Am vergangenen Samstag kam es um 16:36 Uhr zu einer Netzauftrennung im europäischen Verbundsystem und damit zur zweiten Großstörung in den letzten 7 Monaten. Doch kaum jemand hat davon Notiz genommen, frei nach dem Motto „Guat is ganga, nix is g’scheh’n“ (…) Von Herbert Saurugg, der sich sich seit 10 Jahren mit der steigenden Komplexität und Fragilität lebenswichtiger Infrastrukturen beschäftigt.
In Frankreich, Spanien und Portugal waren rund 2 Millionen Menschen kurzzeitig ohne Strom (…)
Die Iberische Halbinsel ist nicht optimal mit dem zentraleuropäischen Stromversorgungssystem vernetzt. Trotzdem fließen immer wieder große Energiemengen über diese Verbindungsstellen.
So auch am 24. Juli. Unglücklicherweise kam es unter einer dieser Trassen zu einem Flächenbrand. Löschflugzeuge wurden eingesetzt. Um 16:35 dürfte ein Löschflugzeug seine Ladung unmittelbar über einer Höchstspannungsleitung abgeladen und damit einen Kurzschluss verursacht haben.
Damit wurden offensichtlich Resonanzeffekte ausgelöst, welche eine Minute später zu einer Überlastung der Kuppelstellen und zur Netzauftrennung zwischen Frankreich und der Iberischen Halbinsel führten.
Es fehlte nun auf der Iberischen Halbinsel eine Energiemenge von rund drei großen Kraftwerken, was kurzfristig nicht durch andere Kraftwerke ausgeglichen werden konnte.
In Folge wurde ein automatisierter Lastabwurf ausgelöst, wodurch rund 2 Millionen Menschen in Frankreich, Spanien und Portugal für bis zu einer Stunde ohne Strom waren. Die Ausbreitung der Störung konnte damit gerade noch rechtzeitig gestoppt und ein Blackout auf der Iberischen Halbinsel verhindert werden.
Zuvor gab es nur drei weitere Netzauftrennungen im europäischen Verbundsystem:
- 2003, beim Blackout in Italien,
- 2006 bei der bisher schwersten Großstörung quer durch Europa,
- 2015, beim Blackout in der Türkei
- und am 8. Jänner 2021 wo es zu einer Netzauftrennung zwischen dem Balkan und Resteuropa kam. Auch damals spielten die Stromimporte auf der Iberischen Halbinsel eine wichtige Rolle.
Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit, nirgends. Aber wie vor dem Hochwasser werden auch hier seit Jahren die Hinweise und Warnungen ignoriert.
Während nach den schweren Extremwetterschäden eine Schadensbeseitigung mit sehr hohem Aufwand möglich ist, werden die Schäden nach einem Blackout kaum in absehbarer Zeit bewältigbar sein. Durch den zu erwartenden großflächigen und langwierigen Strom- und Telekommunikationsausfall ist mit massiven Produktions- und Versorgungsproblemen zu rechnen (…)
Weitere Details in Sauruggs Blog unter https://www.saurugg.net/2021/blog/stromversorgung/bedenkliche-ereignisse-2021 Der Autor ist internationaler Blackout- und Krisenvorsorgeexperte und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV).
Der Beitrag ist einem vorgestern eingegangenen Email des Autors entnommen.
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