Viele Leute sind sich dessen, was sie in der Schule hören, ganz sicher. Sie vermeiden es jedoch, ihre Gewissheiten auf die Probe zu stellen bzw. diesen nachzurecherchieren (die Mittel dafür hätten die meisten). Ich will diese Trägheit nicht befördern, muss zu zwei Aspekten aber “nachliefern”. Dabei handelt es sich um die Aussage, dass die EU-28 einer “einseitigen Klimaschutzpolitik” huldige, “die außerhalb Europas sonst fast niemand mitmacht” sowie die Titulierung regierender Berufspolitiker als “Gesindel”. NB zur historischen Rolle der fossilen Energien.
Die Aussage zum europäischen Sonderweg in der Klima- und Energiepolitik müsste schärfer gefasst eigentlich lauten:
Außerhalb der EU-28 gibt es keinen Staat/Staatenblock, der/die sich im Rahmen der Selbstverpflichtungen zum Pariser Abkommen zu vergleichbaren, verifizierbaren und rechtlich bindenden Emissionskürzungen verpflichtet hat. Echte Ausnahmen zu dieser Regel sind etwa Japan und Kanada.”
Details zu diesem Thema finden sich in früheren Postungs dieses Blogs, die man zum Beispiel findet, wenn man in die Suchfunktion “INDC” eingibt.
Kurz gesagt haben sich die EU und halbes Dutzend weiterer Industrieländer mit Ausnahme der USA in Paris zu meist substanziellen Reduktionen ihrer “Treibhausgase” verpflichtet.
Zusammen verursacht diese Gruppe aber nicht mehr als 16 bis 19 Prozent der weltweiten Emissionen.
Hier eine Auswahl der wichtigsten Länder:
CO2 in Kt (2015) | % int. Emissionen (2015) | |
EU-28 | 3.469.671 | 9,6% |
Japan | 1.252.890 | 3,5% |
Kanda | 0.555.491 | 1,5% |
Australien | 0.446.348 | 1,2% |
15,8% |
Zu dieser Liste können noch einzelne mittlere Emittenten von der Größe Kanadas oder Australiens dazukommen – etwa Südkorea.
Das lässt sich für diesen Blogger freilich nicht mit Sicherheit bestimmen, weil die Selbstverpflichtungserklärungen potenzieller Kandidaten mit “Mätzchen arbeiten”, wie ein Sportreporter vielleicht sagen würde (indem z.B. “Business as usual” für das Jahr 2030 als Basis genommen wird).
Weiters gibt es “unechte Ausnahmen”, deren INDC auf den ersten Blick beeindruckend aussieht – auf den zweiten freilich oft nicht so sehr.
Solche Länder beziehen manchmal “andere Rechnungsweisen” ein – beispielsweise Brasilien.
Brasilia hat sich verpflichtet, den CO2-Ausstoß bis 2025 um beeindruckende 37 Prozent zu senken – allerdings unter Einbeziehung seiner natürlichen Senken (Amazonas-Urwälder).
Auf diese Weise lässt sich einiges über Landnutzungs- und Forstmanagement bewerkstelligen – was von unabhängiger Seite nur schwer zu verifizieren ist.
Noch krasser ist der Fall der Russischen Föderation, die 75 Prozent der GHG-Emissionen von 1990 erreichen und sich dabei ihre CO2-Senken (Wälder) anrechnen lassen will (1990 war übrigens das Jahr vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion, ein Spitzenjahr in Sachen CO2-Ausstoß).
Und die Volksrepublik China, der weltgrößte Emittent, hat sich, wie bekannt, nicht zu einer GHG-Senkung vor 2030 verpflichtet.
Die USA wiederum haben sich aus dem Pariser Übereinkommen zurückgezogen bzw. sind in den “entscheidenden Details” nie dabei gewesen.
***
Der Verdacht, dass es sich bei den “EU-Führern” in den Hauptstädten sowie in Brüssel um Gesindel handelt, liegt in etlichen Politikfeldern nahe.
Allerdings wird außerhalb der “Klimapolitik” nirgendwo vergleichbar deutlich, wie Spitzenvertreter eines politischen Verbandes zum Nachteil “ihrer eigenen Basis” agieren.
- Während seit Dezember 2015 auf dem Tisch lag, dasss sich weder China noch die “Entwicklungsländer” an CO2-Kürzungen beteiligen würden und gleichzeitig
- höchste Skepsis bezüglich der Umsetzung des Obama-INDCs hätte herrschen müssen,
- begannen die EU-Kommission und ihre Handlanger die in Paris zugesagten Reduzierungen im Eilzugstempo umzusetzen (“burden sharing” vom Juli 2016).
Augenfälliger kann Agieren zum Nachteil der eigenen Seite wohl nicht gemacht werden.
Ohne Rücksicht auf das Verhalten der Verursacher von 90 Prozent der Emissionen wurden den Verursachern von 10 Prozent davon, den europäischen Gesellschaften, drastische, wirtschafts- und sozialschädliche Restriktionen diktiert.
Für Leute, die sich an einem derartigen Vorgehen beteiligen, ist der Ausdruck “Gesindel” ein eher neutraler, zurückhaltender Begriff.
Nachbemerkung, 24.11., 5.30 Uhr: Ich sage nicht, dass das Entstehen unserer “industrialisierten Welt” ausschließlich auf Einsatz von dichten, leicht einsetzbaren “fossilen Energiequellen” zurückgeht.
Ich sage, dass der Einsatz von Kohle, Öl und Gas im Rahmen dieses Prozesses ein wesentliches Element war.
Wissen und Innovation waren andere, nicht immer mit den historischen “neuen Energien” verbundene Faktorem.
Aber Kohle, Öl und Gas waren und sind wesentlich, auch für den “Massenwohlstand des Westens”.
Das sagten Generationen von Wirtschaftshistorikern und sagen heute Leute wie Alex Epstein.
Das heißt freilich nicht, dass deren Annahme korrekt ist, dass Extraktion und biophysische Produktion mit der Erschöpfung der Ressourcen Schritt halten könnten.
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