Ansichten eines Deflationisten

cover_rickards_resizedUS-Buchautor Jim Rickards hat einen Text über die Neue Große Depression vorgelegt, dessen Verdienst es ist, die enorme wirtschaftliche Dimension der aktuellen Geschehnisse zu thematisieren. Die kurzfristige und mittlere Zukunft wird in einer Depression wie in den 1930ern gesehen – ohne dass die heutigen Entscheider den Mut hätten, den Dollar (gegen Gold) abzuwerten (wie weiland Franklin Delano Roosevelt). Man kann dieses deflationistische Szenario ernsthaft diskutieren – andere Inkonsistenzen sind aber eher peinlich.

Wäre der Autor Koch und nicht Ökonom, wäre er wohl der Chef einer feinen Fusion-Küche.

Der konservative Pragmatiker ist eine Art Keynes-kritischer Keynesianer mit wirtschaftsliberalen Einsprengseln & passionierter Monetarismus-Kritiker mit einem historischen Faible für Gold oder so ähnlich.

Rickards scheint in dem Buch vor dem Dilemma zu stehen, wem er lieber ordentlich was überbraten würde

- der Volksrepublik China oder diversen US-demokratischen Gouverneuren.

In dieser schwierigen Situation entscheidet sich Rickards für beides

- was in einem höheren Sinn gerecht sein mag, aber seiner Glaubwürdigkeit nicht eben zuträglich ist.

Sein erstes Kapitel widmet sich der Entstehung des “China-Virus” und diskutiert sowohl die “Labor-Leakage-” als auch die “Fischmarkt-Theorie”

Neben jähen Anfällen von Gräuelpropaganda (“500.000 Urnen”) zeigt Rickards erneut, dass

  • die chinesische Verwaltung beim Ausbruch der Pandemie versagt hat,
  • der Erreger womöglich tatsächlich in einem Hochsicherheits-Labor in Wuhan entstanden ist und
  • dass die Volksrepublik seit vielen Jahren mit Coronaviren herum experimentiert hat (lange mit Unterstützung der USA, ahem).

Deswegen sei die Volksrepublik

für den ökonomische Schaden und die Todesfälle verantwortlich, die im Zug der globalen Pandemie entstanden sind.”

Das nächste Kapitel ist eine Analyse der US-Ausgangssperren im Frühjahr 2020.

Hier argumentiert Rickards, dass man ohne diese eigentlich besser gefahren wäre.

Der WHO nimmt der Autor übel, dass sie seiner Meinung nach geholfen hat, die Schnitzer der Chinesen zu vertuschen

- nicht aber, dass sie über ihre Klassifikationskriterien den weltweiten Statistikschwindel erst ermöglicht hat (wie dieser Blogger moniert).

Überhaupts scheint der Mann das Pandemie-G’schichterl ohne weitere Nachfragen zu schlucken – und da stellen sich schon ein paar harte Fragen

(speziell bei einem hochkarätigen Kenner von Komplexitätstheorie und Bayes-Theorem    :mrgreen:   ).

Das Mindeste, was einem an diesem Punkt einfallen müsste, wäre die Frage, warum das Virus, wenn es denn tatsächlich ein biologischer Kampfstoff wäre, (per se) so wenig Schaden anrichtet.

Angebracht wäre es auch, die angeblichen Corona-Toten in ein Verhältnis zur gesamten jährlichen Sterblichkeit zu setzen – ca. drei Millionen in den USA und 50 bis 60 Millionen weltweit.

Aber sei’s drum – der Mann ist kein Statistiker, sondern Ökonom und will als solcher gewürdigt werden.

In dieser Eigenschaft gelingt Rickards das dritte Kapitel äußerst zufriedenstellend und das macht diverse Ärgernisse seines Texts mehr als wett.

In Chapter Three geht er sein eigentliches Thema an, das am Cover durch einen George Washington mit Mund-/Nasenschutz (“MNS”) bebildert wird

- einen Holzschnitt des Gründervaters auf der Ein-Dollar-Note (dort natürlich ohne Gesichtswindel).

Aktien-Bär & Bond-Bulle

Im dritten Kapitel zeigt Rickards, was Politicos & Schönwetter-Ökonomen bis heute absolut nicht in den Schädel will

- nämlich dass tote Betriebe wirklich tot und aktuelle Arbeitslose nachhaltig arbeitslos sind

- speziell, wenn diese “technisch” gar nicht arbeitslos. sondern “nur” aus der labor force participation gefallen sind.

Im vierten Kapitel erklärt Rickards, warum er die Modern Monetary Theory für Mist hält und dass

weder Gelddruck-Orgien (Fed) noch budgetäres deficit spending (Weißes Haus, Kongress) die Wirtschaft werden stimulieren können – Stichwort deflationäre Sackgasse.

Das, finde ich, ist ziemlich gut erklärt. Es zeugt davon, dass Rickards “die vergangenen 12 Jahre nicht unter einem Stein verbracht hat”.

Eigentlich zeigt es viel mehr – dass dem Autor völlig klar ist, in welch aussichtslose Lage sich unser Finanz- und Geldsystem seit 2008  manöviert hat

(was eigentlich dazu motivieren müsste, sich das Pandemie-G’schichterl noch einmal kritisch anzuschauen, gelle).

Der fünfte Abschnitt beschäftigt sich damit, dass die “Zivilisation” eigentlich nur eine dünne Tünche ist, die unter Stress rasch abblättert und

das sechste Kapitel macht die Leser mit den Portfolio-Empfehlungen des Autors vertraut.

Rickards glaubt, wie erwähnt, nicht an eine baldige Hyperinflation, sondern an ein langes Fortbestehen der aktuellen Liquiditätsfalle

(weil die Leute voll Angst Dollar horteten und keine erhöhten Inflationserwartungen hätten, sei nicht damit zu rechnen, dass die Umlaufgeschwindigkeit des Gelds zunehmen werde – ganz egal, wieviel Basisgeld die Zentralbanken noch “drucken” würden).

Daher ist es irgendwie logisch, dass Rickards

  • ein “Aktien-Bär” und
  • noch immer ein “Bond-Buille” ist (wenigstens bei US-Staatsanleihen) und
  • dass sein Muster-Portfolio zusammen heftige 50 Prozent Cash & Bonds aufweist.
  • Gold dagegen nur 10 Prozent, gerade so viel wie die von ihm so “kritisierten” Aktien – was bei jemandem erstaunlich ist, der Zeit seines Autorenlebens die Gold-Trommel geschlagen hat.

Das kann unterschiedliche Gründe haben,

  • zum Beispiel, dass ihm seine Freunde aus der IC dazu geraten haben (Achtung, Verschwörungstheorie!),
  • dass Rickards wirklich glaubt, die Vereinigten Staaten könnten eine Neue Große Depression mit einem Fiat-Dollar durchstehen oder
  • dass Rickards sehr wohl damit rechnet, dass der US-Dollar gezielt gegen Gold abgewertet wird, mithilfe einer “straightforward open market operation” – dass er aber weiß, dass das nur etwas für Staaten ist und der kleine Mann davon nicht profitieren wird können (wie schon beim Raubzug von FDR. Das schreibt Rickards zwar nicht ausdrücklich – es wäre aber trotzdem anständig – wenigstens lockt er mit seinem Buch niemanden auf eine falsche Fährte).

James Rickards, The New Great Depression. Winners and Losers in a Post-Pandemic World. 2021

Unabhängiger Journalist

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