrelevanten Irrtümern des Sprechers beruht.
  • Viertens müsste man noch einschätzen, ob der vorgenommene “Faktencheck” ganz allgemein bona fide und unvoreingenommen durchgeführt wurde (also sozusagen “richtig in einem weiteren Sinn” ist).

Überflüssig zu sagen, dass das praktisch nur in Ausnahmefällen möglich ist.

Es wäre aber insoferne geboten, als große Lügen und kleinere Flunkereien des US-Präsidenten als Beleg für die Aussage verwendet werden, er und seine Anhänger lebten in Neverland bzw. würden auf neuartige Weise der Wahrheit abschwören (“posttruth”, etc.)

Beispiele für einen solchen Versuch gibt es im bereits hier erwähnten Text eines dänischen Autorenduos (“Postfaktisch”).

In diesem Buch finden sich speziell in den Kapiteln 4, 5 und 6 weit reichende Überlegungen zu alternativen Fakten, fake news, Populismus und Verschwörungstheorie, die überwiegend mit Trump-Beispielen begründet werden, Beispielen, wie sie von den medialen und politischen Gegnern des US-Präsidenten erzählt werden.

Versucht man einzelnen Exempeln auf den Grund zu gehen, ergibt sich im Regelfall ein differenzierteres Bild.

Typischerweise kristallisiert sich dann ein falscher, verzerrter oder auch nur schiefer “Kern” heraus, um den die Kritiker den Anschein eines regelrechten Gebäudes aus bewusster Lüge und des bösen Willens gebaut haben.

Unerwähnt bleibt meistens, wenn die vorliegende Form der Unwahrheit ein “branchentypisches” bzw. weit verbreitetes Phänomen darstellt.

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Dazu zwei Beispiele.

Das erste betrifft die Angelobung Trumps am 20. Jänner 2017.

Die vor dem Washingtoner Kapitol stattfindende Feierlichkeit

  • veranlasste den neuen Präsidenten, in mittlerweile gewohnter Manier zu prahlen, dass die bisher meisten Leute seiner Inauguration beigewohnt hätten, und dass vor der Ablegung seines Amtseids die Sonne durch die Wolken gebrochen sei (womit unmissverständlich das Wohlwollen höherer Mächte suggeriert wurde).
  • Die Qualitätsmedien ließen daraufhin Luftbilder und Wetterberichte ausheben und pochten darauf, dass a.) bei der ersten Amtseinführung Barack Obamas 2009 mehr Gäste da gewesen seien und b) dass die Sonne nicht geschienen habe.
  • Die damaligen Trump-Sprecher Sean Spicer und Kellyanne Conway rückten pflichtschuldig aus, um die Darstellung ihres Chefs zu verteidigen, wobei die Conway am Wochenende ihren berühmten Sager von den “alternativen Fakten” losließ.
  • Aha, heißt es bis heute da gleich: “Jetzt bestreiten sie sogar das Wetter, typisch postfaktisch halt.”

Und tatsächlich: aus Sicht dieses Bloggers ist die Perspektive der Medien deutlich besser belegbar – sie ist allerdings wenig relevant.

Bei den Wahlen hatten 91 Prozent der Washingtonians für Hillary Clinton und nur vier Prozent für Trump gestimmt.

Es wäre verwunderlich gewesen, wenn im “demokratischen Washington D.C.” mehr Leute zur Amtseinführung Trumps gekommen wären als zu der von Obama.

Schon gar nicht lassen sich aus der Geschichte weit reichende Schlüsse in Richtung Postfaktizität etc. ziehen. Eitelkeit und Selbsttäuschung des Präsidenten und Beflissenheit der Trump-Sprecher etc. reichen völlig aus.

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Etwas anders liegt die Sachlage beim Tweet, in dem Trump seinem Vorgänger vorgeworfen hatte, dieser habe ihn, den damaligen Kandidaten abhören lassen, siehe dazu z.B. hier.

Das wird bis heute als falsche Anschuldigung klassifiziert

- und das ist insoferne richtig, als bis jetzt kein “archivalischer Beweis” aufgetaucht ist, dass Obama höchstselbst etwas derartiges veranlasst hat.

Sehr wohl ist aber klar geworden, dass das FBI und das ihm vorgesetzte “demokratische Justizministerium” erfolgreich die elektronische Bespitzelung von Mitarbeitern der Trump-Kampagne beantragt haben, wobei

  • für die FISA application Material verwendet wurde, das von der Clinton-Kampagne (teil)finanziert wurde;
  • und hohe Exponenten der US-amerikanischer Geheimdienste Vorkehrungen gegen eine Amtsübernahme des republikanischen Kandidaten trafen, wobei sie eng mit der Trump-feindlichen, mit den Demokraten sympathisierenden Mainstream-Presse zusammen arbeiteten.

Aus heutiger Sicht lässt sich also sagen: Es gibt keinen eindeutig dokumentierten “Führer-Befehl”, mit dem Obama die elektronische Überwachung der gegnerischen Kampagne anordnete, sehr wohl aber… siehe oben.

Ob sich unter diesen Umständen der Tweet des heutigen Potus als als fake news pure and simple einordnen lässt, ist zumindest zweifelhaft.

Unabhängiger Journalist

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