Ungarn-Referendum: Pardon für “meine” Regierung, Nachbarn

Die Wiener Regierung glaubt sich ein Verhalten gegen Ungarn, Tschechien, die Slowakei und Polen herausnehmen zu können, das sie sonst nur gegenüber den eigenen Untertanen an den Tag legt. Wien denkt auf die genannten Staaten verzichten zu können, solang es den Zentralisten in Berlin, Paris & Brüssel nur tief genug in den A. kriecht. Drum ist es 2015 über Ungarn & Co. drübergefahren, zusammen mit dem Rest des EU-Kartells. NB zu: Was heißt hier “ungültig”?

Drübergefahren, indem im Ministerrat mit qualifizierter Mehrheit ein verbindliches Quotensystem zur Verteilung von Flüchtlingen beschlossen wurde, das die Višegradstaaten nicht akzeptieren wollen.

Das zu Recht, denn Brüssel propagiert damit eine Form von Zwangssolidarität, die nichts mit echter Hilfe zu tun hat. In Wahrheit geht es ihm und seinen Helfeshelfern nur darum, auch bei der Asylpolitik anschaffen zu dürfen.

Das am Sonntag in Ungarn angesetzte Referendum bietet den dortigen Bürgern die Chance Nein zu diesen Machenschaften zu sagen. Es ist eine goldene Gelegenheit, die im Völkerkerker Europäische Union sonst nur selten geboten wird.

Die Ansetzung der Befragung ist Eurem Ministerpräsidenten zu verdankendie Magyaren sollten sich aber bewusst sein, dass sie weder über Viktor Orbán noch über die Aufnahme von Flüchtlingen abstimmen.

Das Votum gilt eigentlich nur der Frage, ob es dem Lügenbaron und seinem Hofstaat bzw. den Ministern aus 27 anderen Staaten gestattet sein soll, in Euren ureigensten Angelegenheiten zu entscheiden.

Auch ihr Ungarn habt Euch bisher als Herren im eigenen Haus gefühlt – aber ihr täuscht Euch. Diese Rolle ist spätestens seit dem Vertrag von Lissabon heftig bestritten.

In Lissabon wurden, wie in Dutzenden anderen Bereichen auch, die Asylangelegenheiten zur gemeinsamen Politik gemacht, was u.a. bedeutet, dass ihr von einer sogenannten doppelten Mehrheit ganz leicht zu Dingen verpflichtet werden könnt, die ihr nicht wollt.

Die Flüchtlingsquoten sind nur ein Beispiel dafür, wenn auch das erste sichtbare. Es ist das vielleicht erste Mal, dass der europäistische Zwangsstaat offen seine Fratze zeigt.

Das üble Spiel des Lissabon-Vertrags

Der Beschluss von EU-Ministern ist – siehe hier – seit 2014 rechtswirksam, wenn

  • mehr als die Hälfte (55%) der 28 Nationen sowie
  • wenn Staaten, die zusammen wenigstens 65 Prozent der EU-Bevölkerung umfassen, dies so wünschen. Damit können Deutschland, Frankreich & Co. kleinere oder vereinzelte Nationen praktisch nach Belieben überstimmen.

Die Frage wie es möglich war, solche Klauseln an den europäischen Völkern vorbei zu schmuggeln, ist ein eigenes Thema, dem ich mich hier nicht widmen möchte.

Belassen wir es dabei: dieser Vertrag war in fast allen Staaten ein politisches Haustürgeschäft, bei dem der demokratische Souverän über den Tisch gezogen wurde. Die jeweiligen Bürger wurden üblicherweise nicht über die entscheidenden Punkte informiert, jedenfalls nicht adäquat. Es wurde sogar viel in Bewegung gesetzt, um die Pferdefüße zu verbergen.

Jedenfalls stellt sich zwischen Porto und Kaschau heute überall die Frage, warum das jeweilige Parlament einem solchen Knebelvertrag zugestimmt hat – beziehungsweise, warum es den Parlamentariern und Regierungen nicht zumutbar war, opt outs nach dem Muster Dänemarks, Irlands und Großbritanniens zu vereinbaren.

Der eigenen politischen Klasse blind zu vertrauen ist hier wie da ein Fehler.

Muss auch Orbán wohl oder übel mitspielen?

Das gilt nicht nur für offenkundig gekaufte Figuren wie sich so viele in Österreich tummeln.

Es gilt selbst für Politikertypen wie V. Orbán. Auch Leute wie er müssen sich fragen lassen, ob bzw. inwieweit sie das von den Europäisten diktierte Spiel mitspielen, zähneknirschend oder nicht.

Wie sich 2011 in Griechenland erwiesen hat, fackelt das Kartell nicht lange, wenn es seine Interessen durch Volksabstimmungen etc. gefährdet sieht. Dann hat der betroffene Politiker das Vertrauen Europas verloren und muss sofort gehen, auch wenn noch keine Aussicht auf einen Nachfolger besteht.

Konkret wäre für Euch Ungarn heute die Frage angebracht, ob Budapest nicht so etwas wie eine Abnahme-/Durchleitungsgarantie für jene 200 Flüchtlinge abgegeben hat, die Serbien jeden Tag losschickt, ausweislich der Zahlen des UN-Hochkommissariats.

Belgrad könnte nicht so agieren, wenn es damit rechnen müsste, dass die 6.000 Leute, die es monatlich aufnimmt und wieder ziehen lässt, in Serbien bleiben.

Diese würden sich nämlich binnen weniger Tage gegenseitig auf die Zehen treten und die Serben würden zuallererst ihre eigene Regierung mit dem nassen Fetzen aus dem Amt jagen, wie wir bei uns in Österreich sagen.

Nachbemerkung, 2. Oktober 2016, 20.30 Uhr: Das ungarische Flüchtlingsquoten-Referendum hat bei einer Wahlbeteiligung von 45 Prozent eine 95-prozentige Ablehnugsquote der verbindlichen EU-Flüchtlingsquoten erbracht und überall kann man nun lesen, dass das Referendum “ungültig” sei. Doch was heißt das Ergebnis wirklich?

Nur, dass die Mobilisierungskraft der mit einer Zweidrittelmehrheit ausgestatteten christdemokratischen Regierungsparteien plus rechter Jobbik erstaunlich gering war.

Die restlichen Schlüsse, die daraus gezogen werden würde ich nicht teilen.

Erstens kann man man bei einem solchen Resultat nicht wirklich davon sprechen, dass es entweder gar kein oder ein nur zweideutiges Mandat des Wählers sei – nicht in einem Land, in dem die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen 2014 bei 62 und bei den EU-Wahlen im gleichen Jahr bei 29 Prozent lag.

Ungültig heißt nur, dass es kein Referendum war, das eine bindende Wirkung für die Regierung entfaltet wie zum Beispiel das Referendum zu den Gesundheitsgebühren 2008 (50,5%).

Mehr aber nicht.

Orbán hat bereits angekündigt, bei einem eindeutigen Ergebnis die Verfassung zu ändern zu wollen, auch wenn die 50-Prozent-Hürde nicht erreicht wird.

Unabhängiger Journalist

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