USA: Good Cop im Hinterhof

Rex_Tillerson_-_Caricature_(31697507216)US-Außenminister Rex Tillerson tingelt gerade durch Lateinamerika um mit samtenem Ton die Interessen Washingtons in der Hemisphäre zu befördern – während sein Chef vor heimischem Publikum quasi mit Reibeisenstimme gegen Latino-Immigranten und Latino-Koks poltert. Gebraucht werden beide, Trump und Tillerson. Es ist ein altes Spiel, das nur Journos nicht verstehen müssen (vor allem aber deren Leser und Seher nicht).

Tillerson ist am vergangenen Freitag zur ersten Station seiner Lateinamerika-Reise aufgebrochen, die böse Zungen spotten ließ, der Caballero müsse auf den wichtigsten Plantagen nun endlich persönlich nach dem Rechten sehen, nach immerhin einem Jahr.

Begonnen hat sein Trip, der sich bis zum kommenden Dienstag ziehen wird, in Mexiko-Stadt, mit der aus vielen Gründen wichtigsten Etappe; wegen NAFTA und der Grenzmauer am Rio Grande beispielsweise.

Davor hat Tillerson aber noch in Austin, Texas, gesprochen, zum Einstimmen gewissermaßen.

Wobei T.Rex

  • verklausuliert angedeutet hat, was ihm v.a. in Südamerika besonders wichtig ist (“China raus”) – er sich aber auch ein
  • historisch grundiertes Witzchen erlaubt hat (“Tillerson warnt Europa vor Einmischung in Lateinamerika – Monroe-Doktrin”).

In Mexiko-Stadt gab Tillerson gleich eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem mexikanischen und der kanadischen Außenministerin um zu signalisieren, was dort wirklich Sache ist – der Tratado de Libre Comercio de América del Norte.

Für das einfacher gestrickte mexikanische und internationale Publikum sprach er diplomatisch-gedämpft über die mexikanische bzw. mittelamerikanische Einwanderung in die USA – was prompt als discuro diferente empfunden wurde und unser Publikum zur Frage veranlasste:

Wer spricht jetzt wirklich für die USA, Trump oder Tillerson?”

Einfachere Leute, zugegeben, gibt es auch viele in den USA.

Die haben bis heute nicht mitbekommen, dass Trump den “schlechtesten Handelsvertrag der Welt”, die NAFTA, gar nicht wirklich abschaffen will und dass dieser in der mittlerweile sechsten Runde neu verhandelt wird (bei TTIP und Paris meinen Trump & Co. es dagegen ernst).

Das ist auch der tiefere Grund, warum Trump daheim wegen der Grenzmauer regelmäßig poltern muss – schließlich wird’s ja noch einmal Wahlen geben, möglicherweise (und die Demokraten waren beim Dreckwerfen ziemlich gut).

Ein echtes Anliegen ist die Mauer dem Hegemon der Hemisphäre aber nicht. Er weiß, dass sie nur ein Symbol ist, das er innenpolitisch braucht.

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Am Samstag schließlich setzte sich Tillerson ins Flugzeug nach Argentinien – wo er nicht etwa in Buenoes Aíres, sondern in San Carlos de Bariloche, Patagonien ausstieg, um auf dem Pferderücken den lokalen Nationalpark zu besichtigen, wie efe berichtet.

Was man als hoher Würdenträger auch mit 60+ Jahren nicht alles noch tun muss (Putin kann ein Lied davon singen)!

Dabei könnte Tillerson andere Dinge viel besser, beispielsweise den Venezolanern erklären, wie man Öl fördert ohne im Rekordtempo die Reservoire hinzumachen.

Nach Argentinien geht’s dann nach Peru und Kolumbien weiter. Den Abschluss will T.Rex in Jamaica machen (auch so ein Drecksloch).   :mrgreen:     

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Zu guter Letzt noch eine Spekulation dieses Bloggers – aber eine, die er bereits vor einem Jahr angestellt hat, als er versuchte, sich eine US-Außenpolitik der Ära Trump vorzustellen (also nichts, was ihm heute Nacht durch den Kopf gegangen ist).

Das Ergebnis dieses Nachdenkens, zu dem er noch heute steht, lautete:

Trump will das globale “Liberale Imperium” der Bushes, Clintons und Obamas beenden und hat sich zu dem Zweck die Welt mit den Russen und Chinesen aufgeteilt (was man auch “multipolar” nennen kann, wenn man möchte).

Deswegen tritt er in Europa, im Nahen/Mittleren Osten und im Südchinesischen Meer – so gut das eben geht – in die zweite Reihe zurück, darf aber in den Américas, wie gehabt, den großen Maxi spielen.

Das ist das eigene Haus und im eigenen Haus braucht Onkel Sam die Chinesen wirklich nicht, obwohl man global mit ihnen eigentlich kooperiert.

Die Schweinerei, dass die Volksrepublik der größte Handelspartner der größten südamerikanischen Staaten ist, muss jedenfalls ein Ende haben, und zwar presto.

Die Latinos sind freilich durch die Bank schnell beleidigt und sehr empfindlich, was ihre sogenannte Ehre angeht – weswegen der sanft sprechende T.Rex die bessere Wahl ist, um da unten nach dem Rechten zu sehen.

Bild: DonkeyHotey (Rex Tillerson – Caricature) [CC BY 2.0], via Wikimedia Commons

Literatur:

Kevin P. Gallagher, The China Triangle. Latin America’s China Boom and the Fate of the Washington Consensus. 2016

R. Evan Ellis, China on the Ground in Latin America. Challenges for the Chinese and Impacts on the Region. 2014

Unabhängiger Journalist

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