Was man von Peter Zeihan lernen sollte – und was besser nicht

absent_superpower_cover_BPeter Zeihan, ein US-Geopolitiker, begründet knapp und prägnant, warum die USA eine Supermacht sind und dies auf absehbare Zeit bleiben werden: fruchtbare Böden, Energie-Ressourçen, Transportmöglichkeiten im Inneren und leicht zu sichernde Grenzen nach außen. Aus dieser Position der Stärke würden sich die USA demnächst von ihrem Nach-WK II-Imperium verabschieden. Er “vergisst” aber auf zwei unangenehme Details. NB: Isolationsmus vor Trump und antizipiertes Chaos.

Die erste Einzelheit betrifft die Shale-Revolution, die von dem in Texas lebenden Ziehan viel zu enthusiastisch beurteilt wird, vermutlich unter dem Einfluss lokaler Fracker (oder von deren “Grundverkäufern”).

Shale ist – wenigstens was das Öl betrifft - kein Gamechanger, wie Zeihan & andere meinen, sondern eine unerwartete Lebensverlängerung, eine retirement party wie Art Berman, ein skeptischer Analyst, das ausdrückt.

Berman muss heute – dieser Eindruck drängt sich auf – wider besseres Wissen mit den Wölfen heulen und mit Rücksicht auf seine Auftragslage auf allzu laute Kassandrarufe verzichten.

Wie er shale oil tatsächlich einschätzt, lässt sich seinem jüngsten Interview auf Peak Prosperity entnehmen.

Der Blogger Steve St. Angelo, der viel von Berman übernimmt, kann offener sprechen als dieser und hat außerdem die Gabe, die Dinge in einfacher, nicht-technischer-Sprache auf den Punkt zu bringen.

Aus seinen Ausführungen geht klar hervor, dass Schieferöl selbst bei einem viel höheren Ölpreis ein Verlustgeschäft wäre und nur wegen des heutigen Anlage- und Kreditvergabenotstands überhaupt finanzierbar ist.

Immerhin sind im Bakken, in der Eagleford-Formation und im Permian sehr wohl zugängliche Ressourcen vorhanden und mit ein bisschen offener und verdeckter staatlicher Hilfe lässt sich die Reichweite der US-Ölproduktion wohl um zwei oder drei Jahrzehnte verlängern

- und das ist immer noch viel mehr als man z.B über Europa behaupten könnte.

Das zweite teuflische Detail betrifft den US-Dollar.

Zeihan scheint der Ansicht zu sein, dass der von ihm prognostizierte Abtritt von der politischen Weltbühne spurlos am Petrodollar vorübergeht

- und das mag dieser Blogger nicht und nicht glauben.   :mrgreen:    

Literatur:

Peter Zeihan, The Absent Superpower: The Shale Revolution and a World Without America. 2017

Michael Bleckley, Unrivaled. Why America Will Remain the World’s Sole Superpower. 2ß18

Nachbemerkung, 22.1.2018, 07:00 Uhr: Zwei weitere Aspekte.

1.) Das, was Trump für Syrien angekündigt hat, ist nichts, was der Mann sozusagen selbst erfunden hat – das wurde in militärischen und akademischen Zirkeln seit spätestens 2013 diskutiert, oft als unvermeidlich.

2.) Die Frage, ob ein Rückzug der Amerikaner notgedrungen in Chaos und Faustrecht mündet, ist eine offene.

Speziell die Europäer mit ihren nicht vorhandenen natürlichen Ressourcen müssten an der “Herrschaft des Rechts” und einem universal akzeptierten Zahlungsmittel interessiert sein.

Unabhängiger Journalist

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