Das Präsidenten-Dekret, Erdgaslieferungen aus Russland dürften vom “Westen” künftig nur mehr in Rubeln bezahlt werden, kann als Startschuss für ein Alternativsystem zun Petrodollar gesehen werden. Um die gewünschte Wirkung für die Währung zu erzielen, müsste Russland freilich echtes Erdgas (Öl, Kohle, Metalle etc.) liefern.Vielleicht hilft eine Rückbesinnung auf die Geburtsumstände des Petrodollars in der ersten Hälfte der 1970er, den Charakter der aktuellen Maßnahmen in Russland zu verstehen.
Es gibt etliche frappierende Parallelen, aber auch Unterschiede, die keinesfalls vergessen werden sollten.
- Die wichtigste Gemeinsamkeit wäre in meinen Augen das Bestreben, der jeweiligen Landeswährung, die zum fraglichen Zeitpunkt am Rande des Abgrunds balançiert ist, Stabilität zu verschaffen. Das traf damals auf den Dollar zu, bei dem zuvor der letzte Link zu Gold gekappt worden war (“closing of the gold window”); das könnte nun beim Rubel der Fall sein, der nach den “Sanktionen des Westens” schwer unter Druck geraten ist.
- Damals verschaffte Saudi- bzw. OPEC-Öl dem Nach Bretton Woods-Dollar eine Quasi-Deckung, heute hätte Erdgas für den Rubel eine äquivalente Funktion (zunächst – mit absehbaren Folgeregelungen für Erdöl, Kohle und Bodenschätze wie z.B. Erze und/oder Metalle). Damals konnte am internationalen Markt Öl nur mit US-Dollars gekauft, heute kann russisches Gas nur mit Rubeln erworben werden. Damit wird (würde) die jeweilige exklusive Transaktionswährung gestützt – ohne dass eine direkte Bindung an ein Edelmetall erfolgt.
- Womit wir bei einem zentralen Punkt angekommen wären: Die historischen Petrodollar-Vereinbarungen sahen ein “Recycling” der enormen Überschüsse aus den Ölverkäufen meist über US-Staatsanleihen vor. Das war für die Saudis schon damals politisch so heikel, dass König Faisal intensiv bemüht war, wenigstens diesen Teil des Deals geheim zu halten. Ob aktuell eine Entsprechnung bei russischen Staatsnleihen angedacht ist, ist unbekannt.
- Es gibt jedoch auch eine Reihe von Unterschieden, beispielsweise, dass vor 50 Jahren NICHT die Währung des Rohstoffverkäufers selbst profitiert hat (was heute beim russischen Rubel der Fall wäre).
- Es ist auch so, dass Russland als Commodity-Verkäufer heute weltweit eine schwächere Stellung inne hat als damals die Saudis bzw. alle OPEC-Länder zusammen.
Damals war der Höhepunkt des “konventionellen Ölbooms” in den USA gerade überschritten (“US Peak Conventional” 1970),
die Glanzzeit der OPEC stand aber noch bevor.
Heute, 50 Jahre später, ist zweifelhaft, was von den einst unendlich erscheinenden Energie- und Metallressourçen übrig geblieben ist.
So gesehen stellt sich für Heutige die Frage, ob es für die “reale Quasi-Deckung”, die der US-Dollar durch die Förderung der Araber ab den 1970ern erfahren hat,
eine aktuelle russische Entsprechung gibt.
Wenn nein, könnte die Story ein Bluff sein, der auffliegt, sobald eine für Rubel gekaufte Ware in schlechterer Qualität, quantitativ vermindert oder gar nicht geliefert wird.
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