Dem Fördermaximum bei Erdöl, haftet das Odium einer widerlegten Theorie an. Speziell “rechten” Freunden wirtschaftlicher Freiheit, unternehmerischer Initiative und technologischen Fortschritts ist Peak Oil ein Dorn im Auge, auch weil es bei den Ton angebenden linken Zivilisationskritikern im Westen mit einer hanebüchenen Klima-Theorie vermengt wird. Die Haltung erinnert an  einen alten Mann, der je älter er wird, immer stärker überzeugt ist, dass er nicht sterben wird, weil das noch nie stattgefunden hat (was ein empirisches Faktum ist).

Dieses Posting beschäftigt sich mit einem Teil dieses Videos von Horst Lüning und dessen bereits vor sieben Jahren publiziertem Vorläufer-Youtube, das sich ausschließlich Peak Oil widmet (dem Anspruch nach).

Der Mann, der nach Ansicht dieses Bloggers in seiner Kritik am herrschenden CO2-Warmismus weitgehend richtig liegt, fasst die PO-Theorie als Untergattung staatswirtschaftlicher Ideologeme auf, mit denen sozialistische Ziele verfolgt würden.

Dabei befleißigt er sich u.a. des Demontierens von Strohmann-Argumenten, die von ernst zu nehmenden PO-Theoretikern so nie vorgebracht wurden und übt sich in kritikloser Übernahme von fragwürdigen Grafiken und Statistiken.

Lünings Argumentation mag nicht das Beste sein, was wirtschaftsliberale Cornucopians vorzubringen haben, aber sie ist ziemlich typisch und wird hier thematisiert, weil Lünings Beobachtungen es üblicherweise wert sind beachtet zu werden.

Hier eine kurze Zusammenfassung seiner Haupt-Argumente:

• Die Weltförderung von Erdöl ist bis zur ersten Ölkrise 1973 exponenziell angestiegen, tut das seit der zweiten Krise aber nur mehr linear (weil vermehrt auch andere Treibstoffe eingesetzt werden). Nach der Krise von 2008/09 wurde dieses Wachstum fortgesetzt. “Man kann deutlich sehen, Peak Oil ist nicht erreicht, es geht linear weiter und eine Abschwächung ist nicht in Sicht.”  Zur Bebilderung wird ein Chart eingeblendet (Lyssenkoismus, 14:55).
• Öl-Reserven, behauptet Lüning, würden “wie verrückt gefunden” und wüchsen laufend. Beispiel dafür sei das Tiefsee-Öl, das bei Bedarf künftig schon noch gefördert werden würde.
• Der Video-Blogger verschwurbelt PO mit angeblich oder wirklich ähnlichen Perspektiven wie jener des Club of Rome, die in wieder anderen Fällen eine eindeutig sozialistisch-staatswirtschaftliche Handschrift trügen – zum Beispiel bei der Theorie der abiotischen Erdölentstehung, bei der Lüning hin- und hergerissen zu sein scheint: Einerseits wurde diese in der verblichenen Sowjetunion geboren, andererseits böte sie aber die wohl einzige Möglichkeit “Peak Oil wirklich schlüssig und nachhaltig abzusagen”.
• Schon in seinem ersten Video äußert er die Überzeugung. “dass Peak Oil vor uns herläuft. Von Jahr zu Jahr werden mehr Ölquellen gefunden, die Reserven steigen.” Erdöl werde “nicht ausgehen”, sondern irgendwann einmal nicht mehr gebraucht, so wie einst Gas für die Straßenbeleuchtung.

Einwände eines Peakoilistas

Weniges davon ist glatt falsch, etliches aber nur halb bzw. in einer verkürzten Sichtweise richtig. Im Einzelnen:

• Die lineare Steigerung der weltweiten Ölförderung in den vergangenen Jahren ist auf Statistik-Definitionen bzw. die Zuwächse bei NGL sowie bei Shale Oil zurückzuführen. Natural Gas Liquids sind kein echtes Öl und Schieferöl ist ein “Strohfeuer” – siehe dazu hier, hier und hier. Die Produktion von Öl im herkömmlichen Sinn stagniert seit 2005 auf hohem Niveau, wozu IMO eine Art “verbissener technologischer Abwehrkampf” beigetragen hat. Ein solches undulating plateau widerspricht auch keiner seriösen PO-Theorie.
• Das ins Treffen geführte Reservewachstum ist ein Phänomen, das sich aus fragwürdigen Verlautbarungen bzw. Klassifizierungen und echten Steigerungen beim Ausbeutungsgrad zu ergeben scheint. Der relevante Zuwachs ist bei weitem nicht so groß wie die aktuelle BP-Statistik auf Seite 14 suggeriert und stellt nicht in Rechnung, ob ein Abbau von Ressourcen, “Oil in Place” etc. mit energetischem Gewinn erfolgen kann.
• Die anderen “Non-Scarcity-Perspektiven” von Lithium bis Seltene Erden bedürften einer Von-Fall-zu-Fall-Beurteilung. Generell scheint jedoch übersehen zu werden, dass Abbau und Verarbeitung nicht substuierbarer Materialien auf konzentrierte Energie angewiesen und Öl und Gas daher Schlüssel-Ressourcen sind.
• Lünings Mutmaßung, dass “Peak Oil vor uns her läuft” dürfte nicht so falsch sein und die Wurzel davon ist der technische Fortschritt in Exploration und Förderung. Problematisch ist aus Sicht dieses Bloggers jedoch die stillschweigende Annahme, dass EOR nachhaltig mit der depletion der Lagerstätten Schritt halten kann. Angeblich beträgt die organische Erschöpfung bzw. der natürliche Produktionsrückgang (“decline”) der konventionellen Felder zwischen 6 und 10 Prozent jährlich. Auch könnte die “symmetrische Gaussche Normalverteilung” der Hubbert-Kurve eine falsche Annahme sein – aber dieser Blogger traut sich dazu kein ernsthaftes Urteil zu. Manche Geologen sind der Ansicht, dass die EUR “nach Hubbert abgearbeitet wird”, andere gehen von einem steileren “Seneca Cliff” aus – keine Ahnung.       

Resümee

Für diesen Blogger entscheidend ist jedenfalls die Erwägung, dass es innerhalb der seit zwei Jahrhunderten bekannten Zivilisation “ohne konzentrierte Energie nicht geht” und dass diese in naher Zukunft über Jahrzehnte hinweg, aber unerbittlich zur Neige geht – ohne dass auch nur ein annähernd adäquater Ersatz zur Verfügung stünde.

Die Atomfusion jedenfalls scheint auf Jahrzehnte, wenn nicht gar ein Jahrhundert nicht absehbar zu sein.

Kollektive “Mitigation” gegen die Energieklemme am Ende des “Fossilen Zeitalters” ist möglich und notwendig – echte Alternativen scheint es jedoch nur auf individueller Ebene zu geben.

Falsche Theorien und Perspektiven wie der CO2-Warmismus und Illusionen über die Leistungsfähigkeit der Energiewende sind für individuelle Überlebensstrategien jedenfalls “wenig hilfreich” oder sogar kontraproduktiv.

Bild: srsroccoreport.com (mit freundlicher Genehmigung), Screenshot Youtube.