Das Klima ist ein nicht vorhersagbares, chaotisches System, in dem atmosphärisches Kohlendioxid auch eine Rolle spielt. Es verändert sich ständig und hat das im Lauf der Erdgeschichte immer wieder auch abrupt und ohne menschliches Zutun getan. “Das Klima ist wie ein Betrunkener, der lange ruhig dasitzen kann, der aber herumzustolpern beginnt, sobald er aufsteht”, sagt ein Paläoklimatologe.
“Eine Achterbahnfahrt auf den Schienen der Erdumlaufbahn, bei der ein Heinrich-Bond-Bungeejumping mit gleichzeitigem Dansgaard-Oeschger-Jo-Jo stattfindet.” Richard B. Alley, Klimaforscher
Die Schwierigkeit, in einem nicht-wissenschaftlichen Blog über das Thema zu schreiben, besteht darin, dass es so komplex ist, dass oft auch Wissenschaftler, die sich ein Berufsleben lang damit beschäftigt haben, zugeben, dass sie ratlos sind. Ein Teil von diesen hat sich der Kampagne zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes angeschlossen und das ist nicht nur auf sozialen Druck zurückzuführen.
Die meisten sind wohl wirklich überzeugt, dass der CO2-Austoß zur aktuellen Erderwärmung beiträgt, hüten sich aber davor, dieen Faktor zu quantifizieren. Es könnten 100, aber auch 10 Prozent sein. Schließlich gibt es auch viele andere Faktoren und mächtige Treibhausgase wie Wasserdampf und Methan, dessen Konzentration in der Atmosphäre sich seit Beginn der Industrialisierung verdoppelt hat. Der CO2-Anteil ist derweil “nur” um 50 Prozent gestiegen.
Der politische Takt, der zum allgegenwärtigen Kohlendioxid-Lied geschlagen wird, wird von einer UNO-Organisation, dem Weltklimarat, und ein paar wissenschaftlichen Wortführern vorgegeben. Die CO2-Warmisten haben auf Basis undurchschaubarer Modellrechnungen die Parole ausgegeben, dass die durch den Menschen erfolgende Verbrennung von Kohlenstoffverbindungen für das kommende Unheil verantwortlich ist.
Das sickert dann durch mehrere politisch-soziale und mediale Filter, die die Ausgangsbotschaft weiter vereinfachen. Die Schlussfolgerung lautet dann meist, dass die Industriegesellschaft aufgegeben werden muss um den Klimawandel in Grenzen zu halten bzw. katastrophische Folgen zu vermeiden.
Das ist eine Ansage, die durch nichts gedeckt ist. Es ist, als würde man einem Kind versprechen: Wenn du brav bist, wird morgen das Wetter schön. Vielleicht gibt das Kind dann eine halbe Stunde lang eine Ruh’, ob es tatsächlich schönes Wetter gibt, steht aber auf einem anderen Blatt.
Belesene Menschen wissen, dass es in Europa eine mittelalterliche Warmperiode und danach eine “Kleine Eiszeit” gegeben hat; dass sich die Wikinger um das Jahr 1000 an der Westküste Grönlands angesiedelt haben und dass die Londoner der frühen Neuzeit auf der Themse Schlittschuh laufen konnten. Grönland war im Mittelalter beinahe so warm wie heute.
Aber davon soll hier nicht die Rede sein. Die mittelalterliche Warmperiode war nicht wirklich warm und die “Kleine Eiszeit” war Lichtjahre von einer echten Eiszeit entfernt.
Wenn die Klimaforscher recht haben, geht der gegenwärtige Anstieg der mittleren Erdtemperatur über die Schwankungen der vergangenen 1000 Jahre hinaus (ist in den vergangenen 15 Jahren aber offenbar zum Stillstand gekommen.)
Speziell die Schmelze am Nordpol scheint sich ungebremst fortzusetzen. Der TV-Konsument kennt sie ja, die Bilder von aufbrechenden grönländischen Gletschern und dem Ertrinkungstod geweihten Eisbären. Diese verfehlen ihren Eindruck auf impressionable Menschen nie. Da geht was vor sich und es gibt nur wenige echte “Klimaleugner” – welch köstlicher Ausdruck ! -, die das für ein rein mediales Phänomen halten. Die großen Fragen sind nur, ob
- “wir” daran schuld sind und ob
- “wir” den Vorgang abstellen können, indem wir “unsere Lebensweise ändern”.
Bei beidem habe ich meine Zweifel, aber das ist nicht mehr als ein Bauchgefühl.
Die Polschmelze, ein alter Hut
Worauf ich mehr Wert lege, ist die Sicht auf das bisherige Erdklima, das ja zu 99,99 Prozent nicht von menschengemachtem CO2 beeinflusst war. Hier zeigt sich: Rasche klimatische und glaziologische Veränderungen, Erwärmung und Abkühlung, hat es immer schon gegeben.
Das beste, bereits in der geologischen Gegenwart spielende Beispiel ist die jüngere Dryaszeit und die darauf folgende Frieslandphase des Präboreal. (Ja, zu diesem Zeitpunkt gab es bereits Menschen, aber die waren mehr mit Jagen und Sammeln als mit Auto fahren beschäftigt )
Zu raschen klimatischen Umstürzen ist es bereits während der Eiszeit gekommen – allein 25 Mal während der letzten (was durch die Eiskerne der nördlichen Hemisphäre dokumentiert ist). Diese Dansgaard-Oeschger events bestanden aus intensiven Erwärmungsphasen, die innerhalb weniger Dekaden stattfanden. Sie gingen in längere Abkühlungsperioden über, die jeweils ein paar Jahrhunderte dauerten.
