Medien haben über den soeben erschienenen Jahresbericht von Amnesty International berichtet, als handle es sich um eine einzige Abrechnung mit den EU-Staaten. Das ist nicht zutreffend. Kritik an EU-Regierungen kommt primär von lokalen Figuren, die die Menschenrechte für ihre Einwanderungsagenda missbrauchen.
Im Mainstream ist so ein extrem selektives Bild entstanden, das den Gegenstand der Berichterstattung bis zur Unkenntlichkeit verzerrt. Wie sich so etwas z.B. im Fall des ORF mit seiner Verpflichtung zu einer ausgewogenen Darstellung verträgt, ist eine eigene Frage, der sich Juristen widmen müssen.
Hier nur so viel: Das Bild, das die Organisation selbst von ihrem Bericht zeichnet, unterscheidet sich massiv von dem, was in vielen Massenmedien transportiert wird. Amnesty International zieht natürlich keine verheerende Bilanz über die Menschenrechte in Europa, schon gar nicht auf Basis der Flüchtlingswelle – wie auch ?
Das zeigt sich schon daran, wie die Organisation selbst ihre Berichterstattung über den eigenen Report aufmacht, siehe hier. Europa spielt in der zusammenfassenden Darstellung von Amnesty praktisch keine Rolle.
Sehr wohl wird Kritik an Europäischen Staaten als Kollektiv und im einzelnen geübt, aber diese Kritik unterscheidet sich nicht nur im Ton von den Wertungsexzessen, in denen sich das lokale Personal der Organisation etwa in Österreich und Deutschland ergeht.
Trotzdem stellt sich die Frage, welche Kritiken ernst genommen werden sollten und welche unbeachtlich bis lächerlich sind (zum Beispiel, dass im vergangenen August im Erstaufnahmelager Traiskirchen 2000 Asylbewerber in Zelten – “outdoors” – schlafen mussten).
Es ist aber korrekt, dass der Bericht auf zwei von 400 Seiten Kritik am zu wenig koordinierten und zu wenig permissiven Verhalten der europäischen Staaten in der Flüchtlingskrise übt. Zu diesen zwei Übersichts-Seiten kommen dann noch Bemerkungen in den Kapiteln über einzelne europäische Staaten.
Es ist auch korrekt, dass Amnesty implizit die Ansicht vertritt, dass die europäischen Staaten der Mehrzahl der weltweit 60 Millionen Flüchtlinge Asyl gewähren müssten, auf Basis des Völkerrechts.
Die spezielle Kritik an der vermeintlich wenig flüchtlingsfreundlichen Politik einzelner Staaten fällt tendenziell umso härter aus, je mehr Migranten dort (auf Kosten der angestammten Bevölkerung) aufgenommen wurden.
Ausnahme zu dieser Regel ist vielleicht Ungarn, das einen Zaun an der Grenze zu Serbien und Kroatien gebaut und damit den Menschenstrom nach Kroatien und Slowenien abgelenkt hat (“Within two days, the number of refugees and migrants entering Hungary daily dropped from over 6,000 to a few dozen.”)
Hier findet sich das Original des AI-Berichts.
Foto: Screenshot orf.at 24.1.2016
Edit, 26.2.2016, 10 Uhr: Umformulierung im 6. Absatz.
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