Jeder verhinderte Corona-Tote kostet uns 1,1 Mio. EUR. Was würde es bedeuten, eine Durchseuchung der Bevölkerung zuzulassen? Und warum bewerten wir Corona-Tote anders als andere Todesfälle? Von Gastautor Wolf of Mainstreet.
Zugegeben, die Frage, wie viel Geld man aufwenden will um ein Leben zu retten, ist sehr provokant. Sofort kommen negative Assoziationen auf, man wird mit der Frage konfrontiert, wie hoch der Preis des Lebens ist (unendlich? unbezahlbar?) oder ob man vielleicht altes und krankes Leben gar als „unwert“ bezeichnen möchte. Aus diesem Grund gibt es keinen halbwegs begabten Politiker, der jemals öffentlich diese Frage stellt, denn sie würde den sofortigen politischen Tod implizieren.
Ärzte müssen entscheiden, ob man bei hochbetagten, morbiden Patienten lebensverlängernde Maßnahmen und komplizierte Operationen durchführt. Chefärzte entscheiden, ob Patienten teure, aber rettende Medikamente erhalten dürfen.
Krankenkassen legen fest, ob Impfungen bezahlt werden oder ob man selbst dafür aufkommen muss. Politiker entscheiden über die Höchstgeschwindigkeit und Verkehrssicherheitsmaßnahmen auf Autobahnen und Straßen und sie entscheiden, ob Rauchen und Alkoholgenuss erlaubt ist und wie hoch die Steuern darauf.
Wenn wir über diese Entscheidungen nachdenken, kommen wir darauf, dass der Preis des Lebens nicht unendlich ist. Um zu leben und als Gesellschaft zu existieren müssen wir Kompromisse mit dem Tod abschließen und Risiken eingehen. Wir wissen, dass nicht alles verhinderbar ist. Deshalb dürfen wir uns nicht nur die Frage stellen, wie viel Geld wir aufwenden möchten, um einen Corona-Toten zu verhindern. Wir SOLLTEN das von Corona unabhängig schon lange tun!
Der Weg zur Herdenimmunität: 6,2 Millionen Corona-Infizierte
Dass es 60-70% Durchseuchung benötigt, um Herdenimmunität zu erreichen, ist eine seit Wochen kolportierte Zahl. Bleiben wir vorsichtig und nehmen wir an, dass sich 70% der Einwohner infizieren müssten. Auf Österreich (8,9 Mio. Einwohner) umgelegt, bedeutet das, dass sich ca. 6,2 Mio. Menschen mit Corona infizieren müssten.
Case Fatality Rate
Die nächste Frage ist, wie hoch die Letalität (Case Fatality Rate, CFR) bei Corona-Patienten ist. Leider gibt es hier noch relativ wenige Anhaltspunkte.
Ein Vergleich zwischen verschiedenen Ländern ist schwierig, da das Gesundheitssystem von Land zu Land sehr verschieden ist, wir nicht wissen, ob es noch weitere belastende Faktoren wie z.B. Luftverschmutzung (Norditalien, China) gibt und es weiterhin unklar ist, ob verschiedene Stränge von Corona zu unterschiedlichen CFR führen können.
Wir wissen aber sicher, dass die kolportierten Zahlen (Crona-Tote/bekannte Corona-Fälle) falsch sind und deutlich zu hoch liegen, da sie nicht die Dunkelziffer der Corona-Fälle betrachten. Erst wenn man die Gesamtheit der jemals aufgetretenen Corona-Fälle zu den bekannten Corona-Toten in Beziehung setzt, kommt man auf eine aussagekräftige Zahl.
In unserer Nachbarschaft können wir uns an zwei relativ stark durchseuchten Ortschaften orientieren. Den ersten Hinweis gibt uns die sogenannte Heinsberg-Studie aus dem Ort Gangelt in Nordrhein-Westfalen. Dieser Ort wurde durch das lokale Karnevalstreiben relativ stark durchseucht, man geht von einem Wert von 15% aus. Legt man die Corona-Toten auf die Gesamtzahl der Corona-Fälle um (i.e. Personen mit Antikörpern) um, dann kommt man wie in der Studie auf eine CFR von 0,37%.
Einen zweiten Hinweis bekommen wir aus St. Ulrich im Grödnertal (Südtirol).
Medienmeldungen zufolge tragen in diesem Ort bis zu 50% der Bevölkerung Corona-Antikörper in sich. Artikel dazu finden sich hier, hier und hier. Praktischerweise liefert uns der Südtiroler Sanitätsdienst eine tägliche Liste der an Corona Verstorbenen mit Alter, Geschlecht und Wohnort (davon kann man in Österreich nur träumen).
4.870 Einwohner x 50% Durchseuchung ergibt 2.435 Corona-Fälle in St. Ulrich. Setzt man die 10 bekannten Todesfälle aus St. Ulrich dazu in Beziehung (9 der 10 Fälle waren übrigens über 70, davon 6 sogar über 80), ergibt sich eine CFR von 0,41%. Ein Wert, der nicht weit weg von der Heinsberg-Studie liegt.
Die neueste Zahl kommt aus New York, wo laut Antikörperstudie 2,7 Mio. Personen infiziert wurden bei 15.500 Todesfällen. Die daraus resultierende CFR beträgt 0,57%. Wir können also schließen, dass die CFR irgendwo zwischen 0,37% (Gangelt) und 0,57% (New York) liegen dürfte. Unter Betrachtung der Spezifika von New York (schlechtes Gesundheitssystems, Latinos und Schwarze übermäßig betroffen) und wenn man einrechnet, dass es in der Behandlung Fortschritte gibt (Sauerstofftherapie statt Intubation etc…) können wir daher realistischerweise einen Wert zwischen 0,4% und 0,5% erwarten.
