US-Steuerreform: Unausgegoren, nicht unbedingt unausgewogen

Die am Mittwoch vorgestellten Steuerreformpläne der neuen US-Regierung bringen “dies und das, für jeden was”. Dass die angepeilten Veränderungen tatsächlich einseitig die Reichen begünstigen (wie oft behauptet wird) ist keine ausgemachte Sache. Sicher ist nur, dass die (nominellen) Unternehmens-Steuern um 20 Prozentpunkte gesenkt werden (womit die Amis z.B. gegenüber Europa nachziehen). Witzig jedenfalls, dass sich jetzt Leute Sorgen um’s Budget machen, die bei staatlichen Ausgaben ansonsten die Spendierhosen an haben.

Fiskalkonservativ ist etwas anderes – aber ob der Nettoeffekt der Trump’schen Steuerreform das Budget so sehr belasten wird, ist zweifelhaft.

Der grundsätzliche Kurs von Trump & Co. hat sich seit der Wahl  vom 8. November jedenfalls nicht verändert: Einnahmenentfälle durch Steuerentlastungen sollen gegenfinanziert werden – prinzipiell. ;-)

Offiziell wird gesagt: “durch höheres Wachstum” – das durch eine Steuerentlastung vor allem bei Unternehmen gefördert würde.

So ein Gedanke ist für progressivistische Experten in den 1.000 Denkfabriken ein Tabubruch.

Mehr als das: eine Ketzerei gegen das Bekenntnis nach Lord Keynes.

Es ist geradezu Anathema; ein ökonomischer Aberglaube, der angeblich zwar längst widerlegt ist, gegen den aber noch immer verbissen angekämpft werden muss..

Steuersenkungen machen kein Wirtschaftswachstum, wird im Chor gerufen (von den gleichen Leuten, die meinen, dass mehr staatlicher Kredit sehr wohl mehr Wirtschaftswachstum erzeugt).

Als “Beweisstück” kramt man die seit Jahrzehnten thematisierten Steuersenkungen Ronald Reagans hervor (“übersieht” dabei aber, dass heute Vorschläge und Sachlage einigermaßen anders sind).

Man tut, als wäre mehr Wachstum die einzige oder wenigstens primäre Option auf eine Gegenfinanzierung.

Das ist aber nicht der Fall.

Trumps Finanzminister Mnuchin und sein Wirtschaftsberater Cohn, zwei Goldman-Boys, wollen nämlich auch  Absetzbeträge streichen, allen voran jene für Steuern, die bereits an (einzel)staatliche und kommunale Behörden geflossen wurden.

Dieser Posten macht pro Jahr schlanke 100 Milliarden Dollar aus, siehe z.B. hier:

The state and local tax (SALT) deduction is one of the largest federal tax expenditures, with an estimated revenue cost of $96 billion in 2017 and $1.3 trillion over the 10-year period from 2017 to 2026.”

Das wissen die “demokratischen Experten” genauso gut wie Mnuchin und Cohn.

Die Trumpistas sagen das nicht allzu laut, weil sie die Karte noch für ihren Poker mit demokratischen Abgeordneten im Kongress benötigen.

Die Experten wiederum breiten den Mantel des Schweigens über die Sache, weil sie sonst zugeben müssten, dass diese Absetzbeträge primär von reichen Steuerzahlern in demokratisch regierten Staaten geltend gemacht werden.

Das würde das ideologische Bild stören, das so gerne entworfen wird.

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Zunächst eine selbst gebastelte Tortengrafik zum US-Steueraufkommen (Gesamtstaat):

US_Steuerstruktur_master_5Sie zeigt, dass Unternehmenssteuern wichtig sind, aber einen relativ kleinen Anteil bei der Finanzierung des Staats ausmachen (ungefähr so viel wie im Rest der OECD-Länder).

Schon von daher relativiert sich das Thema Unternehmensbesteuerung.

Dazu kommt, dass der hohe nominelle Steuersatz nur wenig über die tatsächliche Steuerleistung bzw. fiskalische Belastung aussagt.

Der effektive Steueratz für die Unternehmensgewinne ist etwa halb so hoch wie die nun gesenkte top statutory rate, schätzt das Budgetbüro des Kongresses.

Damit befndet sich das Steuerniveau für US-Unternehmen schon heute in der Nähe vieler europäischer Länder (die freilich viel niedrigere nominelle Sätze haben).

Das bedeutet, dass US-Unternehmen nach der Trump’schen Steuerreform weniger, aber nicht exorbitant weniger Steuern zahlen werden. Es ist wohl zu einem guten Teil  eine Marketingmaßnahme, die Neuinvestitionen fördern soll.

Das Vorhaben kommt in erster Linie den Unternehmen und erst in zweiter deren Eigentümern zugute.

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Etwas anders liegt der Fall etwa bei der Senkung des Spitzensteuersatzes um fünf Prozentpunkte sowie der Abschaffung der Alternativen Mindeststeuer (AMT).

Beides bringt den “Einkommensmillionären” (und darunter) klare Ersparnisse (auch Trump selbst).

Wie viel, lässt sich derzeit nicht beziffern (wenn man nicht über die Statistiken des IRS verfügt).

Dem stehen freilich Reduzierungen bei den Einkommenssteuertarifen auch der unteren (bzw. mittleren) Einkommen gegenüber, sowie ein (wahrscheinlich) verdoppelter allgemeiner Absetzbetrag, der gering verdienenden Einkommensbeziehern zugute kommt:

Die Abschaffung der sogenannten “Todessteuer”, die so etwas wie eine Erbschaftssteuer auf Immobilien ist, begünstigt – absolut gesehen – die wirklich Reichen wohl am meisten.

Bezogen auf jeweilige Gesamtvermögen ist ein solcher repeal für die (besitzende) Mittelklasse aber wohl noch wichtiger.

Der Grund dafür ist, dass die Superreichen zwar “unschlagbar viele Immobilien” ihr Eigen nennen -, dass der Anteil des Immobilienbesitzes an deren Gesamtvermögen aber zweifellos um einiges geringer ist als bei den “nur Wohlhabenden”.

Wer keine Immobilien zu (ver)erben hat, schaut bei der Abschaffung der “death tax” durch die Finger.

Womit man bei der Gruppe angelangt wäre, für die – als einzige – nichts vorgesehen ist:

Transferbezieher und working poor, die so wenig verdienen, dass sie gar keine Einkommenssteuer zahlen müssen.  

Unabhängiger Journalist

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