Austrians worldwide: Traditions-Pflege & Fehdehandschuh in Wien

Im Palais Coburg, dem “zweitwichtigsten Palast der Stadt” ist am Samstag eine Jubiläumskonferenz der Österreichischen Schule der Nationalökonomie abgehalten worden. Rund 150 Teilnehmer, oft aus dem ausländischen Europa und den USA, kamen u.a. um einer Auszeichnung Hans Hermann Hoppes beizuwohnen und Erzählungen über das Wien von vor 1914 zu lauschen. Die wirtschaftsliberale Denkrichtung scheint überall bekannter zu sein als in der Alpenrepublik selbst – aber wie der Präsident des Mises-Instituts in den USA in Frageform formulierte: “Austrian Economics: Back to Vienna?” NB zur Realitätsverweigerung der Coburg-Gemeinde.

Bisher haben hiesige Keynesianer – also fast alle anderen – einen solchen Super-Gau (für sie selbst) locker verhindern können

- fliegt in Österreich die Fahne des Etatismus doch traditionell hoch, während die Reihen direkter und indirekter Staatsdiener dicht geschlossen sind.

Jeff Deist stellte in seinem Vortrag die Frage, ob der heutige Westen noch jener des Ludwig von Mises sei und ob sich Anhänger von politischer Freiheit und “Kapitalismus” nicht vielleicht besser in östlicheren Gefilden umtun sollten

(Österreich kann er damit aber nicht wirklich gemeint haben – und wohl auch nicht die VR China).

Die etatistische Linke habe die Frechheit, die Schuld am Populismus auf die Marktwirtschaft abzuwälzen, während Trump & Co. eigentlich eine direkte Reaktion auf die planwirtschaftlichen Politiken der Notenbanken, identity politics, und pseudowissenschaftliche Curricula (“hyphenated studies”) seien, erklärte Deist, ein “Paläoliberaler”.

Sein Vortrag und die Erläuterungen anderer Referenten können als Kampfansage an die Adresse staatsfetischistischer Politik und Wissenschaft gewertet werden.

Der heute 70-jährige Hoppe ist der Autor des Buchs “Demokratie. Der Gott, der keiner ist”.

Diese Staatsform beruhe auf einem “Wettbewerb der Gauner” und stehe dem Eigentum letztlich feindlich gegenüber. Private hätten das Recht “auf eigenem Boden” zu diskriminieren und Organisationen zu bilden, die sich den Beitritt nicht gewollter Dritter verschlössen.

Hoppe will eine Privatrechtsgesellschaft, nicht diktatorische Willkür.

Der Deutsche, der in den 1970ern noch bei Jürgen Habermas dissertiert hatte, bekam am Samstag den Roland Baader-Preis und beendete den Rückblick auf seinen intellektuellen Werdegang mit einem provokant-ironischen “Venceremos”, einem Slogan, der einem linken Kampflied entstammt.

Nach einer sozialistischen Phase ab 1968 wurde Hoppe Popperianer, ehe er von Mises las. Heute leben er und seine Frau, eine Türkin, übrigens in Bodrum.

Durch das Programm führte Rahim Taghizadegan, der sich als Schüler Baaders und Hoppes bezeichnete. Taghizadegan legte dieser Tage eine Übersetzung des vor 70 Jahren in den USA erschienenen Hauptwerks von von Mises, Human Action, ins Deutsche vor.

T. gilt als Kenner der Geschichte der Österreichischen Schule, ebenso wie Herbert Unterköfler, ein Wiener “Headhunter”.

Unterköfler referierte über Mengers und Mises geistiges “Erbe” und der Mises-Biograph Guido Hülsmann (Angers) über finanztheoretische Irrtümer.

Jüngere, sozusagen frühmittelalterliche Männer, “Praktiker des Kapitalmarkts”, hielten weitere Vorträge über Bitcoin, Gold und das weltweite Finanzsystem seit Bretton Woods.

Das Symposion klang einem Konzert von Liedern des Mises-Kreises und einem festlichen Dinner aus.

Auf der Suche nach dem Grünen Anker und dem Café Künstler, die weiland von LvM frequentiert worden waren, dürften Tagungsteilnehmer aus dem Ausland freilich nicht mehr fündig geworden sein.

Nachbemerkung, 24.11-2019, 06.15 Uhr: Unglücklicherweise scheinen die Schimären permanenter Innovation sowie das Gefühl auf lange Sicht das Salz der Erde zu sein, eine einigermaßen realistische Einschätzung von unmittelbaren Machtverhältnissen sowie der näheren energetischen Zukunft zu verhindern.

Insofern beruht das Hurra des Coburg-Fähnleins auf einer massiven Selbsttäuschung.

Auch wenn die Tagungsteilnehmer jene Bauer sind, die sie glauben zu sein – und nicht die “egoistischen Vorteilnehmer”, die sie nach der Erzählung ihrer Feinde darstellen;

auch dann droht ihnen das Schicksal frühen physischen und moralischen Tods – und erst viel späterer politisch-moralischer Rehabilitierung.

Unabhängiger Journalist

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.