28.000 Tote bis zur Herdenimmunität?
Ließe man dem Corona-Virus freie Bahn, würden sich – wir haben es oben gesehen – 6,2 Millionen Österreicher infizieren. Multipliziert mit einer angenommenen CFR von 0,45% ergäbe das für Österreich die traurige Anzahl von rund 28.000 Todesfällen. Niemand, kein Politiker möchte jemals für so eine Zahl verantwortlich sein, deshalb auch der Versuch die Fälle auf 0 zu bringen und das Hoffen auf einen Impfstoff.
Die Kosten der Lockdowns: 30 Milliarden?
Über die Kosten der Corona-Krise gibt es durchaus unterschiedliche Ansichten. Während die realitätsfremden und ahnungslosen WIFO-Forscher mit einem BIP-Minus von 5,25 bis 7,5% rechnen, gehen ernstzunehmendere Personen wie die EZB-Chefin Christine Lagarde von bis zu -15% aus.
An dieser Stelle muss man sich überlegen, wie viel der von oben verordnete Lockdown (natürlich im internationalen Kontext) zum Wirtschaftseinbruch beiträgt.
Klar ist, dass die Bevölkerung auch ohne Lockdown vorsichtig agieren und Veranstaltungen etc. meiden würde. Andererseits stellt sich die Frage, wie die Bevölkerung agieren würde, wenn man die Devise „business as usual“ ausgibt. Wie viele Menschen würden sich tatsächlich langfristig aus dem Leben zurückziehen? Würden sie nach ein paar Wochen Panik doch wieder auf Urlaub fahren, ins Kino gehen oder das Stammlokal besuchen?
Die Antwort ist: Wir werden es nie erfahren.
Seien wir also salomonisch und nehmen wir an, dass der Lockdown 50% zum Einbruch beiträgt, während 50% der allgemeinen Panik (die aber durch den Lockdown mitverursacht wird) zuzuschreiben sind.
Wie hoch sind also die Kosten nun? Laut Statistik Austria betrug das österreichische BIP 2019 rund 399 Milliarden EUR. Unterstellt man die Zahl von Lagarde (15%) und dass die Hälfte auf das Konto des Lockdowns geht, kommt man auf wirtschaftliche Kosten von rund 30 Milliarden EUR.
Der Rest ist eine einfache Division: 30 Milliarden EUR geteilt durch 28.000 verhinderte Tote ergibt einen Preis von rund 1,1 Millionen EUR pro verhindertem Todesfall.
Fazit: Wir brauchen einen gesunden Kompromiss
Wir bezahlen derzeit den Preis von EUR 1,1 Mio. pro verhindertem Todesfall. Diese Zahl können wir immerhin als groben Orientierungspunkt nehmen.
Gerne dürfen wir uns fragen, ob wir das auch unter normalen Umständen tun würden. Wie viel würde Ihre Krankenkasse aufwenden, um einen hochbetagten Patienten (das Durchschnittsalter der Corona-Toten liegt über 80!) am Leben zu halten bzw. zu pflegen?
In Vorarlberg gab es vor kurzem den Fall, dass ein Baby ein Medikament um 2 Mio. EUR brauchte, um zu überleben. Das Medikament – es handelt sich um das teuerste der Welt – wurde von der Krankenasse nicht bewilligt! Wohlgemerkt handelte es sich hier um ein junges Leben, das noch alles vor sich hatte, und nicht um einen hochbetagten Menschen. Hier sind uns 2 Mio. EUR offensichtlich zu viel.
Noch gar nicht in die Berechnung eingeflossen ist die Frage, wie hoch die Kollateralschäden durch den Lockdown sind und noch sein werden. Das Potential ist gewaltig und reicht von Suiziden während des Lockdowns über Kinder, die in Quarantäne Gewalt erleben bis hin zu psychischen Folgen sowie gesundheitlichem und gesellschaftlichem Verfall, Suchtmittelmißbrauch, hervorgerufen durch die jetzt folgende wirtschaftliche Misere.
Wahrscheinlich wäre es am vernünftigsten einen Kompromiss zu schließen, indem man den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Schaden möglichst gering hält, aber auch eine vollkommen unkontrollierte Ausbreitung verhindert.
Es ist kein Zynismus, wenn man zugibt, dass das mit Risiko verbunden ist und dass es deshalb zwangsläufig Todesfälle geben wird. Es ist völlig normal diese Entscheidung zu treffen, da wir das bisher – wenngleich auch nicht allzu explizit – in unserer Gesellschaft genau so gehandhabt haben.
Corona scheint jedoch alles umgedreht zu haben. Kein Preis ist auf einmal zu hoch. Natürlich, alles was man mit der Lupe betrachtet, erscheint auf einmal groß.
Wichtig wäre eine Rückkehr zur Vernunft. Einen Null-Risiko-Ansatz so wie ihn die Regierung derzeit fährt, gibt es in der Realität nicht, da jede Maßnahme negative Folgen mit sich bringt, die von den Machthabenden aber leider vollkommen ignoriert werden.
Null auf einer Seite (i.e. null Infizierte) kann unendlich auf der anderen Seite bedeuten. Und den Preis des Lebens haben unsere Krankenkassen schon lange festgelegt, selbst wenn sie es uns nicht offen sagen wollen!
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