Das Verwirrspiel um nicht gedecktes Papiergold steht mal wieder vor dem Ende der regulären Spielzeit und die große Frage ist, ob sich erneut “Investoren” finden, die bereit sind ein hohes Risiko einzugehen um das Match zu verlängern; wie 2015/16, als gut 70 Tonnen zusammengekratzt werden konnten, um eine “pleitegefährdete” Börse wieder flottzumachen. Das Gold ist mittlerweile verbraten und neue Trottel (“suckers”) werden gesucht.
Dieser Blogger fragte damals: “Ist COMEX endlich am Ende? Oder ist’s wieder falscher Alarm?” und wie sich in den darauf folgenden Monaten herausstellte, war die Warenterminbörse noch nicht am Ende.
In einem beispiellosen Zwischenspurt gelang es ihr, etwa 2,4 Millionen Unzen physisches Gold zu mobilisieren, mit denen sie Trader bedienen konnte, die ihre Futures ausgeliefert haben wollten.
Doch die Herrlichkeit währte nicht lange.
Die im Herbst 2016 erreichten 75 Tonnen registered sind bis jetzt, Ende 2018, wieder auf 129.000 Unzen oder vier Tonnen zusammengeschnurrt – was bedeutet, dass der Anschein wohl nicht mehr allzulange aufrechterhalten werden kann;
vorausgesetzt, es finden sich nicht wieder nette Menschen, die ihre Barren (oder die ihrer Kunden) für physical delivery zur Verfügung stellen.
Bisher, kann immerhin geltend gemacht werden, ist’s noch immer gut gegangen (wie auch Wile E., der Koyote zu sagen pflegt, unmittelbar nachdem er über die Klippe gerannt ist).
Um augenfällig zu machen was ich meine, stelle ich hier einen (von mir “bearbeiteten”) screenshot ein, der von der einschlägig spezialisierten Seite www.24hgold.com stammt (ich habe zwar gewisse juristische Bedenken, glaube aber, dass die Grafik für die Erklärung des Sachverhalts notwendig und das Risiko wert ist).
Es handelt sich um einen interaktiven Chart zu den Beständen von registered gold in den von der COMEX approbierten Lagern. Die auf der Y-Achse eingetragene Einheit sind Unzen.
Im Frühjahr 2013 lässt sich sehr schön erkennen, wie der Lagerstand nach “mysteriösen” massiven Leerverkäufen von 3 Millionen auf etwa 500.000 absackt. Nach einem ersten, kleineren “Zwischenspurt” bis Mitte 2014 ging’s wieder steil bergab.
Dieser Blogger, der schon im September 2015 (bei 5 Tonnen) über den drohenden delivery failure schrieb, war ein wenig früh dran.
Der eigentliche Tief-(und Wende-)Punkt trat erst im folgenden Jänner bei 2,3 Tonnen (74.000 Unzen) ein.
Ab da wurde die Rapid-Viertelstunde eingeklatscht, die den Wert bis Oktober 2016 auf fast 2,5 Millionen pushte.
Wahrlich gewaltig. Dies war ein Lagerstand, der jenem in den Jahren vor dem takedown des Goldpreises entsprach.
Dass 75 Tonnen physisches Gold seither “verschwunden” sind, ist freilich nicht die ganze Wahrheit.
Kleinere Zwischen-Galopps beispielsweise im November/Dezember 2017 schwemmten jeweils ein paar hundertausend Oz registered ins Kontor, sodass man von rund 90 Tonnen Physischem ausgehen darf, die seit Ende 2016 abgeflossen sind.
Diese meine Geschichte lässt sich nicht zu 100 Prozent, “gerichtsfest beweisen”, weil die offiziellen Daten, die die Comex einmal pro Tag verlautbart, von Firmen- und Bankgeheimnissen sozusagen umstellt und neugierigen Blicken entzogen sind.
So lässt sich z.B. nicht völlig zweifelsfrei behaupten, dass das verschwundene registrierte Gold dem Comex-System ganz entzogen, also tatsächlich ausgeliefert wurde.
Das liegt auch an den sich nur den Fachleuten erschließenden komplizierten Regeln des Systems.
Theoretisch könnte via Lagerempfangsschein (warehouse receipt) “ausgeliefertes” Gold im Comex-approbierten Lager verbleiben und in die Kategorie “eligible” wechseln (bis es wieder über die Warenterminbörse verkauft wird) – zu den Regeln siehe z.B. hier.
Es ist freilich ziemlich unwahrscheinlich, dass das in großem Stil passiert ist – u.a. deswegen, weil die Zahl der in approbierten Lagern gehaltenen Unzen dieser Kategorie grosso modo unverändert geblieben ist.
Der weitaus überwiegende Teil des “verschwundenen” registered ist wohl ausgeliefert und irgendwohin verschifft worden.
Genauer kann man das nicht sagen, weil die angedockten Lagerhäuser “private Entitäten” sind, die keine Veröffentlichungspflichten haben wie die Warenbörse.
Nur dann, wenn alle approbierten Goldlagerstätten (wahrheitsgemäß) Auskunft gäben, welche von der COMEX erfassten registered-Bestände wirklich physisch ausgeliefert wurden, ließe sich eine Differenz von “Δ registered” und “physisch tatsächlich ausgefolgt” errechnen.
Mal sehen, wie’s weitergeht.
Vielleicht lässt sich die Blutung ja auch mit guten alten Hausmitteln wie Einschüchterung&Drohung stoppen (“Wie geht’s der Frau und den Kindern?”).
Bild: Agnico-Eagle via Wikimedia Commons
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