Die Demokratie ist gefährdet – und das ist auf eine unheilvolle Allianz von Putin und den Rechts-Populisten zurückzuführen. Dieses G’schichterl wollen die traditionellen Platzhirsche der westlichen Polit-Systeme ihrem Wahlvolk einreden. Eine Studie zeigt nun, dass das Vertrauen in Politicos schon lange vor Trump & Co. Risse hatte.
Das Narrativ von der Verschwörung der Demokratie-Feinde ist in concreto meist etwas komplizierter als eingangs geschildert.
Überall jedoch spielt schwindendes Vertrauen in die bisherigen politischen Führer, Institutionen und Quasi-Institutionen eine zentrale Rolle.
Proponenten des autoritären Regierens von Putin bis Le Pen, heißt es, würden den sozusagen elementaren Prozess des Vertrauensverlusts für ihre sinistren Zwecke nutzen.
Nicht thematisiert wird z.B. dass,
- Populismus nicht das Monopol böser Rechter ist, sondern dass dieser im (sozial)demokratischen Mainstream schon seit Jahrzehnten fröhliche Urständ’ feiert;
- der eigentliche Souverän der westlichen Polit-Systeme von einer parteiübergreifend agierenden politischen Klasse “draußen vor der Tür” gelassen wurde – wobei man bis heute zu glauben scheint, man könne ehrgeizige social engineering-Projekte ohne, eventuell sogar gegen “das Volk” durchführen (Multikulti-Gesellschaftsumbau, “EU-Integration”, umfassende Politisierung & Finanzialisierung des Privatlebens);
- die langsame, aber unbeirrte Demontage nationalstaatlicher Volkssouveränität deutlich erkennbar die Handschrift der “politischen Platzhirschen”, der angeblich demokratischen Eliten trägt (zu denen inzwischen auch die Grünen zählen).
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In diesem Zusammenhang ist eine jüngst erschienene Studie des Mannheimer Sozialforschers Christian Schnaudt von Interesse.
Schnaudt trifft hier – ebenso wie in voraus gegangenen Texten – eine Unterscheidung, die in der einschlägigen Literatur unüblich, vielleicht sogar einmalig ist -
die Unterscheidung zwischen dem “politischen” Vertrauen in Institutionen der repräsentativen Demokratie (z.B. Regierungen, Parlamente) und dem “apolitischen” in regulative Institutionen (öffentliche Verwaltungen, Gerichte, Polizei).
Dabei stellt er fest, dass es sich bei den zwei Vertrauens-Typen um einigermaßen unterschiedliche Phänomene handelt, die in der Forschung sowie dem folgenden journalistischen Diskurs aber vermengt werden (eindimensionaler/zweidimensionaler Begriff ).
Auf Basis “historischer”, 16 Jahre alter Daten aus 21 europäischen Ländern gelangt Schnaudt zum Schluss, dass – bei allen Unterschieden – das Vertrauen in die “volksnäheren und apolitischen public service-Strukturen” durch die Bank höher ist.
Während damals noch nicht so recht erkennbar schien, wie stark die repräsentative die regulative Ebene beeinflusst, erhellt Schnaudts Arbeit,
dass die Befragten schon in der “vor-populistischen Ära” zwischen (etwas) vertrauenswürdigeren, nicht abwählbaren Institutionen/Personen und weniger vertrauenswürdigen abwählbaren Instuitutionen bzw. Personen gemacht haben.
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Dieser Blogger erlaubt sich, auf Grundlage dieser Analyse des European Social Survey 2002 (ESS) folgendes “in den Raum zu stellen”:
- Die statistisch herauspräparierte Diffrerenzierung zeigt die Anfänge der Entfremdung zwischen sozial- und christdemokratischen Volksparteien einereits und dem Elektorat andererseits bzw. den Beginn des rechtspopulistischen Phänomens.
- Natürlich geht es hier nicht um einen linearen, kontinuierlichen und scharf abgrenzbaren Prozess, sondern um einen langen Zeitraum, in dem das Ungleichzeitige gleichzeitig besteht. Das zeigt sich nirgendwo besser als in der Person des vor genau zehn Jahren verunglückten (?) österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider, der zuletzt Landeshauptmann (“Ministerpräsident”) von Kärnten war. Er war Insider und Outsider gleichzeitig, eine Übergangsfigur par excellence.
- Die Analyse Schnaudts erlaubt keine Aussage über die Entwicklung seit 2002, weil sie sich nur mit dem ESS aus diesem Jahr beschäftigt. Allerdings zeigen aktuelle “eindimensionale” Analysen einen geradezu katastrophalen Zusammenbruch des politischen Vertrauens in den westlichen Systemen. Es stellt sich z.B. die Frage, ob der Kollaps auch auf Ebene des regulativen Staats zu erkennen ist und ebenso, ob “rechtspopulistische Politiker” vom Verfall des Vertrauens in die repräsentative Ebene gleichermaßen betroffen sind.
Bild: Screenshot Amazon, Winfried Weithofer [CC BY-SA 4.0], Wikimedia Commons
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