UK: This Year May Ends in June – Fragen z. Politik d. Regierung May 2

1024px-President_Trump_and_Prime_Minister_Theresa_May_Hold_a_Joint_Press_Conference_(48002094376)Im ersten Teil dieser Analyse wurden die innenpolitischen Auswirkungen der Amtszeit von Theresa May untersucht. Im zweiten und letzten Teil wird nach den Beziehungen Großbritanniens zu seinem wichtigsten Verbündeten in geostrategischen Fragen, den USA, gefragt. Von John James

Leider muss man auch konstatieren, dass es Theresa May gelungen ist, die Beziehungen sowohl zu Britanniens mächtigstem Verbündeten, den Vereinigten Staaten wie auch zu dem weltweit größten Land, Russland, zu schädigen.

Angesichts der Bemühung ihr Land aus der EU zu nehmen, hätte sie nicht darauf erpicht sein müssen, die Beziehungen zu diesen beiden Staaten zu verbessern?

Doch scheint die Reputation Britanniens als seriöser, zuverlässiger und ehrlicher Partner in den vergangenen drei Jahren im allgemeinen enorm gelitten zu haben.

Im UK Lebende sind sich wahrscheinlich gar nicht bewusst, wie sehr das UK in Kontinentaleuropa zum Gespött und zur Quelle des Ärgers geworden ist.

Angesichts der Tatsache, dass Großbritannien möglicherweise neue Abkommen mit der EU auf der Grundlage eines No Deal / WTO-Brexit aushandeln wird müssen, sind die verklemmten Beziehungen zu den grossen EU-Ländern, Russland und den USA keine optimale Ausgangssituation für einen Neubeginn als alleinstehender, souveräner Staat.

***

Von all diesen Beziehungen ist, im Falle eines Austritts aus der EU, jene zu den USA (die sogenannte Special Relationship) die allerwichtigste. Es ist die militärische Allianz mit der stärksten Streitkraft der Erde, samt einem großzügigen Austausch an geheimdienstlichen Informationen, die es Großbritannien ermöglicht, einen Einfluss auf die Weltpolitik auszuüben, die das Land aus eigener Kraft niemals würde aufrecht erhalten können.

Mit den USA teilt Großbritannien die Sprache, die Kultur und die Geschichte. Man hat ein gemeinsames Rechtssystem und im Wesentlichen das gleiche Verständnis davon, was Demokratie sein sollte.

Als erste ausländische Staatschefin hat Theresa May den neuen amerikanischen Präsidenten Donald Trump besucht. Die Rede, die sie bei ihrem Besuch in den USA im Januar 2017 hielt, war in dieser Hinsicht bemerkenswert.

Sie betonte die besondere Beziehung zwischen Großbritannien und den USA – ähnlich wie ich diese oben dargestellt habe – wobei sie sogar Winston Churchill zitierte.

„Wir dürfen nie aufhören”, hatte dieser gesagt, “furchtlos die großen Prinzipien der Freiheit und die Rechte des Menschen zu verkünden, die das gemeinsame Erbe der englischsprachigen Welt sind und die durch Magna Carta, die Bill of Rights, das Habeas Corpus-Gesetz, den Prozess vor Gericht und durch das englische Common Law ihren Ausdruck finden – am wohl bekanntesten aber in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung“.

In einem fantastischen Missverständnis aber über die Juniorrolle, die das UK heute gegenüber dieser Supermacht spielt, hat Theresa May dann die beiden zentralen Ziele des politischen Programms Donald Trumps in Frage gestellt:

  • einerseits seinen Wunsch den Globalismus zu beenden und stattdessen das jeweilige nationale Interesse als Leitprinzip der Außenpolitik zu etablieren und
  • andererseits sein Bemühen um eine Zusammenarbeit mit Russland.

Ohne die britische Außenpolitik im Detail zu beschreiben, kann man zweifellos sagen, dass sie von einer antagonistischen Haltung gegenüber Russland sowie dem Wunsch nach Zusammenarbeit mit China geprägt ist. Diese Haltung ist das genaue Gegenteil des Ansatzes der Trump-Administration.

Der Fall Huawei

Der außenpolitische Graben zu den USA zeigt sich auch in dem unter May propagierten pro China-Kurs der britischen Regierung .

Trotz Trumps Executive Order, die Huawei verbietet, eine Rolle im neuen 5G-Internet-Netzwerk in den USA zu spielen sowie der Warnung an die angelsächsischen Verbündeten Amerikas, nicht mit Huawei  zusammenzuarbeiten, fasste die Regierung May den umstrittenen Beschluss, beim Aufbau des britischen 5G-Netzwerks mit der chinesischen Firma zu kooperieren.

