Cra$h, Generalsanierung oder was – Zur Reserve-Währung US-Dollar

weltreservewährungen_incrementum
Quelle: Incrementum

Unsere Weltreservewährung scheint sich schon lange über die Schwerkraft hinwegzusetzen und die besten Erklärungen dafür sind Selbst-Täuschung und collective action vorgeblicher Feindstaaten. Das Sterbeglöckchen wird aber immer lauter. Ihr Exitus ist eine ausgemachte Sache, bloß die Umstände sind noch von Zukunfts-Nebeln verhangen. Es gibt ein Nachfolgemodell zwischen Fiat und Goldstandard. Tertium datur in diesem Fall.   :mrgreen:   

Die obige Grafik ist im Goldreport 2018 von Ronni Stöferle und Mark Valek erschienen.

Sie zeigt, dass die Zentralbanken der Welt auf der Aktivseite ihrer Bilanzen noch immer 50 Prozent Wertpapiere in Dollar (üblicherweise US-treasuries), zu 30 Prozent Euro-Papiere und zu weniger als 20 Prozent Gold zu sogenannten Marktpreisen halten.

Der Chart macht auch klar, dass

  • sich der Anteil des Euro aus den Vorgängerwährungen DM und Franc entfaltet,
  • dass dieser nach anfänglichen Diversifizierungskäufen nicht mehr gewachsen ist, sowie
  • dass für “internationale Währungshüter” Gold (Finanzgold) nur mehr eine geringe Rolle zu spielt – primär wegen der “gemanagten Marktpreise”, wie dieser Blogger behauptet.

Das betrifft die Währungsreserven, den store of value.

Eine reserve currency bisherigen Zuschnitts muss aber auch die Begleichung von Rechnungen aus dem grenzüberschreitenden (internationalen) Handel ermöglichen.

Wie der Langversion des Goldreports zu entnehmen ist (S. 103), werden Transaktionen aktuell zu 42 Prozent in Dollar, zu 31 Prozent in Euro und nur zu 1,7 Prozent in Yuan und zu 0,3 Prozent in Rubel fakturiert (Ende 2016).

Transaktionswährung & Short Dollar-Trade

Gäbe es keinen Dollar und kein Swift-System mehr, wäre es für manche Zentralbanker aber z.B. sinnvoll, ausreichend Yuan zu halten, sollte “die Wirtschaft” z.B. standardisierte Elektromotoren oder 08/15-Leiterplatten benötigen.

Bräuchte ein Land v.a. Erdöl, Kohle oder Industriemetalle, wäre es nicht dumm, russische Rubel vorzuhalten.

Benötigten die Fabrikanten dagegen viel Kobalt, sollten sich die Zentralbanker Kongolesische Franc zulegen, etc.

Das wäre für Währungsbürokraten zwar unbequemer als heute, hätte aber den Vorteil, dass

  • die anderen nicht mehr der Willkür der Zentralbank einer Nation ausgeliefert wären, die – weil “alternativlos” – so viel Zentralbankgeld schafft wie sie für gut befindet.
  • Sie müssen nicht fürchten, auf die Sanktionslisten eines scheinbar allmächtigen Staats zu geraten und damit vom Welthandel ausgeschlossen zu werden. Und
  • sie müssen keine Angst haben, von Rudeln (durchaus rational agierender) Währungsspekulanten “überfallen” zu werden, die in Dollars geborgt haben und die geldpolitische Entscheidungen in Washington zum Anlass nehmen, die Währung des “peripheren Staats” zu “attackieren”.

Das passiert seit Jahrzehnten immer wieder und das könnte sich auch heute wieder anbahnen.

