Energiewende: 20 Jahre “ökologische” Flussdiagramme

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Cartoon “Sektorkoppelung”, Wikicommons

Niemand sage, vom Renewable-Hype der vergangenen Jahrzehnte habe niemand etwas gehabt. Eine ganze Generation von großen & kleinen Experten, PR-Fuzzis und “Reformpolitikern” hat im Geldregen staatlicher und privater Füllhörner gebadet, die im Namen von Klima & nachhaltiger Energie über ihr ausgeschüttet worden sind (immerhin & völlig ohne Ironie: Versuchen hat man es müssen, und zwar aus energetischen Gründen). Das heutige Problem ist “nur”, dass von den um 2000 bereits bekannten Schicksalsfragen der Wende keine auch nur annähernd zufrieden stellend “gelöst wurde”.

Wer das nicht glaubt, mache sich z.B. die Mühe, sich die 2001 veröffentlichte Ausgabe der MacMillan Encyclopdia of Energy zu besorgen und dort z.B. die Einträge zu “Batteries”, “Storage Technologies”, “Solar Energy” oder “Turbines, Wind” zu lesen,

oder wenigstens nach “energy density” zu suchen (kein eigener Eintrag).

Der Begriff “intermittent” war den Technikern zwar bekannt, wurde aber auch in allen möglichen anderen, “Nicht-Elektrizitäts-Zusammenhängen” verwendet.

Während in diesem Zeitraum zweifellos Fortschritte z.B. in der Akku-Technologie gemacht wurden, die Usern von Laptops, Handys und Akkuschraubern zugute kamen,

sind die Verbesserungen bei der Entwicklung von rasch einsetzbaren, großen und dichten Stromspeichern zur Stabilisierung des Stromnetzes im Fall von Kraftwerksausfällen bzw. Spannungs-Einbrüchen mau bis überhaupt nicht-existent.

Ähnliches gilt für die Traktionsbatterien, die mittlerweile zwar ausreichen 80 kg Mensch von einer U-Bahnstation zur nächsten zu transportieren, nicht aber, heutige Familien-PkW adäquat zu ersetzen (auch kaum deren “Transport-Dienstleistungen” bei längeren Wochenendausflügen)

- um von den Diesel-Trucks, die die Innenstädte mit Lebensnotwendigem versorgen, ganz zu schweigen.

Wer sich für den Diskussionsstand zu “alternativen Antriebstechnologien gestern und heute” interessiert, dem sei zunächst Michael Westbrooks Electric Car empfohlen (am besten die erste Augabe aus dem Jahr 2001).

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Der 2015 verstorbene KfZ-Techniker ging in seinem damaligen Standard-Werk hauptsächlich auf Batterie-Autos ein (reine EVs und Hybride),

widmet aber auch den Brennstoffzellen ein paar Kapitel.

Der Autor gab sich 2001 überzeugt, dass die Zukunft v.a. im städtischen Verkehr leichten Autos mit “erschwinglichem Li-Io-Antriebsstrang” gehöre (nur einer von vier imaginierten Zukunftstypen des Jahres 2025 bewegt sich mit einer fuel cell).

Westbrook verwies dabei auf die (damals) rezenten Fortschritte in der Batterietechnologie (Lithium-Ionen).

Nun haben sich – abgesehen von laufenden “inkrementellen Verbesserungen” – auf diesem Gebiet bisher keine (weiteren) nennenswerten “technologischen Durchbrüche” ereignet

- und die Energiedichte ist bei heutigen Teslas zwar größer als damals, aber noch immer “Lichtjahre” von konventionellen ICE-Powertrains entfernt, siehe z.B. hier.

Das Stromspeicher-Desaster

Vereinfacht ausgedrückt: Die angeblich so umweltfreundlichen Auto-Batterien sind weder “grün”, noch sonstwie “nachhaltig”,

noch taugen sie als “Plattform der (bisher bekannten) individuellen Massenmobilität”.

Wenn überhaupt, dann sind Traktionsbatterien in absehbarer Zukunft kaufkräftigeren Individuen bzw. Familien vorbehalten.

Auf Mittelstrecken düften EVs das “höchste der Gefühle” sein (unter optimalen Umwelt- und logistischen Bedingungen: Umgebungstemperatur, schnelle bzw. planbare Auflademöglichkeiten, guter Fahrbahnzustand, ebene Strecke, etc.).

Trotzdem folgen heute praktisch alle der “Tesla-Fata Morgana”, inklusive der Politicos

(T. wird hier nicht als Markenname, sondern als “generischer Begriff” verwendet, vergleichbar etwa mit “Uhu”/Klebstoff).

