CETA-Klamauk: Schwarzer Heuchler rüffelt die roten Heuchel-Partner

Die ÖVP warnt den roten Koalitionspartner vor einer “Blamage” in Sachen CETA und eröffnet ein neues Kapitel ihrer Show-Politik. ÖVP und SPÖ haben nämlich schon 2008 die Ausschaltung des österreichischen Parlaments abgesegnet. Ohne den Vertrag von Lissabon, den die Parteien an den Staatsbürgern vorbei eingegangen sind, könnte der österreichische Nationalrat heute (relativ) selbstbestimmt agieren. Unter den jetzigen Umständen ist die parlamentarische Ratifizierung jedoch reiner Klamauk (© Jean-Claude Juncker). NB: Warum CETA nicht wirklich ein Handelsvertrag ist.

Der Kommissionspräsident hat in einem hellen Augenblick die Ratifizierung durch die Parlamente Klamauk genannt, ehe man ihn davon überzeugte, dass diese Sorte Symbolpolitik für das politische Überleben der sogenannten Volksparteien nötig ist – und er die Sache nicht mehr ansprach.

Inzwischen hat das westeuropäische Establishment fast überall Schein-Abstimmungen in ihren - meist vollständig kontrollierten – Parlamenten angekündigt.

Dabei ist ziemlich klar, wie diese Abstimmungen ausfallen werden sowie dass diese bedeutungslos sind – wenn nicht wie möglicherweise in Österreich - lose Kanonen wie ein Bundespräsident Hofer die Umsetzung dieses Beschlusses zu verhindern trachten (via “Nicht-Beurkundung”).

Doch selbst das würde nur ein politisches, kein rechtswirksames Faktum schaffen. Formaljuristisch gesehen wird die Sache ausschließlich in Brüssel/Straßburg entschieden (Ministerrat/Europäischer Rat, EU-Parlament).

Für die Zerstörung der österreichischen “Souveränität”, konkret die Ausschaltung des hiesigen Nationalrats, sind SPÖ und ÖVP verantwortlich, die 2008 den Vertrag von Lissabon durch das Parlament gepeitscht haben (Herr Mitterlehner war damals Abgeordneter und mit von der Partie).

SPÖVP konnten sich dabei auf die Unterstützung der Grünen verlassen (die zu diesem Zeitpunkt freilich noch nicht unbedingt notwendig war). Rotschwarz verfügte damals noch über eine Verfassungsmehrheit  – eine politische Hinterlassenschaft Wolfgang Schüssels.

Mit dem Vertrag von Lissabon hat die EU eine eigene Rechtspersönlichkeit bekommen und darf deswegen internationale Verträge abschließen sowie internationalen Vereinigungen beitreten (zuvor war die Außenpolitik Vorrecht der Nationalstaaten – “Vetorecht”).

Das gilt auch für CETA, den angeblichen Handelsvertrag mit Kanada. Um in Kraft treten zu können, muss er mit qualifizierter Mehrheit des Außenminister-Rats gutgeheißen werden (EU-Botschafter reichen angeblich). Das soll am 18. Oktober passieren.

Aus diesem Zusammenhang kommt Mitterlehners Ausdruck “Blamage” – er bedeutet: selbst wenn die Republik Österreich im Ministerrat dagegen stimmte, träte das Abkommen ziemlich sicher in Kraft, weil die Alpenrepublik allein keine qualifizierte Mehrheit verhindern kann.

Damit sind die Würfel praktisch gefallen, egal welches Stimmverhalten der Ministerrat in Wien kommende Woche beschließt.

Die einfache Mehrheit im Europäischen Parlament und erst recht die Ratifizierung im österreichischen Parlament sind reine PR-Aktionen.

Nachbemerkung, 24.9.2016, 8.00 Uhr: Die Behauptung, es ginge bei CETA vor allem um ein Handelsabkommen zwischen Kanada und der Union ist fadenscheinig. Die EU-Ausfuhren (Waren) nach Kanada lagen zuletzt bei 35,2 Mrd. Euro, was ungefähr 2 Prozent aller Extra-EU-Exporte ausmacht.Die Union liefert jedenfalls vier bis fünf Mal so viel in die kleine Schweiz, siehe dazu die einschlägige Datenbank der Kommmission.

Österreich hat 2015 Güter im Wert von einer Milliarde nach Kanada exportiert, weniger als ein Prozent aller Exporte (132 Milliarden).

Die Einfuhrzölle nach Kanada liegen für die meisten Hauptausfuhrgüter bereits bei null – vielleicht mit Ausnahme von Fahrzeugen (6,1 Prozent). Die europäischen Autohersteller liefern üblicherweise aber sowieso zollfrei aus ihren US-Fabriken.

Nein, es geht bei CETA definitiv nicht um ein Handelsabkommen mit Kanada, jedenfalls nicht primär.

 

Unabhängiger Journalist

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