Ehrlicher Trickbetrüger: Was aus der Causa SNB zu lernen ist

Wenn eine Zentralbank mit heruntergelassenen Hosen erwischt wird, spricht das für, nicht gegen sie und dafür, dass sie bei ihrem Reporting noch gewisse formelle Regeln einhält und vielleicht sogar ein Modicum Bilanzwahrheit beachtet. Faktum ist, dass die SNB am Donnerstag einen Quartalsverlust berichtet hat, der die Hälfte ihres Eigenkapitals (+Rückstellungen) übersteigt. Das wäre “in der Privatwirtschaft” der klassische Indikator dafür, dass der Hut ganz gewaltig brennt.

Jetzt weiß natürlich jeder, dass dieses Gesetz auf dem Planeten der Zentralbanken nicht gilt, aber trotzdem: Es sieht nicht besonders gut aus 29 Milliarden Verlust zu machen. Das ist der Stoff, aus dem die Alpträume von Vorstandsdirektoren sind.

Das mit dem Eigenkapital stimmt übrigens wirklich, die SNB hat nur mehr 56 Milliarden Eigenmittel. Hier ist der entsprechende Bilanzposten:

EK

Die SNB war trotzdem “ehrlich”, obwohl man von außen nicht viel hätte einwenden können, wenn sie beispielsweise gesagt hätte: “Wir haben 4 Milliarden Gewinn gemacht – hier sind unsere Bilanzpositionen. Unsere Devisenanlagen sind während der vergangenen drei Monate um 22 Mrd. Franken gewachsen. Warum sollen wir nicht 4 Milliarden Gewinn gemacht haben ?”

Nein, die SNB hat einen Megaverlust zugegeben und als Draufgabe noch eins auf die Mütze bekommen, weil sie das tut, was alle tun: Derivate einsetzen. Der wahrscheinlich kleinste Gauner ist als Erster erwischt worden. Die Welt ist ungerecht.

Interessanter ist, welche Schlussfolgerungen sich aus dem dem depegging vom 15. Jänner und dem SNB-Megaverlust im ersten Quartal ergeben.

Ich habe im Jänner zwei Mal über das depegging des Franken geschrieben, einmal hier und einmal hier.

Im ersten Eintrag steht, dass Fiat-Zentralbanken prinzipiell nicht pleite gehen und dass sich die SNB auf eine mysteriöse Weise so viele US-Dollar zugelegt hat, dass sie von der Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro nicht getroffen würde.

Im zweiten Posting wird die Theorie entwickelt, dass die SNB das im Rahmen von Swap-Abkommen mit anderen Zentralbanken gemacht hat. Nach dem Motto: Ich geb Dir ein paar Milliarden aus dem Nichts geschaffene Schweizer Franken, wenn Du mir ein paar Milliarden aus dem Nichts geschaffene US-Dollars gibst (und ein paar Milliarden aus dem Nichts geschaffene Euros abnimmst).

Das wäre ein in jeder Hinsicht risikoloses Tauschgeschäft, bei dem keine Verluste anfallen.

Nur: So war es offenbar nicht, weil sonst hätte die SNB wohl keinen 29 Milliarden-Verlust berichtet.

Es sind sehr wohl Verluste dabei angefallen und diese müssen auch eine Rolle spielen, auch wenn das Ganze auf dem Planeten der Zentralbanken stattgefunden hat, wo andere Naturgesetze gelten. (Auf diesem Planeten spielen Defizite solange keine Rolle, solange die Finanzstabilität gewahrt bleibt und die Konsumentenpreisinflation nicht aus dem Ruder läuft.)

Wir wissen nur nicht welche Rolle diese Verluste spielen. Vielleicht muss gleich in Gold gezahlt werden. Vielleicht kann man aber auch anschreiben lassen und die Abrechnung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben – so wie ich in meinem Stammbeisl auf der anderen Straßenseite.

Unabhängiger Journalist

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