USA-Russland: Beziehungskrise mit globalem Katastrophenpotenzial

Die Beziehungen zwischen den USA und Russland sind so zerrüttet wie noch nie und der US-Präsident, der in der Routine der Massenmedien für fast alles Schlechte verantwortlich gemacht wird, trägt an dieser Entwicklung keine besondere Schuld – Trump habe einen Gutteil der Probleme nämlich “ererbt”, lautet das Resümee, das der Innsbrucker Politikwissenschafter Gerhard Mangott über die zurückliegenden Jahrzehnte zieht.

Der Experte für internationale Beziehungen sprach am Donnerstag Abend in einer privaten Veranstaltung in Wien (“Gold-Stammtisch”).

Diese Einschätzung unterscheidet sich von der etlicher Experten im angloamerikanischen Raum, die dazu tendieren, einen quasi nicht-amerikanischen Exzeptionalismus, die mentalitätsmäßige und politkulturelle Nichtvereinbarkeit Moskaus verantwortlich zu machen – siehe dazu z.B. hier.

Die zerrütteten Beziehungen zwischen den großen Atommächten wurzeln bereits in den 1990er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, nachdem die Sowjetunion zusammengebrochen war und der Westen sich einzubilden begann, er habe im Kalten Krieg gesiegt.

Damals, sagt Mangott, sei Russland zwar nicht explizit (über einen Vertrag) versprochen worden, die NATO werde auf eine Osterweiterung verzichten – Bill Clinton habe 1993 seinen Außenminister aber versichern lassen, dass “alle Partner der NATO werden können, aber nicht jeder Staat aufgenommen wird”.

Die Russen, speziell der fünf Jahre danach an die Macht gekommene Wladimir Putin, hätten sich durch die folgende laufende Osterweiterung des Bündnisses getäuscht gefühlt, wofür der Westen (= Europa) heute den Preis zahlen müsse.

Anfangs sei Putin noch westorientiert gewesen (Motto: “Wirtschaftliche Reform nur mit westlicher Beteiligung”), in den Folgejahren habe es insbesonders außenpolitisch jedoch eine “Umkehr” gegeben.

“Rapider Klimawandel” mit Obama II & Secretary Clinton

Speziell verschlechtert habe sich das Klima in der zweiten Amtszeit Barack Obamas, der in der ersten Periode noch ein Abrüstungsabkommen (“New START”) abgeschlossen habe, wo sich ab 2010 die Beziehungen aber rapide verschlechtert hätten (Libyen 2011, Syrien 2011/12, Ukraine 2014).

Aus dieser Zeit stamme auch die spezielle Animosität zwischen der damaligen US-Außenministerin Hillary Clinton und Putin, die auch im US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 ihren Niederschlag gefunden habe.

Russland habe sich zwar – teilweise erfolgreich (Hacking, soziale Medien) – in den US-Wahlkampf eingemischt, es habe jedoch nie plausibel gemacht werden können,  dass dies den Ausschlag für den Sieg Donald Trumps gegeben habe.

Unter dessen Präsidentschaft hätten sich die Beziehungen noch einmal verschlechtert, was einerseits auf eine fehlende Russland-Strategie und “Falken” in der Administration zurückzuführen sei;

wichtiger noch sei bis heute aber das Verhalten des “Veto-Akteurs US-Kongress”, der Dekrete Obamas (executive orders) in dauerhaftere Gesetze umgewandelt habe – “Sanktionspermanenz”.

“Zwei Jahre nach dem Amtsantritt Donald Trumps besteht im US-Kongress ein überparteilicher Konsens, Russland zu bestrafen”.

Ende aller Abrüstungsverträge

Deshalb könne ein derzeit noch nicht verabschiedetes US-Gesetz dazu führen, dass europäische Firmen, die sich an der Gas-Pipeline Nordstream II beteiligt haben, sanktioniert würden (z.B. OMV).

Vor wenigen Wochen haben die USA den INF-Vertrag gekündigt und es ist für den Politologen “sehr wahrscheinlich”, dass auch der New START-Vertrag auslaufen wird, der 2021 zur Verlängerung ansteht.

Damit würden keine Rüstungskontrollverträge mehr existieren, die Nuklear-Kapazitäten begrenzt und vorhandene Raketen der Inspektion durch die Gegenseite unterworfen hätten.

Mit dem absehbaren Ende des INF und neuen Mittelstreckenraketen würde es beispielsweise auch keine sinnvollen Vorwarnzeiten mehr geben.

Bereits seit einigen Jahren sei ein “qualitatives Wettrüsten” im Gang, das nach dem Ende der Kontrollverträge in ein “quanatitatives” umschlagen werde, befürchtet Mangott. Er sei, was die Rüstungskontrolle betreffe, “ziemlich pessimistisch”.

Unabhängiger Journalist

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