Europas Energiemisere auf einen Blick – Chart des Tages

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Quelle: Energy Matters

Europa, von Haus aus nie besonders reich mit Ressourcen gesegnet, hat sich durch Tagträumerei weiter ins Eck getrieben. Ein Chart, das in diesem Blog erschienen ist, zeigt es: Die EU muss mehr als 50% ihrer Energie importieren, während die USA faktisch energieautark geworden sind. NB zum Morgenthau-Plan.

Vorerst wenigstens, so lang es ihnen gelingt, ihren verlustträchtigen Shale-Buckel am Schrumpfen zu hindern und Konsumenten/Wirtschaft davon abzuhalten mehr Energie zu verbrauchen.

In einem früheren Posting hat Euan Mearns erläutert, wie den Staaten die in der unteren Linie dargestellte, beeindruckende Kehrtwende gelungen (bzw. passiert) ist. Der erste Teil der Story besteht aus einem Nachfrageeinbruch in den Jahren 2008/09, der danach in eine stagnierende, flache “Kurve” übergegangen ist.

Der zweite Teil ist die mirakulöse Shale-Revolution, die zwar ein instabiles statistisches Artefakt ist (38 Prozent weniger jährliche Produktion ohne neue wells), die derzeit aber die Zahlen für eine beeindruckende Produktionssteigerung liefert.

Die USA mussten 2015 nur mehr 10 Prozent des Verbrauchs einführen und wenn man die Netto-Lieferungen Mexikos, vor allem aber Kanadas nicht als Importe wertet, ist die US-Energieautarkie bereits Realität.

Der dicht besiedelte alte Kontinent hatte von Beginn weg schlechtere Startbedingungen.

Die Erzeugung von Primärenergie pro Kopf ist nur etwa ein Fünftel so groß wie jene in den USA. Das ist einerseits auf die Bevölkerungszahl und andererseits auf den Umstand zurückzuführen, dass es (mit einer Ausnahme) keine nennenswerten Öl- und Gasvorkommen gibt und die eigene Kohleproduktion noch rascher abbnimmt als das Nordseeöl.

Die positive Seite ist, dass die Europäer um einiges sparsamer und effizienter mit Energie umgehen (müssen) als die Amerikaner.

Hier ist der Chart, den Euan von der europäischen Primärenergieproduktion der vergangenen 34 Jahre gezeichnet hat:

euprimaryproductionDie Erneuerbaren haben bisher lediglich geholfen, die Produktion einigermaßen flach zu halten, aber es ist zweifelhaft, ob das noch ein, zwei Jahrzehnte aufrecht erhalten werden kann.

Ein Abbau der Abhängigkeit vom Ausland ist außer Reichweite – ohne signifikanten technologischen Durchbruch jedenfalls.

All das bedeutet,

1.) dass die Entwicklung in den USA zuerst als “Vorbereitung” auf das Ende des Petrodollars zu sehen ist, eher als auf einen Abschwung in der Produktion fossiler Brennstoffe (das mag auch eine Rolle gespielt haben, etwa durch die Überwälzung von Verlusten/Kosten privater Förderfirmen auf die Allgemeinheit).

Europa braucht internationalen Energiemarkt

2.) dass die EU-Staaten erst recht nichts zu verschenken haben, auch nicht in Form gut gemeinter Experimente, die (fast) nichts zur Energiebilanz beitragen.

Ohne mit dem Energiesparen aufzuhören, sollte es erwägen, einen Teil jener Mittel, die es für eine Transformation ohne Resultate ausgibt, in Forschungsprojekte mit realistischen Erfolgsaussichten und einem akzeptablen Zeithorizont zu stecken.

Bis es so weit ist, bis sich diese Projekte also in der wirklichen Welt in lieferbarer Energie manifestiert haben, muss der Zugang zu fossilen Energieträgern, sowie, notgedrungen, zu Nuklearenergie (Spaltung) erhalten bleiben.

Wer den 500 Millionen Europäern den Weg zu Kohle, Gas und, ja, auch Erdöl versperren will, hat mit ihnen etwas Ähnliches vor wie seinerzeit Henry Morgenthau mit den Deutschen.

3.) dass Europa an der Beibehaltung eines internationalen Markts interessiert sein muss, der ihm erlaubt, die benötigte Energie einzukaufen – aber auch um jene “Devisen” zu verdienen, die es für deren Erwerb benötigt.

Dies wird möglicherweise bereits in einer Post-Dollar-Welt passieren, in der sich die USA aus ihrem protection racket gegenüber den mittelöstlichen Ölstaaten zurückgezogen haben.

Wes Art diese künftigen Öldevisen sein werden und wer dann auf welche Weise für Rechtssicherheit sorgt, sind wichtige Fragen – die aber weit über dieses Posting hinausgehen.

Nachbemerkung, 28.10., 13.15 Uhr: Ich bin für eine nicht-propagandistische, nüchterne historische Beurteilung des Morgenthau-Plans!

Vorsicht sollte man dann aber auch gegenüber der nach dem Krieg entstandenen Gegenpropaganda walten lassen. Es ist keine Frage, dass dem Plan das Zukunftsmodell eines politisch kontrollierbaren, nicht-industriellen Deutschland zugrunde liegt.

Unabhängiger Journalist

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