Der ungeliebte Rechts-Popo im Weißen Haus fordert öffentlich ein, was die theoretisch unabhängige US-Zentralbank seinen liebsamen Vorgängern unter der Tuchent gewährt hat: eine “expansive Geldpolitik”, die es der Regierung ermöglicht, sich das Federchen einer guten Konjunktur an den Hut zu heften. “Ausgerechnet jetzt”, wo der Donald an die Macht gekommen ist, macht die Fed aber Fisimatenten und gefährdet seine Wiéderwahl. Deshalb ist Don so zornig. Zur Dudley-Kontroverse. NB zum easy money-Populismus.
Vorbemerkung: Das Folgende ist zugegebenermaßen nicht exakt ausrecherchiert und “weitgehend aus dem Kopf”, weil dieser Blogger momentan keine Zeit für aufwändige Suchen hat.
Es kann daher in einigen Details inkorrekt sein. Ich bin allerdings einigermaßen sicher, dass das big picture des zeitlichen Ablaufs stimmt.
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Die US-Fed hat parallel zu den turbulenten Ereignissen der Jahre 2007/08 ihren Zinssatz auf zwei Mal auf einen Bruchteil des ursprünglichen Werts heruntergesetzt und ist danach in Trippelschritten bis auf Null gegangen, die erst 2016 erreicht waren.
2012 hat – noch gewichtiger – die Bernanke-Fed über “Quantitative Easing”, einer bis dahin noch nie dagewesenen unkonventionellen Geldpolitik, “die Märkte” mit Zentralbankgeld regelrecht überschwemmt (ohne dass es zu einer Verbraucherpreisinflation gekommen wäre).
Das erlaubte es dem damaligen Präsidenten Obama den Schönwetterkapitän zu mimen – wobei das “schöne Wetter” nicht so berühmt war. Immerhin wurde durch die Geldschwemme wohl ein Kollaps des Finanzsystems verhindert.
Easing & sinkende Zinsen für Obama…
Das konnte die Obamasche Wirtschaftspolitik nur mithilfe der Zentralbank bewerkstelligen. Man kann sagen: Die Wirtschaft funktionierte damals “so-so”, während die Zentralbank aber voll auf dem Gaspedal stand.
Es war aber allen klar, dass das nicht ewig so weitergehen konnte und aus dem Marriner Eccles buidling wurde immer wieder ventiliert, dass die Fed “ein Ausstiegsszenario hat”, die Zinsen wieder hochfahren und die Bilanzsumme wieder auf Vorkrisenniveau (oder so ähnlich) zurückfahren könne.
Vielleicht glaubten die Zentralbanker das selbst, vielleicht logen sie auch nur.
Jedenfalls wurde Ende 2014, als es gar nicht mehr anders ging, “der Schalter umgelegt”, zeitlich parallel zum Abgang Bernankes und zur Amtsübernahme Janet Yellens.
Seither wurde die Fed Funds Rate um (ich glaube) neun Mal erhöht, während der “geldpolitische Saft” (QE) Schritt für Schritt zurückgefahren wurde – erst durch die Verringerung des Quantitative Easing und danach durch echtes Quantitative Tightening, was – soweit erinnerlich – erst ab 2018 einsetzte.
Obwohl der QE-Ausstiegsbeschluss eigentlich bereits gefasst worden war, ging die Party am Aktienmarkt 2016 und 2017 noch munter weiter und der im November 2016 gewählte Trump führte das auf seine Wirtschaftspolitik zurück (was zum kleineren Teil stimmen könnte – immerhin war die Zeit wachsender geldpolitischer Stimuli vorbei).
2018 gab es für diesen Trump-Claim dann den Realitätscheck – und der fiel nicht besonders gut aus:
Bis September stieg der nach Fed-Koks süchtige S&P500 gerade einmal 200 Punkte und im Herbst ging’s dann überhaupt krass bergab, vor allem im Dezember.
…und Tightening & steigende Zinsen für Trump
In diesem Zeitraum begann der um seine Wiederwahl 2020 besorgte Donald aufzuwachen, die Fed zu bashen und den eigentlich von ihm selbst ausgewählten Fed-Chair anzupflaumen:
Die Fed solle doch bitte (?) mit den Zinserhöhungen aufhören, ebenso wie mit der “Normalisierung ihrer Bilanzsumme”, meinte er.
Die Fed, die noch nie wirklich vom Weißen Haus unabhängig gewesen war, parierte mit Verspätung – aber unwillig und für den Geschmack Trumps zu langsam.
Der Donald will/wollte 100 bp Senkung auf einen Schlag – dann wäre wieder ein, zwei Monate lang Party an der Wall Street.
Dazu kam die von den Zinserhöhungen generierte Dollar-Stärke, die die Wettbewerbsposition der US-Exporteure verschlechterte und die Reindustrialisierungspolitik des Präsidenten hintertrieb.
Aus Sicht Trumps mag all das wirklich extrem ungerecht ausschauen und/oder wie eine von einer demokratisch nicht rechenschaftspflichtigen Finanzelite durchgeführte Intrige gegen seine Präsidentschaft.
“Wieso”, mag er sich fragen, “haben die Zentralbanker ständig die Ärsche G.W. Bushs und B.H. Obamas geküsst – den meinen aber nicht?”
Dudley und der Zuständigkeitsbereich der Fed
In dieser Situation hat der “liberale” Ex-Präsident der NY Fed, Bill Dudley, ein Op-Ed veröffentlicht, in dem er erklärt, dass die Geldpolitik der Zentralbank Präsident Trump in dessen wirtschaftspolitischem Tun nicht ermutigen dürfe und dass sogar die Präsidentschaftswahlen (2020) in den Zuständigkeitsbereich der Zentralbank fallen könnten.
Das ist einerseits heuchlerisch, weil Dudley wissen muss, dass die “unabhängige Fed” nie wirklich unabhängig war – auch nicht unter Clinton und Obama.
Es ist andererseits aber mehr als starker Tobak.
Dieser Text kann nämlich als Aufforderung zum “Sturz” des Präsidenten mit Mitteln der Zentralbankpolitik gelesen werden.
Er ist jedenfalls etwas, das geeignet ist dem Publikum vor Augen zu führen, dass unter Fiat-Money-Bedingungen eine Zentralbank sowie eine auf freien Wahlen basierende Demokratie unvereinbar sein könnten.
Ein republikanischer Senator hat inzwischen eine Untersuchung der Unabhängigkeit der Fed gefordert – und man darf drauf wetten, dass Thom Tillis damit nicht die Unabhängigkeit von der Regierung meint.
Nachbemerkung, 29.8.2019, 21.20 Uhr: Was hier möglicherweise zu wenig deutlich gemacht wurde, ist der Umstand, dass der allseits verteufelte Rechts-Popo im Weißen Haus auf genau dasselbe Rezept setzt wie seine (angeblich) nicht-populistischen Politico-Kollegen: easy money.
Nun kann man diese Präferenz problemlos als ultimativen Wirtschafts-Populismus ansehen: easy money statt Reform und Produktivitätssteigerungen – egal, was es andere kosten mag.
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