Flüchtilanten gegen Deutschdoofies – Die Umvolkung, die Pirincci meint

Umvolkung_CoverAkif Pirinçci hat ein beeindruckendes Pamphlet gegen die Abschaffung seiner Heimat geschrieben und dabei schon im Titel ein Wort verwendet, das eigentlich gar nicht geht: Umvolkung. In Österreich wäre damit der Nachweis erbracht, dass P. ein Krypto-Nazi ist - so wie der FPÖ-Vordenker i.R., Andreas Mölzer. Dieser hatte den Begriff in den 1990ern verwendet und damit einen Skandal verursacht (in abhängigen Medien). Nicht dass noch was dazu beizutragen wäre - aber Ps Umvolkung ist tatsächlich eine andere.

Pirinçci ist in Sachen Nationalismus sozusagen ein ideologischer Flachwurzler (© Jörg Haider). Das heißt, er bemüht Goethe, Hegel & Fichte sowie Bismarck & Hitler erst gar nicht. Er benötigt auch keine Genforschung und keine Evolutionspsychologie.

Für ihn sind Deutsche alle, die schon länger in der Bundesrepublik leben und die mit der dort (bis vor kurzem) geltenden Leitkultur, ihren Werten und Umgangsformen sowie ihren “kollektiven Erinnerungen” einverstanden sind - jedenfalls eher als mit dem Zeug aus Gegenden, die P. als vormoderne Höllenlöcher ansieht.

Ein Schimpfkünstler

Ein wichtiges Kennzeichen des Deutschen ist auch, dass er die zugehörige Sprache spricht und bei P. selbst ist das der Fall – und wie! Der in der Türkei geborene Autor poltert routiniert und trotzdem irgendwie stilsicher daher, dass es eine Freude ist.

Die indigene Bevölkerung vom Hackler bis zum Journo hat dagegen oft ihre Mühe mit den Nuancen des eigenen Idioms. 

Bei seinem Tun war und ist der Schimpfkünstler oft plastisch-vulgär wie 13-Jährige (“Moslemsaft”)  und das ist etwas, das dem bürgerlich-deutschnationalen Milieu, in das er sich geflüchtet hat, gar nicht behagt. Augenfällig wird das hier, in einer Besprechung des Buchs durch eine Kulturjournalistin, die aus dem Umkreis von Ps neuem Verlag Antaios kommt.

Nach einem Zitat zur am Dampfen befindlichen K. (dem Extremwert dieses Buchs) wäscht sich Ellen Kositza den Mund mit Seife aus, wie das angeblich bei ihr daheim gehandhabt wird. Das ist natürlich selbst-, aber auch liebevoll ironisch. Man glaubt ihr, dass in ihrer Familie Fäkalausdrücke umgehend geahndet werden.

Die Rechtsintellektuellen wissen über die Kraft dieser Schimpf-Prosa Bescheid und ahnen, dass sie, ihrem gelehrten ideellen Gepäck zum Trotz, nichts Gleichwertiges aufzuwarten haben.

Das ist nicht unbedingt eine Schande.

Umverteilung und Enteignung

Dass dieser Dichter über ein realistischeres, ja reiferes Urteil über die “sozioökonomischen” Grundlagen unseres Staatswesens verfügt, als der gesamte Medial-Politische Komplex, ist dagegen sehr wohl eine Schande (für letzteren).

  • Das zeigt sich z.B. in dem Umstand, dass P. zwischen Bevölkerung, Bürgern, Einkommenssteuer- und Nettosteuerzahlern (NSZ) zu unterscheiden weiß und treffend feststellt, dass nur die NSZ den Laden wie er heute ist am Laufen halten (ob seine für Deutschland erwähnten 11,5 Millionen richtig sind, habe ich nicht nach recherchiert; von der Größenordnung her kommt’s wohl hin). 
  • Auf dieser Einsicht aufbauend, gelangt man leicht zum Schluss, dass sich Produktive möglicherweise und unter günstigen Umständen einen Sozialstaat für die restlichen sechs Siebtel leisten können, nicht aber für alle Verdammten dieser Erde, nicht einmal einen winzigen Prozentsatz davon.
  • Und schließlich hat P. ein besseres Gespür für die Zukunftsperspektiven unserer Wirtschaft als sogenannte Experten, die zwar ständig das endgültige Ende des Wachstums herbeisehnen, die aber nicht begreifen wollen, dass in einem solchen Szenario die Arbeit, die die Zuziehenden leisten können, nicht nachgefragt sein wird. Leisten könnten – unter den günstigsten Annahmen, die nur denkbar sind.