Peter Schiff beschreibt in seinem jüngsten Podcast das Räsonnement der Spekulanten gut – so gut, dass es auch Nicht-Spezialisten verstehen können (Beginnzeit eingestellt, eigene Hervorhebungen):

The emerging markets currencies have been beaten up, so have been the stocks in the emerging markets (…) Right now, as you know, the (US) budget deficits have exploded (…) Our  budget deficit is about a trillion dollars a year, which has to be financed. The government has to go out and borrow that money (in 2009/10 the Fed  was creating dollars to buy up all the bonds, which had first and foremost a ‘benign’ effect on foreign currencies). But right now the Fed is claiming, it’s going to shrink its balance sheet (…)

So instead of the money supply expanding, like they did when quantitative easing, it (Fed balance sheet) is going to be contracting. The Fed is going to get money out of circulation, 600 billion a year to repay the Fed and 1 trillion to cover the budget deficit. That’s 1,6 trillions (probably 2 trillions) Now the idea is: The money supply is going to be shrinking and that is going to create a dollar shortage (…) and in particular the emerging markets need dollars (…)

The idea is, that the government and the Fed is going to crowd out a lot of borrowers (…) So the US government is going to suck up all the capital, that might otherwise go into these emerging markets (…) This is the whole theory about shrinking the money supply and there being a dollar shortage (…) Obviously they think, the dollar is going up (…)

This is (would be) problematic, especially for the EM economies, who (!) have borrowed in dollars, but they earn in local currency (…) And of course interest rates in EM are going up, bc. everybody has to compete with the treasury (…)

So everybody believes, that this is going to cause a huge crisis. You got central bankers from these EM economies, complaining. They are actually saying, the Fed has to call off its plans to shrink its balance sheet (…) bc it’s destabilizing the global economy. Of couse that’s part of the problem, when vou have the US dollar as the reserve currency (…)

But the bottom line is: As logical as this all sounds, it’s wrong.”

Schiff glaubt, dass das angekündigte quantitative tightening nicht stattfinden kann und dass die Situation eine gute Gelegenheit bietet, gegen den Dollar und die Mehrheit der US-Spekulanten zu spekulieren.

Abgesehen von der konkreten “Empfehlung”, die dieser Blogger für ziemlich riskant hält, zeigt die Passage schlagend das wahrscheinlich größte Problem einer “nationalen” Reservewährung: Man kann nicht gleichzeitig Geld- und Zinspolitik für “daheim” und die ganze Welt machen.

Das haben im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte die meisten mitbekommen (natürlich mit Ausnahme von einigen abgeschmierten Ökonomen und Redakteur und Redakteurin Strunz) und deswegen wird auf diversen Tagungen seit 15 Jahren offen über die Ersetzung des Dollars durch ein neues System palavert.

Jener Teil des Westens, der nicht zu den Dollar-Fetischisten zählt, hätte gerne ein auf Sonderziehungsrechten basierendes Weltgeld unter den Fittichen des IWF – aber das brächte wohl schon kurzfristig Probleme;

  • beispielsweise, dass der Handel zwischen den Währungsblöcken wieder nicht auf Basis von reellen Marktbewertungen funktionieren würde und
  • dass es eine globale Planung und IWF-Dekrete geben müsste, à la “dass die Leistungsbilanz des Jahres X zwischen Block A und Block B ausgeglichen ist – und damit basta.”

Dass Anbieter von realen Ressourcen wie Erdöl, Metallen oder Mineralien dem zustimmen, ist relativ wenig wahrscheinlich (es wäre auch gegen die eigenen Interessen).

Deswegen wird man (auch) künftig einen settlement-Mechanismus und echte Marktpreise benötigen – und das Ganze geht mit jenem Reserve-Asset, das keine Ableitung einer nationalen Währung ist: physisches Gold.

Auch das würde unseren abgeschmierten Ökonomen und Redakteur und Redakteurin Strunz gegen den Strich gehen – aber da kann man nichts machen.

Die rationalste und praktikabelste “internationale Finanzarchitektur” wäre es allemal –

die Synthese aus einem nicht-nationalen (und hoffentlich nicht exklusiv staatlichen) Zentralbank-Asset, mit dem Leistungsbilanzen ausgeglichen werden (“nettobezahlt wird”) und national oder blockweise gemanagten Währungen, in denen auch im grenzüberschreitenden Austausch fakturiert werden kann.

Fiat-Währungen, deren Außenwert schwankt – gegeneinander, aber auch gegenüber einer “Reservewährung”, die gar keine traditionelle Reservewährung mehr ist.

Eine Rückkehr zum Gold-Standard des 19. Jahrhunderts wäre unter diesen Umständen gar nicht vonnöten.

Unabhängiger Journalist

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.