Gestern habe ich vermutet, dass manche Politicos Bedenken wegen des Andrangs zu den Sozialsystemen bekommen hätten und dass sie deswegen Grenzen setzen wollten. Das war naiv. Die VP-Auftritte mit Präsidentschaftskandidaten Khol zeigen, dass die Diskussion per se ein Wahlkampfmanöver ist. Wie hier beschrieben, wll man das Schleppnetz des Kartells mit Stimmen beider Seiten füllen – immigrationskritischen (für Khol) und flüchtlingsfreundlichen (für SP/Hundstorfer).
Keine der beiden Parteien, die verkündet haben, die Aufnahme von Asylwerbern sukzessive auf 25.000 pro Jahr einzuschränken, meint es ernst.
Die SPÖ nicht, weil das auf ihrem Teil des politischen Markts sowieso eine geringere Rolle spielt und weil sie im Grund des Herzens glaubt, die Sache mit Schulden finanzieren zu können.
Aber auch für die ÖVP geht es nicht um eine Deckelung des Zustroms.
Das ist aus den Inszenierungen und aus der Berichterstattung über die gemeinsamen Auftritte von VP-Granden mit Andreas Khol erkennbar, siehe hier:
Eigentlich hätte man sich das schon am 19. Jänner denken können, als der seltsame Zuwanderungsbegrenzungsplan vorgestellt wurde. Dieses Ding ist eine politische Attrappe.
Warum es sich um eine Mogelpackung handelt
Zum Beispiel, weil in diesem Plan Asylwerber und Asyl- (Nachzugs)berechtigte in einen Topf geworfen werden. Spätestens an dieser Stelle hätten die Alarmglocken schrillen müssen.
Faylehner und Mittermann wollen 2016 ja höchstens 37.500 Asylwerber inklusive Familienzusammenführung nach Österreich lassen:
Das ist ein verräterisches Detail, denn das sind in der Systematik des Systems völlig verschiedene Gruppen.
Asylwerber sind gerade an der Grenze angekommen. Sie stellen ihren Antrag und werden danach in Traiskirchen oder in unterausgelasteten Gasthöfen in der Provinz untergebracht. Dort warten sie auf den Ausgang ihres Verfahrens.
Nachziehende Familienangehörige finden sich in der Kette der Immigration dagegen erst viel später. Sie haben eine andere, bessere Rechtsposition als die Asylwerber. Familiennachzügler haben in der Regel einen Rechtsanspruch (genauer: Der Asylberechtigte hat einen auf Familienleben).
Zwischen den einen und den anderen liegen womöglich mehrere rechtskräftig abgeschlossene Verfahren und, zeitlich gesehen, ein paar Jahre.
Hier werden Neu- mit Altfällen, Äpfel mit Birnen vermengt. Während Asylwerber nur Anspruch auf Grundversorgung haben und Bund/Ländern (= “dem Steuerzahler”) auf der Tasche liegen, geht es beim Nachzug von anerkannten Asylanten/Subsidiären um die langfristige Belastung/Bereicherung der Mehrheitsgesellschaft.
Theoretisch könnte man das eine mit dem anderen verknüpfen - aber in diesem Fall wäre klar, dass die Nachzügler Vorrang haben. Praktisch würde das heißen, dass die Behörden z.B. nur mehr 27.500 Anträge von Asylwerbern entgegennehmen würden, wenn klar würde, dass im gleichen Jahr der Zuzug von 10.000 Familienangehörigen stattfindet.
Das funktioniert weder politisch noch medial, “technisch” schon gar nicht. Das konnte jeder spin doctor, der den Unsinn ausgearbeitet hat, erkennen.
Scheingefecht für Wähler-Gruppen
Die Sache ist ein riesiger Popanz.
Ein Popanz, bei dem die Volkspartei vielleicht die Führungsrolle hat, bei dem aber die SPÖ mittut, weil sie auch etwas davon hat.
Man muss sich das wie die lächerliche Debatte um die sechs Wochen Urlaub oder den Arbeitsmarktgipfel vorstellen, bei dem Senkungen zum Familienlastenausgleichsfonds versprochen wurden. Es handelt sich um ein reines Scheingefecht zur Profilschärfung, ein Gefecht zwischen insgeheim Verbündeten.
Weder die Wähler noch die Lügenpresse erinnern sich in ein paar Monaten noch an “Details” und damit haben sich die aktuellen Ansagen in ein nicht mehr relevantes Rauschen verwandelt.
Dagegen hat heute jede der beteiligten Parteien auch Vorteile (nicht nur das gemeinsam gebildete Kartell).
Bei der ÖVP/Khol liegt das klar auf der Hand.
Bei der SPÖ ist das diffiziler. Sie muss die Botschaft der politischen Attrappe an zwei völlig verschiedene Klientengruppen kommunizieren.
Die erste Gruppe wird zwar nie Khol wählen, könnte aber durchaus zum FPÖ-Kandidaten überlaufen. Es ist die verbliebene proletarische Kernwählerschicht, die sich von den hereindrängenden Fremden bedroht fühlt. Der signalisiert man: Wir machen sowieso was.
Die zweite, jüngere Gruppe besteht aus liberalen und rotgrünen Flüchtlingsfreunden. Dieses Milieu könnte durchaus zu Kartellbruder Van der Bellen wechseln (was dem Kartell, aber nicht der SPÖ egal ist). Der signalisiert man: Wir mussten gegen unseren Willen mit dem Koalitionspartner mitziehen, in Wirklichkeit geht das aus rechtlichen Gründen aber sowieso nicht.
So ein Vorgehen bringt allen was: dem Kandidaten, dem Kartell und der Partei.
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