Die sind natürlich nicht jene des Pirinçci. Diese sind zwar auch nur unvollständige und vorläufige Erkenntnisse, aber wesentlich wirklichkeitsnäher als die gängigen Hologramme in den Medien.

Das beginnt beim vorhandenen erbärmlichen Bildungsniveau der “Invasoren”, geht über die zeitraubende Mühsal des Spracherwerbs bis hin zu den Motivationen für die Wanderung. Für P. steht außer Frage, dass die Hauptmotive in dem (relativen) Wohlstand und der sozialen Sicherheit liegen, die Deutschland & Co. bieten.

Er ist sich auch sicher, dass die Flüchtilanten, i.d.R. junge, kräftige Männer, gar nicht daran interessiert sind, sich zu integrieren – geschweige denn zu assimilieren; jedenfalls nicht interessiert, um fünf in der Früh aufzustehen und während eines anstrengenden Arbeitstages Allah einen guten Mann sein zu lassen.

Die Flüchtilanten, behauptet P., wollten sich großteils nur ins gemachte Nest setzen und von den Deutschen bedienen lassen.

Wenn das auch ein polemisches Sprachbild und nicht ganz wörtlich zu nehmen ist, ist ein Kern davon dennoch wahr. Der ist: Von der hiesigen Solidargemeinschaft produzierte Ressourcen werden in großem Stil an neu Dazustoßende verschoben.

Bisher wurden diese Ressourcen nur innerhalb einer relativ abgeschotteten community verschoben (was sich “Umverteilung” nennt).

Auch das war eine Art Enteignung.

Aber während die alte Enteignung von den “Leistungsträgern”/Nettozahlern als akzeptabel empfunden wurde, ist die neue Enteignung nur schwer zu argumentieren, weil die Nutznießer Fremde sind und die Sache keine erkennbaren Grenzen hat. Das ruft Murren, aber nicht unbedingt Widerstand hervor.

Das Warum bleibt ungeklärt

Bleibt erstens die Frage, warum unsere Politicos das zulassen und die darauf erteilte Antwort ist, ich sag’s offen, wenig überzeugend: Es sei bequemer zu kapitulieren als zu kämpfen und – damit verbunden -, die Politicos hätten vor zwei Jahrzehnten erkannt, dass sich der lethargischen Deutschdoofies sowieso nicht wehrten.

Die Politicos gingen den Weg des geringsten Widerstandes, weil sie es tun könnten, argumentiert der Autor (dass sie erpresst werden um so zu agieren, ist mir altem Verschwörungstheoretiker, ehrlich gesagt, plausibler).

Die zweite Frage ist, warum die Deutschen selbst stillhalten, wenn laut Pirinçci deren Söhne getötet, ihre Frauen und Töchter vergewaltigt und sie selber ausgeraubt werden.

Die Antwort ist auch hier, dass das Schließen der Augen bequemer ist. Dazu komme, dass Talkshows und Apps viel interessanter seien, dass niemand ein böser Nazi sein wolle sowie, ganz allgemein, dass die deutschen Männer keine Eier mehr hätten.

Damit ist P. dort, was erwähnte Vergewaltiger deutscher Frauen und Töchter auch meinen.

So etwas sagt mann/frau in der Mehrheitsbevölkerung nicht, weil es kaum etwas gibt, das aus verschiedensten Gründen querer liegt und tiefer sitzt als das. Auch wenn der eine oder die andere es sich denken sollte.

Akif Pirinçci, Umvolkung. Wie die Deutschen still und leise ausgetauscht werden. Schnellroda, 2016

Das im Verlag Antaios erschienene Buch kann hier direkt bestellt werden.

Unabhängiger Journalist

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