Diese Entscheidung führte zur Entlassung des britischen Verteidigungsministers. Die Reaktion der Trump-Administration war vorhersehbar- siehe hier.

US-Außenminister Mike Pompeo hat sowohl China als auch Großbritannien ins Visier genommen, wobei er den andauernden Krieg der Trump-Regierung gegen chinesischen Technologie-Giganten Huawei verschärfte.

Pompeo nutzte seinen Aufenthalt in Großbritannien, die Regierung Theresa May für die erwartete Entscheidung zu schelten, Huawei in den Aufbau des britischen 5G-Mobilfunknetzes einzubeziehen.

Die Reise Pompeos stellte teilweise darauf ab, die besonderen Beziehungen zwischen den USA und Großbritannien zu unterstreichen, die für Großbritannien bei der Vorbereitung auf den Austritt aus der EU von wachsender Bedeutung sind.

Doch Pompeo ließ diese als fragwürdig erscheinen. Er bezweifelte die Klugheit des britischen Plans mit einem Unternehmen zusammenzuarbeiten, von dem die USA vermuten, dass es als Agent für die chinesische Spionagetätigkeit fungiert.

Das Steele-Dossier

Viel gravierender noch für die besondere Beziehung zwischen Großbritannien und den USA sind allerdings die Folgen des Dossiers, das als Rechtfertigung für Sonderermittler Robert Mueller diente, über zwei Jahre Ermittlungen zu den angeblichen Absprachen zwischen dem Trump-Wahlkampf und “den Russen” anzustellen.

Seit langem ist bekannt, dass das Dossier von der Präsidentschaftskampagne Hillary Clintons in Auftrag gegeben wurde, bzw. von jemandem in der Demokratischen Partei, der über die Anwaltskanzlei Perkins Coie den Chef von Fusion GPS, Glenn Simpson kontaktierte.

Simpson kontaktierte dann den Briten Christopher Steele, einen ehemaligen Mitarbeiter des MI6, des britischen Auslandsgeheimdiensts, der das Dossier erstellte.

Ferner ist bekannt, dass im Sommer 2016 der britische Geheimdienstler Bob Hannigan, damals Leiter von GCHQ, nach Washington reiste um sich mit der CIA und deren Chef John Brennan zu treffen.

Ein ausgezeichneter Kenner dieser Materie ist der politische Analyst Alexander Mercouris. Eine ausführliche Diskussion mit ihm über das Steele-Dossiers findet sich auf der Duran-Website. Es sieht auch für James Comey nicht gut aus – siehe dazu diese Duran-Sendung.

Wie das Schicksal es will, ist der letzte ausländische Leader, der Großbritannien besucht hat, bevor Theresa May ihr Amt niederlegte, Donald Trump.

Ein kürzlich veröffentlichter Artikel im Daily Telegraph (19.05.2019) hat enthüllt, dass britische Nachrichtendienste über das Steele-Dossier informiert wurden, bevor Präsident Trump selbst darauf aufmerksam gemacht wurde – siehe hier:

Die Chefs von MI5 (Inlandsgeheimdienst), MI6 und einer der vertrauenswürdigsten Sicherheitsberater von Frau May wurden demnach in den Wochen nach Trumps Wahlsieg im November2016 über die Memos des ehemaligen britischen Geheimdienstlers Christopher Steele über die Trump-Kampagne informiert.

Trump selbst habe erst von dem Dokument erfahren, als er vom FBI vor seinem Amtsantritt im Januar 2017 informiert wurde. Das Dokument enthält die von Trump energisch zurückgewiesene Behauptung, dieser habe in einem Moskauer Hotel Prostituierte für einen krassen Sex-Akt angeheuert.

Diese Anschuldigungen haben sich inzwischen als falsch herausgestellt. Donald Trump und seine politischen Verbündeten in den USA wollen nun heraus finden, wie dieses Dossier zu den US-Geheimdiensten gelangt ist und warum es ernst genommen wurde.

“Die Amerikaner” wollen Antworten und fordern Maßnahmen – siehe dazu hier:

Die führenden Republikaner im House Intelligence Committee forderten Trump auf, May zu fragen, ob die britische Regierung von den Überwachungsbemühungen gegen Mitglieder der Trump-Kampagne wusste und ob sie sich daran beteiligte…. Nunes bekräftigte in seinem Schreiben, dass der Bericht “wichtige Fragen” über die Rolle der britischen Regierung bei der “Verbreitung der falschen Anschuldigungen des Dossiers” aufwerfe.

Zweifellos werden diese Fragen bei der gerade erfolgten London Reise erörtert worden sein. Bei dieser Reise traten die Spannungen zwischen dem politischen Establishment in London und der Trump Regierung offen zu Tage.

