Infokrieg um Germanwings 9525: Die anonyme Waffe der Wahrheit

Lac_de_Serre-Ponçon_02
Mutmaßliches Ziel Lac de Serre-Ponçon

Während die französisch-deutschen Lügenmaschinen inzwischen fast alle Spuren beseitigt haben, die der offiziellen Version widersprechen, gewinnt die Anonymous-Deutung immer stärker an Plausibilität: Die Maschine ist im Tiefflug nach links geschwenkt und hat Kurs auf einen Staudamm genommen. Daraus ist eine akute Bedrohung für Zehntausende entstanden. Die anwesenden Abfangjäger hatten gar keine andere Wahl als den Airbus abzuschießen.

Die Pointe ist, dass die gehackten Informationen mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Dienst gestreut wurden, der damit ein mir nicht bekanntes Ziel verfolgt. Die Anonymous-Hacker sind nur nach außen “Cyber-Anarchisten”. Sie werden von den Diensten zu Informations/Desinformationszwecken benutzt.

Das bedeutet freilich nicht, dass diese Veröffentlichungen allesamt falsch sind. Korrekte Informationen können besonders gut als Waffe verwendet werden.

Die erwähnte Säuberungsaktion, mit der in den vergangenen zwei Wochen unliebsame Informationen aus dem Cyberspace getilgt wurden, würde Stalins Foto- und Dokumentenfälscher vor Neid erblassen lassen – der heutige purge ist aber nicht total. Wie bei der sprichwörtlichen Zahnpasta ist es im Internet offenbar (noch) nicht möglich, die Paste zurück in die Tube zu drücken und die verräterischen Spuren restlos zu beseitigen.

Zeugenaussagen weggesäubert

Ein erstes Beispiel dafür sind die Flugdaten von flightradar 24, die mittlerweile für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich sind: “Sorry, but we could not find flights for specified aircraft in our databases”, wird einem beschieden.

Was noch – auf den ersten Blick unverändert – vorhanden ist, ist jener Blogeintrag vom 26. 3., der belegen soll, dass der Autopilot manuell und vom flight deck aus auf Kollisionskurs mit dem Berg gebracht wurde. Und es existieren “alte”, aber unzweifelhaft echte flight radar-Screenshots über den Flugverlauf. Mit ihnen befasse ich mich weiter unten.

Das zweite Beispiel für die Informationssäuberung betrifft das Verschwindenlassen von Anwohnern/Zeugen, die zu selben Zeit mehrere Abfangjäger gesichtet haben.

Mittlerweile hat die AFP entweder a.) ihre ursprüngliche Meldung überhaupt umgeschrieben/zurückgezogen oder b.) die Medienoutlets haben alle eine spätere AFP-Meldung übernommen, in der die unmittelbar nach dem Crash berichteten Aussagen eliminiert wurden.

So sah der ursprüngliche Bericht aus, den ich bei meinem Eintrag vom 30. März verwendet habe:

afp-AussageUnd so sieht der Bericht auf Yahoo-News heute aus. Die Aussage des Gemeindepolitikers aus Meolans Revel ist spurlos verschwunden:

neue_Version_AFPDie AFP-Quelle ist heute noch vorhanden und selbst die Mirage-Abfangjäger werden erwähnt – aber auf eine Weise, die den ursprünglichen Zeugenaussagen zuwider läuft.

In der heutigen Version erklärt ein Militär, dass die Jagdflieger den Rettungshelikoptern geholfen hätten, in Funkkontakt zu treten.

Das mag stimmen – ist aber nicht das Thema. Die Zeugen der ersten Stunde sprachen davon, dass gleich  nach Aufprall Jagdflugzeuge die Unglücksstelle überflogen hätten. Diese Aussagen wurde von zwei befragten Personen unabhängig voneinander zu Protokoll gegeben und sie waren (diesbezüglich) völlig eindeutig: Die Mirages tauchten nicht erst mit den Hilfsmannschaften auf, sondern waren sofort nach da.

Das ist nur möglich, wenn der Zeitplan, mit dem die Ermittler arbeiten, nicht stimmt. So schnell, dass sie binnen zehn Minuten am Unglücksort sein können, sind nicht einmal Mirages.

Warum lügen also die Ermittler, Politiker und Medien, obwohl die Unwahrheiten für jede Person mit ein bisschen kritischer Distanz mit Händen greifbar sind  ?

***

Nun haben sich anonymen Hacker angeblich den ganzen Datensatz von flight radar 24 “organisiert”, siehe hier. Diese angeblichen Daten können klarerweise nicht überprüft werden, weil die Transponderinformationen nicht (mehr) öffentlich zugänglich sind (ein Teil von ihnen war es nie).

Es gibt aber noch die von flight radar am 26. März selbst veröffentlichte Datenreihe für die Zeit 9:30 bis 9:31 Uhr – jene Daten, die benutzt wurden um zu “belegen”, dass der Autopilot von Hand neu eingestellt wurde.

Bei der flight radar-Tabelle fehlen natürlich die alles entscheidenden Minuten ab 9:40 Uhr, aber ihre “frühen” Daten zum Autopiloten passen nahtlos in die Tabelle der Hacker.

Letztere ist zwar nicht wahnsinnig gut aufbereitet – zum Beispiel wurde die Weltzeit nicht in Lokalzeit umgerechnet – letztlich aber kaum weniger vertrauenswürdig als die geheim gehaltenen Daten von Staatsanwalt Brice Robin.

Linksschwenk auf Serre-Ponçon

Die Daten der Hacker besagen zweierlei:

1.) Nach neun Minuten steilen Sinkflugs ging die Maschine auf etwa 2000 Meter Seehöhe in einen Horizontalflug über und

2. ) änderte sie gleich danach die Richtung. Sie machte eine Kurve nach links. Das lässt sich aus einer Differenz erschließen, aus der Differenz zwischen dem letzten bekannten Kurs von Germanwings 9525 (bevor der Radarkontakt abbrach) und der tatsächlichen Absturzstelle.

Anonymous verzichtet darauf, einen expliziten Schluss aus diesem Manöver zu ziehen, es liegt aber auf der Hand, dass diese Kursänderung notwendig war, wenn der nordwestlich der Route gelegene Stausee Lac de Serre-Ponçon und dort die Staumauer oberhalb der Durance getroffen werden sollte. Wie ich hier beschrieben habe, wären durch einen Dammbruch die flussabwärts liegenden Ortschaften von einer 32 bis 53 Meter hohen Flutwelle überrollt worden.

Das sage nicht ich, das sagt ein Katastrophenplan aus dem Jahr 2011, über den eine Lokalzeitung hier berichtet hat. Da sind zwei Screenshots aus diesem Artikel:

ledauphine_1
ledauphine, 1.12.2011
ledauphine2
ledauphine, 1.12.2011

Bild: ServiceComDigne, Wikimedia Commons

Unabhängiger Journalist

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.