Donald Trump, “Antiimperialist”?

Donald_Trump_August_19,_2015_(cropped2)Die Regenbogenpresse liebt ein Grenre, das sie “Geschichten, die das Leben schrieb” nennt. Der Anspruch, der hier für – oft frei erfundene – Storys erhoben wird, lautet: Der Plot ist so bizarr, dass kein noch so fantasiebegabter Schreiberling sich diesen ausdenken könnte.512px-Male_silverback_Gorilla Daran erinnert die Ankündigung des als Kriegstreiber geschmähten US-Präsidenten, aus Syrien (und demnächst Afghanistan) abzuziehen. Der Mann ist entweder viel cleverer als gedacht oder er hat super-kompetente Intelligenzien, die ihn “steuern”. NB zum Neustart nach der Disruption.

“For the past two years, my geopolitical assumption has been that the Trump administration would more or less continue along with the reckless, shortsighted, and disastrous neocon/neoliberal interventionist foreign policy of the past two decades focused on undeclared regime change and proxy wars across the world (…) Moving along, yesterday we learned of a sudden plan to withdraw all U.S. troops from Syria (…) but if it does occur, it will make it increasingly likely that U.S. foreign policy has undergone a massive and monumentally significant shift. A shift away from failed regime change boondoggles in far flung areas of the world Americans don’t care about, to a very major and probably long-lasting confrontation with China itself.” Michael Krieger, Is U.S. Geopolitical Strategy Experiencing a Monumental Shift?

Der shift, von dem Krieger spricht, ist das in diesem Blog immer wieder thematisierte, aber nicht offen kommunzierbare Ziel dem weltumspannenden Imperium der Bushes, Clintons und Obamas Adieu zu sagen und künftig “nur” mehr das machtpolitische Leben einer von drei Weltmächten zu führen.

Das wäre – und ist bis heute – insbesonders der politischen Basis Trumps “nicht zu verkaufen”. Und es harmoniert blendend mit dem Mem seiner Feinde, der Präsident sei ein russischer Spion.

Faktisch aber läuft alles, was der POTUS außen- und wirtschaftspolitisch unternimmt (unterlässt), auf dieses Ziel hinaus. Zum Beispiel

  • die Unterminierung des “Petrodollar”, der die Währungsbasis des US Empires ist (Iran-Sanktionen inklusive),
  • seine offene Abkehr vom Leitmodell einer multilateralen Handelsliberalisierung (siehe u.a. “trade war” mit China) oder
  • die nun eingeleitete “Redimensionierung” des Netzes von weltweit rund 1.000 Militärbasen, speziell jener im Nahen Osten und Europa (der pazisische Raum kommt erst).

Das irritiert Feind und Freund – unter anderem die Eliten der europäischen Vasallenstaaten, die sich (nicht ganz zu Unrecht) Wladimir, dem Schrecklichen ausgeliefert fühlen; aber auch die neokonservativen Freunde der Globalisierung a la americana und/oder des Staates Israel.

Diese Gruppen durften sich unter der Herrschaft der demokratisch-republikanischen Uniparty besser aufgehoben fühlen.

Das ist auch die Wurzel der abgrundtiefen Animosität des republikanisch-demokratischen tiefen Staats gegen Trump. Der 45. Präsident nimmt Abschied vom regime change z.B. in Syrien, nicht aber vom gleichen Ziel in seinem eigenen Land (und EU-Europas) – “draining the swamp”.

Trumps Problem mit den Frenemies

Das ist bei ihm dabeim zutiefst populär (“populistisches Vorgehen”), wirft aber ein grundsätzliches Problem auf, nämlich:

Wie sag’ ich’s meinem Kinde?”

z.B. konservativen Abgeordneten aus dem Mittleren Westen, den zahllosen christlichen Zionisten oder jenen “patriotischen” Generälen, für die Amerika zwar zuerst kommt, die aber gegen angebliche oder wirkliche Hitlers auch in den entlegensten Gegenden zu Feld ziehen wollen.

Aufgeklärte US-Militärs wissen das, selbst wenn sie selbst “Patrioten” sind. Und dass auch sie einen solchen Politikwechsel unmöglich “offen spielen” können

– weswegen sich die Frage stellt, ob der Rücktritt von James “mad dog” Mattis wirklich auf die Missbilligung von Trumps Außenpolitik zurückgeht, oder ob das Teil einer ausgeklügelten Strategie des Tarnen und Täuschens ist.

DJT riskiert, mit dem isolationistischen coming out seine Basis zu verprellen – eröffnet sich aber die Chance, Teile der Linken und der Gewerkschaften für sich zu gewinnen – was beispielsweise in Sachen Freihandel/Protektionismus bereits stattgefunden hat.

Man spricht das in höflicher progressiver Gesellschaft nur nicht offen aus.     :mrgreen:

Wie geht es nun weiter?

Dieser Blogger ist kein Hellseher und er kann auch nicht sicher sagen, ob mit diesem außenpolitischen Kurs die “Falle des Thukydides” – siehe hier und hier – umgangen werden kann.

Er ist sich bauchgefühlsmäßig aber ziemlich sicher, dass ein solcher Politikwechsel, wenn er denn gelingt, nicht so wirken wird, als hätte sich ein Friedensapostel an der Spitze der USA eingenistet.

Es wird und kann auch nicht so aussehen wie z.B. der revolutionäre Defätismus der siegreichen Bolschewisten 1917 ff., als geostrategische Interessen des Vorläufer-Imperiums gezielt missachtet wurden:.

denn der heutige Donald braucht seinen Militärapparat wie einen Bissen Brot und will die nationalstaatlich verstandene geostrategische Position der USA sowieso nicht untergraben – (“Monroe-Doktrin” ).

Es wird eher so erscheinen wie das Verhalten eines afrikanischen Silberrücken-Gorillas, eines “Alpha-Männchens” – siehe hier.

Und die Abkehr vom absoluten Unipolarismus der 1990er wird sich nicht etwa in einen Multi-, sondern in einen Tripolarismus verwandeln.

Bauchgefühlsmäßig.

Literatur: Freunde historischer Tiefenbohrungen  können sich in James Barrs Lords of the Desert darüber informieren, wie die USA über drei Jahrzehnte hinweg in die imperiale Rolle des Vorläufer-Welthegemons im Mittleren Osten hineingewachsen sind.

Nach Barrs Darstellung war dieser Übergang viel konfliktreicher als es nach außen den Anschein hatte – im großen Bild aber, behauptet dieser Blogger, war es ein relativ friedlicher Übergang (blendet man einmal die zum Teil “hausgemachte” Vernichtung Deutschlands aus).

Aus diesem Blickwinkel könnte man davon sprechen, dass in diesem Fall die Thucydides trap sehr wohl umschifft worden ist.

Bild: Wikimedia Commons

Nachbemerkung, 22. Dezember 2018, 13.15 Uhr: Natürlich haben die USA nach der großen Disruption die viel besseren Bedingungen für einen Neustart (im Vergleich zu Europa): Energie (Öl/Gas), natürliche Grenzen (Meere) und weniger Etatismus in den Köpfen der Menschen.

Unabhängiger Journalist

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