Das Florettfechten um die Blockade eines Dekrets des neuen amerikanischen Präsidenten geht weiter. Die Regierung Trump ist geradezu demonstrativ bemüht, die rechtsstaatliche Form zu wahren und dem Gerichtsweg seinen Gang zu lassen. Sie hat ein als besonders “liberal” geltendes Berufungsgericht angerufen, die einstweilige Verfügung des Bezirksgerichts in Seattle aufzuheben. Rechtsstaat, demonstrativ legalistisches, chevalreskes Handeln gar? NB zur Strategie der full compliance. NB II zur erwarteten Berufungsentscheidung.
Ein weiterer Punkt ist die Ankündigung des Heimatschutzministerium vom Samstag, das erklärt hat, den Gerichts-Entscheid zu respektieren und die vorherige Aberkennung von 60.000 bestehenden Visa rückgängig machen zu wollen.
Das war eine umgehende Reaktion und die Erklärung, voll mit der Verfügung aus Seattle “kooperieren” zu wollen. Vergleichbar hat das State Department reagiert.
Eine solche super-penible rechtsstatliche Strategie steht in auffälligem Gegensatz zu den Aufforderungen zu einem Militärputsch gegen den neuen Präsidenten, bis nach Europa reichenden, offenkundig wunschgetriebenen Spekulationen über ein tödliches Attentat sowie zu Verdächtigungen, Trump wolle seinen Widerstand gegen die Gerichtsorder zu einer Generalprobe für einen Militärputsch umfunktionieren (finde Link derzeit nicht, kommt hoffentlich noch).
Letzteres ist aber nicht erkennbar, ganz im Gegenteil.
Die Trump-Regierung kommt den Vorgaben von judge Robart nicht nur sofort nach – sie schlägt sogar juristische Wege ein, die für das Ziel, eine Einreise über “alte Visa” zu verhindern eigentlich kontraproduktiv sind – anders ist die Wahl des Appellationsgerichts nicht zu deuten.
Wie z.B. Bloomberg urteilt, hat Trump hier eine “uphill battle” zu erwarten.
Der Weg, der beschritten werde, führe geradewegs zum Obersten Gerichtshof, der dann über die Rechtmäßigkeit der präsidentiellen Befugnis, auf die sich Trump stützt, befinden müsse, meint man bei Zerohedge.
Ist es das? Will Trump das ruling zu den bisher ausgestellten Visa zu einem Verfassungsstreit eskalieren, weil er sich sicher ist, dass er diesen gewinnt? Oder steckt etwas anders dahinter?
Das Agieren Trumps könnte natürlich auch auf Chaos, Inkompetenz und juristisch-handwerkliche Fehler durch eine Mannschaft zurückzuführen sein, die keine Regierungserfahrung hat. So hat beispielsweise Alan Dershowitz die ursprüngliche executive order Trumps beurteilt.
Unzweifelhaft besteht diese Möglichkeit.
Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass Trump und die Seinen Puristen des Rechtsstaats und Vertreter einer noblen Ethik von Fairness und Ritterlichkeit sind – egal ob sie in der Sache gewinnen oder nicht.
Nachbemerkung, 5.2.2017, 11.45 Uhr: Natürlich wäre es ein Nachteil, rechtsstaatliche Vorgaben und damit einen “ihm entgegenkommenden Zug” einfach zu ignorieren.
Der neue Präsident würde sich damit offen ins Unrecht setzen.
Das kann Trump nicht wollen und deshalb “kooperiert” er auch.
Es gibt aber, speziell für Regierungen, eine beträchtliche Grauzone zwischen den beiden Polen, zwischen widerwilliger Beachtung und full complance.
Die “natürliche Reaktion” jeder Regierung in einer solchen Situation wäre es, Fisimatenten zu machen, um zu obstruieren und verzögern.
Man hätte wenigstens ein “mitfühlenderes” Berufungsgericht wählen können, um die Verfügung von judge Robart zu bekämpfen.
Neinein, Trump will etwas demonstrieren: “Seht her….!”
Nachbemerkung II, 5.2.2017, 13.00 Uhr: Das 9. Berufungsgericht hat die Robart-Verfügung wie erwartet aufrecht erhalten und die Gegner Trumps freuen sich, dass dieser auf Twitter weiter schäumt.
Dabei merken sie nicht, wie ihr eigenes Argument, dass der neue Präsident einen Staatsstreich anstrebe, dahin schmilzt wie Schnee in der Sonne. Wen Gott bestrafen will, den schlägt er mit Blindheit.
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