Demokratur á la française: Der amüsante Fall von Ex-Premier Valls

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Bürgermeister Valls anno 2009

Manuel Valls, bis Ende 2016 Premier des “roten Hollande”, scheint mit hauchdünner Mehrheit den Abgeordnetensitz in Essonne I gewonnen zu haben. Valls unterstützt den neuen “synthetischen” Präsidenten – obwohl er aus Imagegründen nicht in dessen Wahlbewegung aufgenommen wurde. Im Gegensatz zu Wahlbezirken, in denen ein offizieller Kandidat von République en marche aufgestellt wurde, fand in Essonne ein echter Kampf um Wählerstimmen statt.

Am Abend des Wahlsonntags, noch bevor die offiziellen Resultate publik wurden, trat Valls in Evry vor die Kameras und erklärte, er habe seine linke Gegenkandidatin mit einem Vorsprung von 139 Stimmen besiegt, weswegen er auch ins nächste Nationalparlament einziehen werde.

Diese bezweifelte das Resultat umgehend und kündigte an, eine Nachauszählung der Voten zu beantragen.

Der Ort, an dem Valls diese Ankündigung machte, war jene Gemeinde in der Ile de France, wo Valls elf Jahre lang, bis 2012,  den Bürgermeister gegeben hatte.

Obwohl er heute im Clinch mit seiner angestammten Fraktion, den Sozialdemokraten liegt, wäre es eine unerhörte Blamage für Valls gewesen, “auf Heimatboden” nicht gegen die Zweitgereihte, die weitgehend unbekannte Farida Amrani zu gewinnen.

Valls erklärte in seiner Ansprache gleich, seinem Klon, der unabhängigen Makrone, zu Diensten zu sein. “Ich werde nützlich bleiben – natürlich dem Präsidenten der Republik, auf dass dessen fünfjährige Amtszeit glücke”, sagte Valls laut Paris Match.

Eigentlich wollte der schöne Manuel ja auf der Wahlplattform Macrons kandidieren, doch wäre das seine vierte Amtszeit auf nationaler Ebene gewesen, was En marche unmöglich zulassen konnte.

Denn: Eine Kandidatur Valls hätte ihren Ruf als Anti-Establishment-Partei sofort zertrümmert..

Darum versagte En marche Valls den öffentlich eingeforderten Listenplatz – kündigte aber an, keinen Gegenkandidaten in Essonne aufstellen zu wollen.

Das war schon die halbe Miete – die andere Hälfte war, dass alle “republikanischen”, also konservativen  Bürgermeister des Wahlbezirks Valls unterstützten.

Auf der anderen Seite sammelte sich die Linke (weitgehend) um die Melenchon-Kandidatin Amrani, die auch von den Sozialisten (PS/Parti Socialiste) unterstützt wurde.

Diese lieferte Valls einen echten Kampf um Wählerstimmen und konnte bis zum 18. Juni dessen 8-Prozentpunkte-Vorsprung fast egalisieren. Die Nachzählung wird ergeben, ob Valls wirklich die Nase vorn hatte.

Essonne geriet jedenfalls zu einem klassischen “Lagerwahlkampf zwischen Links und Rechts”.

In anderen cironscriptions, in denen Linke der zentristischen Präsidentenmehrheit hätten gefährlich werden können, wurden die jeweiligen Farida Amranis gar nicht erst aufgestellt.

Der politische Kopf des “rechten” Valls war/ist freilich symbolisch so wertvoll, dass weder Melenchon (France Insoumise) noch Hamon (PS) auf das Match in Evry verzichten konnten.

Links für Französisch-Leser:

Une victoire contestée pour Manuel Valls

Législatives 2017 : Manuel Valls annonce sa victoire sous les huées

Victoire supposée de Manuel Valls dans l’Essonne : soupçons de tricheries

Bild: poudou99 via Wikimedia Commons [CC BY-SA 2.5 ]

Unabhängiger Journalist

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