“Da stelle mer uns mal janz dumm”, ließ der Autor der Feuerzangenbowle den kauzigen Physikprofessor sagen, ehe dieser zu einer soliden Erklärung der Dampfmaschin’ (oder was immer) ausholte. Die meisten zeitgenössischen Kritiker von Verschwörungstheorien lassen es mit dem Dummstellen bewenden. Sie arbeiten mit einem Realitätsverständnis, das scheinbar bei den Verfassern von PR-Aussendungen in die Schule gegangen ist.
Bezeichnenderweise handelt es sich meist um Akademiker, die von Ausbildung wegen eigentlich im kritischen Denken geschult sein müssten.
Ein Beispiel dafür, wie Leute dieses Zuschnitts Denkfaulheit und (selbst verschuldetes?) epistemisches Unvermögen bemänteln, war soeben im österreichichen Radio zu hören, als sich eine sogenannte Wissenschafterin darüber erschüttert zeigte, dass “schon Kinder an von zuhause mitgebrachten Verschwörungstheorien” litten.
Als Beispiel dafür nannte sie die “Chemtrails”, also den Verdacht, die Bevölkerung werde von Flugzeugen aus mit allen möglichen Substanzen besprüht, was mit freiem Auge auch sichtbar sei.
Das ist ein gutes, weil typisches Beispiel.
Rund um das Phänomen der gefakten Kondensstreifen gibt es eine Menge von fragwürdigen Theorien, die oft nur unbeholfene Erklärungsversuche sind.
Ich persönlich halte zum Beispiel wenig von der Meinung, die Chemtrails dienten dazu, die Leute gefügig zu halten.
Um das zu erreichen bräuchte man eher Landwirtschaftsflieger – und nicht Maschinen, die in der Tropossphäre herumfliegen. Ein paar Liter Brom im Wasserwerk wären viel billiger und effektiver.
Relativ schwer argumentierbar ist auch, dass das Ausbringen von Aluminiuum und/oder Schwermetallen Teil eines Versuchs der Elite sind, das katastrophale Bevölkerungswachstum einzugrenzen – siehe zu dieser These etwa das jüngste Buch von Jim Marss.
Kein Grund zur Skepsis ist freilich die Meinung, dass es kein nachvolliehbares Motiv für einen solchen Versuch gäbe – das ist nämlich sehr wohl vorhanden. und den der Öffentlichkeit verborgenen Strippenziehern ist so ein Vorgehen durchaus auch zuzutrauen.
Die Theorie von der Bevölkerungskontrolle via Chemtrails ist m.E. deswegen nicht glaubwürdig, weil es viel einfachere und billigere Methoden der Massenvernichtung gäbe als Besprühen, Vergiften und Infizieren – welche, die die Lebensqualität der Täter nicht so stark beeinträchtigen würden.
Nein, die beste Erklärung für die Chemtrails ist Klima-Engineering, der Versuch, die Albedo der Erde durch das Ausbringen von Aerosolen zu erhöhen, siehe dazu etwa hier und hier.
Warmistische Wissenschafter diskutieren seit Jahren offen über Geoengineering und Solar Radiation Management und dass derlei nicht offiziell genehmigt und offen kommuniziert worden wäre, ist ein lächerlicher Einwand.
Als ob die Lenker unserer Staatswesen dem angeblichen modernen Souverän sonst alles auf die Nase binden würden!
Ein solches Programm, das leicht durch den militärisch-induistriellen Komplex durchgeführt werden kann, bedeutete nicht einmal, dass die Ausführenden die Theorie von der Erderwärmung durch CO2 selbst “unterschreiben” müssten.
Das scheint mir die beste Erklärung – ich kann diese freilich nicht über jeden Zweifel erhaben “beweisen” (ist streng genommen sowieso nicht möglich).
Meine Erklärung ist, wie ich meine, besser als die Chemtrail-Theorie mit der Sedierung der Massen oder jene vom Todeskult der Eliten (die letztere ist eine zugegeben komplexe Frage, die nicht ganz einfach abgetan werden kann).
Kritische Fragen statt Tunnelblick
Wie immer die verschiedenen Theorien auch zu bewerten sind – es handelt sich um Erklärungsversuche.
Unsere Verschwörungstheorie-Kritiker sind dagegen nicht einmal so weit zuzugeben, dass die falschen Kondensstreifen ein Phänomen sind, das einer Erklärung bedarf.
Das Gleiche gilt in Sachen 9/11.
Die Damen und Herren Antiverschwörungstheoretiker sind bei diesem Thema eher bereit, offenkundig verlogenen offiziösen Berichten Glauben zu schenken als sich selbst auf die Suche nach einer Erklärung zu machen.
Beispielsweise, warum am 11.September 2001 WTC 7 “eingestürzt” ist – ohne von einem Flugzeug getroffen zu werden und im freien Fall, siehe dazu beispielsweise hier und hier.
Diese Leute machen es sich nur bequem.
Sie haben sich kurzerhand dafür entschieden, bestimmte Phänomene einfach nicht zu prüfen und stattdessen zu glauben – den Politikern den Medien, den Behörden, wem auch immer. Das kann man intellektuell unredlich nennen oder Erkenntnisgewinnung via Presseaussendug.
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