Der Londoner Bürgermeister Sadiq Khan verglich Trump mit Mussolini und Hitler und wurde von diesem als „Loser“, also als Verlierer-Type bezeichnet

Trump, der Republikaner, war nicht bereit, sich vor der Königin zu verbeugen (eine Geste, die er 2016 dem Saudi-König durchaus gewährte).

Obwohl Donald Trump für Boris Johnson als Nachfolger von Theresa May eine Empfehlung abgab, traute sich dieser nicht, Donald Trump persönlich zu treffen.

Nur Nigel Farage, Chef der BREXIT Party, war bereit Trumps Einladung zu folgen. Trump bedankte sich nicht nur mit einer Empfehlung an die May Regierung, einen No Deal Brexit anzugehen, sondern auch mit der Empfehlung, Nigel Farage und andere Mitstreiter der BREXIT Party in das Team aufzunehmen, das mit der EU den Austritt verhandle.

Zu den Fragen, auf die die Amerikaner Antworten erhalten möchten, gehören vermutlich die folgenden:

  • Wusste der britische Geheimdienst, dass die Informationen im Dossier falsch waren, als er im Dezember 2016 darüber diskutierte? War der britische Geheimdienst nicht in der Lage zu erkennen, dass die Anschuldigungen falsch waren?
  • Wenn er wusste, dass die Anschuldigungen falsch waren, warum hat er das den US-Geheimdiensten nicht gesagt? Wollte er, dass das FBI eine Untersuchung auf der Grundlage falscher Anschuldigungen gegen den Präsidenten und Oberbefehlshaber des NATO-Militärbündnisses durchführte?
  • Hat der britische Geheimdienst das Dossier an einen US-Geheimdienst weitergegeben?
  • Theresa Mays Rede in Washington zeigt ja, dass Britannien Russland als eine Gefahr für die internationale Sicherheit ansieht. Ist es angesichts der schwer wiegenden Behauptung, dass Donald Trump heimlich mit den Russen zusammengearbeitet habe, glaubwürdig, dass der britische Geheimdienst David Cameron und Theresa May nicht über dieses Dossier informiert hat?
  • Wenn May von dem Dossier wusste, wie hat das ihr Verhalten gegenüber Donald Trump beeinflusst?
  • Bis zu welchem Punkt übt die britische Regierung die Kontrolle über die UK-Geheimdienste aus? Oder is it a case of the tail wagging the dog? Hat(te) Theresa May ihren Regierungsapparat überhaupt unter Kontrolle?

***

Es wird für die meisten von uns, mangels Einsicht in den Regierungsapparat, nicht möglich sein, eine seriöse Antwort auf die meisten dieser Fragen zu geben.

Nichtsdestotrotz wird die offenkundige Unfähigkeit der herrschenden Elite Großbritanniens, die nationalen und internationalen Verflechtungen des Landes erfolgreich und konstruktiv zu regeln, die britische Öffentlichkeit zwingen, sich mit einigen der in diesem Artikel besprochenen Themen grundlegend auseinandersetzen.

Die Spaltung im Land zwischen Brexiteers und Remainers ist dabei das kleinere Problem.

Viel problematischer ist die Tatsache, dass die Mehrheit der Bevölkerung in England und Wales (jedenfalls ausserhalb von London) den Austritt aus der EU und die Wiederherstellung der Souveränität des Landes wünschen. Ihre politische und bürokratische Elite ist anscheinend nicht willens oder fähig, diese Neuorientierung des Landes durchzuführen.

Anstatt die Zweijahres-Frist seit Aktivierung von Artikel 50 zu nützen, um die Kluft zwischen dem political establishment und der Mehrheit der Bevölkerung zu überwinden, trafen Theresa May und ihre Berater offenbar die Entscheidung, an der globalistischen Ausrichtung des Landes festzuhalten und nur einen globalisierungskompatiblen Brexit durchzuführen. Somit hat sie die Zersplitterung im Lande einzementiert, wertvolle Zeit vergeudet, das politische System destabilisiert und wichtige Verbündete verärgert.

Die verfahrene Situation, in der sich Großbritannien befindet, wird nicht über Nacht zu lösen sein. Eine längere Periode der Selbstreflexion wird im Lande notwendig sein, um einen neuen gesellschaftlichen Konsens zu finden, der die Elite und die Bevölkerung wieder zusammenbringt.

Die gerade erlittene Niederlage der Conservative Party bei den EU Wahlen und die Gründung der neuen BREXIT-Partei sind nur Vorboten dieses Prozesses.

Bild:The White House from Washington, DC [Public domain] via Wikimedia Commons

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.