Elon Musk mag das zu Nutz und Frommen des eigenen Börserls tun,

andere dagegen werden “nur” ihren Wunschvorstellungen aus Kindertagen Ausdruck geben oder aber

wie seit zwei Jahrzehnten mit irrealen fixen Ideen hausieren gehen und selbst bei besserer Einsicht nicht mehr zurück können.

Aber nicht nur Science Fiction-Fans wie du & ich oder Politicos, auch “Experten” an Hoch- und Fachhochschulen stoßen in die miteinander verbundenen Hörner von Energiewende & Elektromobilität

(die derlei oft zu “Lebens-/Karrierethemen” gemacht und die daher wohl wieder eine andere Motivationslage haben, ahem).

Die “Wissenschaftler”

Beispielhaft für diesen Typus seien Thomas Göllinger aus Konstanz und Andreas Luczak aus Kiel genannt, die beide kürzlich über die deutsche Energiewende publiziert haben (publizieren),

siehe hier und hier (was der Hauptgrund ist “to single them out”).

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Göllinger schreibt in einem bekannten Wissenschaftsverlag einen kurzen Text über die “Essentials” der teutonischen Energiewende (was als “up to date bzw. Stand der Diskussion” zu betrachten ist)

und der Autor der FH Kiel verschafft den Lesern einen Überblick mit dem Untertitel “Fakten, Mythen & Irrsinn”.

Göllinger gibt sich sachlich und temperiert-kritisch (“unterkomplexe Steuerung”), Luczak hingegen formuliert griffiger und  erweckt auf den ersten Blick den Anschein eines prinzipiellen Kritikers (der er nicht ist).

Göllingers Text ist IMHO eine praktische Zusammenfassung der zeitgenössischen “wissenschaftlichen Diskurse” zur Energiewende oder “bösartiger” ausgedrückt: des scheinwissenschaftlichen Geschwafels über diese,

das durch unzugängliche Fachsprache gegen Verständnis/Kritik von außen abgedichtet wird.

Aber immerhin – wer versteht, was “Sektorkoppelung” bedeutet, kann ermessen, dass und in welcher Hinsicht es

Probleme mit ebendieser gibt und er/sie ist ferner imstande zu begreifen (und zu wiederholen), dass jetzt die Sektoren Raumwärme und Mobilität in den Sektor Stromerzeugung integriert werden sollen

(dass Letztere heute grad ein Viertel des Endenergieverbrauchs ausmacht, erfährt man nicht direkt – aber immerhin, dass die “Wärmewende der Stromwende hinterher hinkt”, wie auch die Mobilitätswende!).

Natürlich wird auch nicht genauer auf den angeblichen Erfolg der Stromwende eingegangen, der im Wesentlichen aus einer wilden Mischung aus Hyper-Förderung, Dekreten und eigentümlicher Statistikführung entstanden ist

- was einige dazu verleiten könnte, an dem ganzen Konzept irre zu werden (was ja nicht gewollt wird).

Göllingers norddeutscher Kollege Luczak hat von “Ineffizienz pur” bis zu “steuerlichen Fehlanreizen” eine Menge auszusetzen, pocht aber unbeirrt auf die Wende-Notwendigkeit wg. Klima (auch wenn er deren Umsetzungschancen mittlerweile für gering hält).

“Das Klima”, meint er, hätte die Energiewende zwar bitter nötig. aber leider seien “wir alle” ja Klima(wandel)leugner.

Das ist eine Verballhornung der Ansichten diverser sogenannter Skeptiker, die auf einen nur kleineren Teil dieser Leute zutreffen mag, die übrigens hauptsächlich in den USA sitzen.

Dieser Blogger aus Mitteleuropa jedenfalls kennt niemanden, der den Wandel oder gar das Klima höchstselbst leugnet – sondern nur welche, die es leid sind,

dass unter Berufung auf “die Wissenschaft” der Einfluss der Sonne auf das Erdklima “geleugnet wird”.

“Experten”, die angelegentlich drauf vergessen, dass Pkw in Deutschland ca. 200 und ganz Deutschland vielleicht 700 – 800 Megatonnen (von jährlich 50.000 Mt CO2) ausstößt und die gleichzeitig so tun, als wäre die (deutsche) Energiewende für das Weltklima von epochaler Bedeutung

haben jedenfalls jede Glaubwürdigkeit verspielt – selbst bei Hr. und Fr. Strunzdumm.

Thomas Göllinger, Energiewende in Deutschland. Plurale ökonomische Perspektiven. 2021

Andreas Luczak, Deutschlands Energiewende, Fakten, Mythen und Irrsinn. Wie schwer es wirklich ist, unsere Klimaziele zu erreichen. 2021

Bild: Mwelwa Musonko, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

Unabhängiger Journalist

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