Die USA haben im vergangenen Jahr zwar um 9% mehr LNG exportiert und den europäischen Anteil an ihren Gesamtexporten etwa verdoppelt, den vom Russen-Gas abgeschnittenen Vettern in Übersee anscheinend aber nur ein paar Prozent des hiesigen Erdgas-Jahresverbrauchs von 2021 geliefert.
Vorbemerkung: Die jüngst von der amtlichen US-Administration EIA online gestellten Ganzjahreszahlen 2022 sind a) in (Millionen) Kubikfuß sowie b) anscheinend brutto und lassen sich daher nur bedingt z.B. mit der BP Statistical Review von 2022 vergleichen – größenordnungsmäßig aber sehr wohl.
“Ungefähr” reicht freilich aus um klar zu machen, dass für die aktuelle europäische Gaskrise LNG aus den Staaten nicht einmal ein kleiner Teil der Lösung sein kann.
Bezüglich der Maßzahlen herrscht nach wie vor eine allgemeine Billiarden-Verwirrung, weswegen dieser Blogger hiermit klarstellt,
dass er im folgenden Text unter Billionen Millionen Millionen versteht. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass die Beistriche in den verwendeten EIA-Zahlen - zum Beispiel hier - keine Kommas darstellen.
Daneben gibt es noch ein paar andere, oft speziell auf Euro-Betrachter abzielende “Unbequemlichkeiten”, von denen vielleicht die wichtigste der Umstand ist, dass als Exportdestinationen nur Nationalstaaten mit entsprechenden Terminals ausgewiesen werden, weswegen
man z.B. mühsam erst eine eigene Excel-Tabelle eröffnen müsste um eine konsolidierte Europa-Zahl zu ermitteln.
Gott sei Dank gibt’s Wolf Richter, dem man hier einen digitalen Humpen spendieren kann.
Wie uns wolfstreet.com kürzlich informiert hat, haben die Amis im vergangenen Jahr 2,47 Billionen (trillion) Kubikfuß LNG an europäische Staaten mit Importterminals geliefert, was 64 Prozent aller US-Flüssiggas-Ausfuhren ausgemacht haben soll
(und richtig gerechnet sein dürfte; Deutschland hat über Belgien übrigens viel mehr US-LNG bekommen als in der EIA-Statistik ausgewiesen).
Leider hat Richter keine kompatible europäische Vergleichszahl für 2021 und diesem Blogger ist es jetzt zu mühsam, die ca. 10 Posten für das vergangene Jahr herauszusuchen und zu addieren,
weswegen er schätzen muss, dass die USA 2022 um überschlagsmäßig brutto 1 Billion Kubikfuß LNG mehr nach Europa geliefert haben (LNG-Werte im noch nicht verflüssigten Zustand).
Weil 1 m3 rund 35 US-amerikanischen Kubikfuß entspricht, laufen 1 Million Millionen Kubikfuß auf knapp 30 Mrd. europäische Kubikmeter Erdgas hinaus
Laut BP Statistical Review machte der europäische Erdgasverbrauch 2021 aber satte 571 Mrd. m3 aus (netto und inklusive Türkei und UK).
Der hier angestellte Vergleich ist, zugegeben, nicht ganz sauber, weil
- brutto mit netto verglichen wird und
- eigentlich der europäische Konsum 2022 verwendet werden sollte, der diesem Blogger (noch) nicht zur Verfügung steht.
Die Überschlags-Kalkulation reicht aber aus, um metaphorisch von einer “homöopathischen Dosis” zu sprechen.
***
Zum Schluss noch ein paar ev. interessante andere Werte aus den am 28. Februar veröffentlichten EIA-Zahlen zu Erdgas in den USA:
Die Exporte aus den USA beliefen sich im vergangenen Jahr auf (brutto) 6,9 Bio. Kubikfuß, wovon die LNG-Ausfuhren (brutto) 3,9 Bio. Kubikfuß ausmachten.
Dies entspricht einem Plus von 8,6% (meine frühere Schätzung auf Basis von 9 Monaten: “knapp an die + 10%“)
Entsprechend dem viel höheren Aufwand für LNG wurde für das Flüssiggas im Schnitt etwa das Doppelte dessen verlangt, was kanadischen und mexikanischen Abnehmern für Pipeline-Methan verrechnet wurde – nämlich 12,25 gegenüber bloß 6,33 Dollar pro 1.000 Kubikfuß.
Die durchschnittlichen Exportpreise für LNG stiegen von ’21 auf ’22 von 7,62 auf 12,25 Dollar, was nach meiner Rechnung ein Plus von etwa 61% ausmacht.
Natürlich mussten die Euros vergleichsweise mehr zusätzlich löhnen als im Schnitt – speziell die Belgier, über die auch Zahlmeister Kraut sein LNG bezieht: + 122%, wenn richtig gerechnet wurde
(die Franzosen zahlten 70, die Briten 55 und die Spanier gar nur 39% mehr – hat vielleicht auch was mit den Kontraktdauern zu tun).
Generell lässt sich aus den nun veröffentlichten EIA-Globalzahlen noch kein Trend zu einem Ende des shale gas booms in den USA ableiten: der Zuwachs hat sich im Vergleich zu vor 2020 zwar verlangsamt, brutto war er aber auch 2022 noch vorhanden:
Die “gross withdrawals”, aus denen US-Verbrauch und Exporte bedient werden, stiegen von 41,7 auf 43,4 Bio. Kubikfuss, was ein Plus von etwa 4,1% ist
(ein Vorbehalt wäre hier freilich, ob ein besonders hoher Zuwachs nicht womöglich aus Öl-Bohrungen stammt – diese Zahlen sind noch nicht da).
Auch die monatlichen gross withdrawals liegen seit etwa einem Jahr konstant bei +/- 3,7 Bio Kubikfuß.
Der interne US-Verbrauch stieg aber auch – von 27,6 auf 29,1 Bio. Kubikfuß, also um 5,5%, “wenn ich mich nicht irre (hihi)”.
Trotz (oder wegen)
des Ausbaus von Wind und Solar wurden im vergangenen Jahr in den USA rund 12,1 Bio Kubikfuß in thermischen Kraftwerken verheizt, gegenüber 11,3 Billionen im Jahr davor (+ 7,5%).
Das den US-Konsumenten zur Verfügung stehende Erdgas stammt bis auf ca. 2,8 Bio.Kubikfuß aus US-Quellen. Zählt man Mexiko dazu, exportieren die Staaten aber etwas mehr Erdgas als sie (aus Kanada) einführen.
Bild: https://www.eia.gov/
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