Der deutsch-amerikanische Vermögensberater Max Otte, der zum beliebten Hassobjekt der Mainstream-Journaille avançiert ist, rechnet mit dem bevorstehenden Zusammenbruch des Polit- und Finanzsystems. Im soeben erschienenen Weltsystemcrash nimmt Otte die Tradition eines 2006 erstmals publizierten Texts wieder auf, in dem er die Krise von 2008 vorher sagte. Otte ist freilich kein “Perma-Bär” – Anfang 2009, am Tiefpunkt, empfahl er Aktien zu kaufen … und lag wieder richtig. Heute, glaubt er, sei erneut Vorsicht geboten.
Ottes Begründung ist eine zweifache:
- Zum einen, sagt er, hätten die beispiellosen (und von ihm damals unterstützten) Reaktionen von Regierungen und Notenbanken ab 2008 die Krise nur verschoben – er erläutert das ausführlich im 5. Kapitel, das der “Unbewältigten Finanzkrise” gewidmet ist; und
- zweitens stehe das Ende der Pax Americana vor der Tür, jenes internationalen Systems, das die Welt seit 1945, speziell aber seit dem “unipolaren Moment” in den 1990ern geprägt hatte, nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion (O. ist Ökonom und IR-Kenner)
Die westliche Mittelschicht, die tragende Säule der Demokratie, sei in den vergangenen 10, 15 Jahren sukzessive ökonomisch abgestiegen – und das sei eine Folge mehrerer Entwicklungen:
- der Globalisierung (weil lohnabhängige Mittelschichtler i.d.R. die einzigen <?> nicht-mobilen Produktionsfaktoren seien);
- wegen der Geld- und Zinspolitik der Notenbanken, die die “0,1 Prozent” noch reicher gemacht, die Mittelschicht dagegen enteignet hätten;
- wegen diverser Regierungs-Politiken von der Steuer- über die Verkehrspolitik bis zur Raumordnung; aber auch
- aus demographischen Gründen (“Auf dem Weg zum Rentenkollaps”).
Das sei der eigentliche Humus für diverse Rechtspopulisten: “Das System hat versagt.”
Ottes achtes Kapitel heißt denn auch programmatisch “Donald Trump, der Populismus und das System”.
Abstieg von Superstar Deutschland
Was sein Vaterland angeht, teilt der Autor weitgehend die Diagnosen von Bruno Bandulet – siehe hier -, Daniel Stelter – siehe hier – und Hans-Werner Sinn – siehe hier.
Die BRD habe nach Hitler & dem 2. Krieg unter amerikanischer Schirmherrschaft ein paar großartige Jahrzehnte gehabt,
werde in den vergangenen 20 Jahren aber abgewickelt bzw. wickle sich selbst ab.
Wesentliche Beiträge zur Zerstörung des deutschen Modells hätten Bonner & Berliner Regierungen seit Helmut Kohl abgeliefert, der Deutschland das “Megaproblem Euro” eingebrockt habe
- aber auch Manager und Regulatoren der Marke Eigenbau.
Systemisch gesehen sei der Abstieg des Landes eine Folge der Aufgabe des bis ins 19. Jahrhundert zurück gehenden, regulierten Industriekapitalismus des “Zweiten Reichs” sowie der schleichenden Übernahme eines wenig produktiven angelsächsischen “Finanzkapitalismus”
(Otte, der sich selbst der klassischen Ökonomie zurechnet, ist eine ideologische Mischung aus “rheinischem Unternehmertum” und den industrie- und sozialpolitischen Traditionen von Bismarck & Co.)
Gewissermaßen am herausragendsten, meint er, sei die Destruktions-Leistung der aktuellen Kanzlerin – beginnend bei der Eurorettung über Energiewende und Grenzöffnung bis hin zu jüngeren wirtschaftspolitischen Feldzügen gegen Schlüsselindustrien des Landes.
All diese Entscheidungen wurden entweder im Eiltempo durch den Bundestag gepeitscht, ohne dass eine der Schwere der Konsequenzen angemessene Debatte möglich gewesen wäre. Oft wurden auch vorher Fakten geschaffen.”
Katastrophe Euro
Die gemeinsame europäische Währung habe sich zu einem alptraumhaften Desaster entwickelt und werde jetzt “mit Vollgas vor die Wand gefahren”,
die EU befinde sich auf dem Weg in die Planwirtschaft und deren Bürger auf dem Weg in die Knechtschaft, was sich u.a. an der Abschaffung des anonymen Zahlungsmittels, des Bargelds zeige.
Die beiden letzten Kapitel widmet der Autor seinem Brotberuf der vergangenen 15 Jahre, der Vermögensberatung.
Hier steigt er freilich gleich mit Tipps zur mentalen Vorbereitung auf den seiner Meinung nach bevorstehenden globalen Kataklysmus ein, sowie – in Ansätzen – mit katastrophenschützerischen Ermahnungen nach dem Muster von “Essen und Trinken bevorraten” (Überleben in der Wildnis gehört eher nicht zu seiner Expertise ).
Das ist definitiv ein neues Element – der Max Otte der Jahre 2006 und 2009 hat noch auf derlei verzichtet um nicht für unseriös gehalten zu werden.
Den Abschluss macht Weltsystemcrash mit “Kapitalanlagen für die Krise”, einer altbewährten Melange für den vorsichtigen Value-Investor – von Cash, Edelmetallen und Immobilien bis hin zu “krisenstabilen Aktien”.
Ob das hilfreich ist, die Omertà der Journaille zu bewältigen, darf bezweifelt werden.
Der Mann möchte geliebt, zumindest aber zur Kenntnis genommen werden.
Das mochte dem (vormaligen?) CDU-Mitglied auch noch zugebilligt werden
- aber nicht mehr einem der AfD nahestehenden Autor, einer Partei, die bekanntlich unter Nazi-Verdacht steht.
Max Otte, Weltsystemcrash. Krisen, Unruhen und die Geburt einer neuen Weltordnung.2019
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.