Auch während des großen Taus zum Ende der letzten Eiszeit ging es schnell. Die großen Eiszeit-Gletscher in den Flusstälern nördlich der Alpen zerschmolzen in Nullkommanichts.
Die jüngere Dryas begann bald danach, vor etwa 13.000 Jahren. Sie brachte einen Kälteeinbruch, sozusagen die Reaktion auf eine intensive Warmperiode. Paradoxerweise dürfte die Abkühlung durch abschmelzende Eisschilde der vorangegangenen Wärmeperiode ausgelöst worden sein.
Es fing mit einer starken Abkühlung binnen nur zehn Jahren an und über einen Zeitraum von nicht einmal 200 Jahren dürfte die mitteleuropäische Durchschnittstemparatur um drei bis vier Grad gesunken sein. Die Menschen wussten nicht, wie ihnen geschah.
Danach ging es noch schneller in die andere Richtung. Während des frühen Holozäns waren der arktische Ozean eisfrei und die Gletscher in Grönland kleiner als heute. Um zu einer noch wärmeren erdgeschichtlichen Periode zu gelangen, muss man bis ins Pleistozän vor 120.000 Jahren zurückgehen, vor die letzte Eiszeit.
Das Erdklima ist einerseits durch lange Ruhephasen gekennzeichnet – wie während der vergangenen 10.000 Jahre; andererseits aber auch von raschen Veränderungen dazwischen. Ein Klimatologe hat dafür folgendes Bild gezeichnet: “Es ist wie ein Betrunkener, der lange ruhig dasitzen kann, der aber herumzustolpern beginnt, sobald er aufsteht.”
Ein Wissenschaftsjournalist namens John Cox hat 2005 ein Büchlein mit dem Titel “Climate Crash” geschrieben, mit dem er einen Paradigmenwechsel einleiten wollte – weg von der Vorstellung, das Kima sei ein langes Kontinuum ohne größere Sprünge.
Dies ist einer seiner Schlüsse:
“Die neue Sichtweise auf ein veränderlicheres Klima birgt die entnervende Entdeckung, dass es im Grund genommen unvorhersagbar ist. Das Klima ist ein chaotisches System wie die Börse. Alle möglichen Dinge gehen aus allen möglichen Gründen vor sich und das auf unterschiedlichsten Zeitskalen.”
Dialektik von Warm-Kalt
Nun, ich bin mir nicht so sicher, ob Cox mit den Aktien das richtige Bild trifft, aber für das Klima klingt mir seine Beschreibung plausibel. Wenn die Mehrheit der Klimaforscher mit ihrer Diagnose recht hat, ist unser Betrunkener soeben aufgestanden – aber ob er in diese oder in die entgegengesetzte Richtung taumelt, ist ungewiss.
Die Erwärmungspropaganda, die wie ein Maschinengewehrfeuer auf uns eindringt, lässt es absurd erscheinen – aber vielleicht ist der hier zitierte “verrückte Professor” gar nicht so verrückt.
Es muss nicht einmal eine echte Eiszeit sein, die da anbricht. Eine reaktive Abkühlungsphase wie die jüngere Dryas würde für die nächsten 1000 Jahre schon “völlig ausreichen”.
Natürlich liegt auch das Gegenteil im Bereich des Möglichen. Tauwetter im bisherigen Permafrost könnte unterirdisches Methanhydrat freisetzen und eine Kettenreaktion auslösen (was m.E. wenig wahrscheinlich ist, weil eine solche schon im Mittleren Pliozän hätte einsetzen müssen – spätestens.)
Oder es passiert gar nix.
Jedenfalls haben auch die Wissenschaftler keine Gewissheit. Und da – so denk ich mir -, wollen sie auf der sicheren Seite sein, damit man ihnen später nicht nachsagen kann, sie hätten nicht gewarnt. Der CO2-Ausstoß durch die Verbrennung von Kohle und Erdöl ist ja unbestreitbar und der Treibhauseffekt wird auch von den meisten Klimaskeptikern anerkannt.
Was liegt in einer solchen Situation näher als “Stoppt die fossile Energie !” zu rufen ?
Das Problematische dieses Weckrufs sind nur die “Nebenwirkungen” des Ausstiegs. Ohne einen Nettoenergiefaktor von 12 bis 15, sagt Charles Hall, keine moderne Zivilisation. Die Erneuerbaren sind in Sachen Nettoenergie jedenfalls nicht besonders überzeugend. Bisher.
Das Ganze erinnert an einen schweren operativen Eingriff in einen alten Menschen. Dieser ist zwar theoretisch lebensverlängernd, aber der Organismus ist bereits so schwach, dass der Patient während der OP stirbt: mors in tabula.Unsere Zivilisation wäre nicht die erste, die an Energiearmut zugrundegeht.
Literatur:
Donald Rapp, Ice Ages and Interglacials, 2012.
The Arctic in the anthropocene, 2014,
John Cox, Climate Crash, 2005,
Richard B. Alley, The Two-Mile Time Machine, 2000
Foto: NASA, Christy Hansen, Wikimedia Commons
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