Der Chef des deutschen Inlandsgeheimdiensts durfte in Sachen Chemnitz öffentlich die Wahrheit sagen, weswegen er politisch untragbar wurde. Maaßen tut jetzt, was von Anfang an geplant war: Er tritt auf eine Art zurück, die es “seinem” Minister ermöglichen soll, den Absturz der CSU bei der kommenden Bayern-Wahl in Grenzen zu halten. Aber auch Mutti & die SPD dürfen sich auf die Brust trommeln. Nett eingetütet.
Die Wahrheit kann, sparsam eingesetzt, eine furchtbare Waffe sein – und das weiß auch die deutsche politische Klasse, Horst Seehofer inklusive.
Auf dieser Basis hat man rund um um die Ereignisse von Chemnitz eine Tragikomödie inszeniert, die höchste Arbeitsteilung & Präzision erfordert; ein melodramatisches, stark stilisiertes Tanz-Drama in der Tradition des japanischen Kabuki, bei dem – anders als beim echten Kabuki – die politschen Akteure jeweils für ein separates Publikum spielen.
Die Kunstform wird auch in Österreich gepflegt, beispielsweise bei der jüngsten Debatte um den “12-Stundentag” oder bei der um die sechste Urlaubswoche, wie z.B. hier und hier geschildert.
Begonnen hat das Stück mit einer irrealen, von jeder Empirie entkoppelten Lesart der Ereignisse in Chemnitz, bei der selbst dem vom Medien-Mainstream informierten Michel die Zweifel aufgestiegen sind.
Das ermöglichte dem BfV-Präsidenten sozusagen die Rolle des Kindes im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern zu spielen und zu rufen:
Der hat ja gar nichts an!”
Warum Hans Georg ehrlich war
Nun ist es nicht die Aufgabe des Verfassungschutz-Präsidenten, bei jeder Gelegenheit die Wahrheit zu sagen – selbst wenn ihm HUMINT laufend berichten sollte, dass der Kaiser tatsächlich nackt durch die Gegend schreitet.
Nein, der Spitzenbeamte hat diesmal die Wahrheit gesagt, weil er das tun sollte.
Hans Georg Maaßen gab ein Bild-Interview, nachdem er grünes Licht von seinem Ressortchef erhalten hatte, der sich diesbezüglich mit der Merkel koordiniert hat.
Es ist unsinnig zu glauben, dass ein Ober-Geheimdienstler einfach so an die Öffentlichkeit tritt – etwa weil ihn ein Journo gerade gefragt hat oder gar, “weil er eine ehrliche Haut ist”.
Nicht einmal Flankenschutz für Ministerpräsidenten etc. gehört zu seinen Obliegenheiten.
Klar ist auch, dass Maaßen antizipieren musste, was er mit seinen Aussagen auslösen würde. Hätte er das nicht getan, wäre er ein politisch weltfremder Vollidiot (und damit erst gar nicht ins Amt berufen worden).
Also: M. hat beim Kabuki seine Rolle gespielt und das ist ihm nicht extra erschwert worden, weil er ja z.B. nicht lügen musste.
Ihm war klar, dass er danach politisch nicht mehr auf seinem Posten haltbar war, aber auch, dass er von Drehhofer aufgefangen werden würde und dass er als Staatssekretär 3.000 Euro mehr verdienen würde – Danke DT.
Horsti jedenfalls kann jetzt so tun, als würde er den ehrlichen Hans Georg vor dem “linken Mob” schützen und darauf hoffen, damit ein totales Debakel seiner CSU in Bayern abzuwenden.
Und die Berliner Mutti sowie die Koalitionspartner von der SPD geben für ihr Publikum die aufrechten Antifaschisten und können allgemein den Schein erwecken, dass sie nicht unter fortgeschrtittenem pathologischem Realitätsverlust litten.
Win-win-win.
Glauben sie.
Bild: Kiedd 07 at ms.wikipedia [Public domain] & Sandro Halank via Wikimedia Commons
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