Deutscher Strom, die Steinkohle & die Spekulanten – Zitat des Tages

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Bundesnetzagentur, diekaltesonne.de

“Es gab zwischenzeitlich ein paar Erfolgsmeldungen, der deutsche Stromexport sei erheblich gesunken. Offenbar wurde in Deutschland die Stromerzeugung aus Steinkohle erheblich zurückgefahren, um solche Meldungen verbreiten zu können. Die Kehrseite ist, dass die konventionelle Anpassung d. Stromerzeugung an die Verbrauchsschwankungen nicht mehr funktioniert, sogar nachts erhebliche Strommengen aus d. Ausland zugekauft werden müssen. Und zum Dank dafür nennt man diese europäischen Notstromlieferanten dann noch ‘Spekulanten’…” Uli Weber, Stromspekulanten: Denn sie wissen nicht, was sie tun…, diekaltesonne.de, 8.7.2019 NB: Nur ca. 10% der deutschen Emissionen stammten 2018 aus der Stromerzeugung mit Steinkohle.

“Die Kalte Sonne”, eine Webseite der “Klima-Dissidenten” Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning stolpert über eine Zeitungsmeldung,wonach das deutsche Stromnetz kürzlich ein paar Mal fast ausgefallen wäre, dass es zunehmend “teure Regelenergie” aus dem Ausland zukaufen müsse um die Versorgung sicherzustellen und dass Spekulanten diese Energie “verknappt häben um Geld zu machen”

- was zum Anlass genommen wird, mithilfe von Charts der Bundesnetzagentur Produktion und Verbrauch näher unter die Lupe zu nehmen.

Beispielhaft wird der Zeitraum von 10. bis 15. Juni 2019 mit derselben Periode des Vorjahres verglichen und die Hauptergebnisse sind, dass

  • die deutsche Stromproduktion vor einem Jahr besser an den damaligen Verbrauch angepasst werden konnte als aktuell, und dass
  • Steinkohle heute, ein Jahr später, kaum mehr eine Rolle spielt.
  • Ferner hatten Wind- und Sonnenenergie 2019 einen größeren Anteil, was wohl auf eine Kombination von natürlichen Umständen und “Ausbau” dieser Quellen zurückzuführen ist (Anm., kaltesonne.de schreibt das nicht).

Die Folge ist, dass speziell in der Nacht regelmäßig Strom importiert werden muss (um die Mittagszeit gibt es im Sommer wg. PV inzwischen durch die Bank einen Überschuss).

Und kaum sind wir den Kohlestrom los, der angeblich unser Stromnetz ‘verstopft’, schon haben wir Spekulanten am Hals. Diese ‘Spekulanten auf dem Strommarkt, die Energie im europäischen Stromnetz verknappt hatten’ sind also die deutschen Steinkohlekraftwerke. Die Stromproduktion aus Steinkohle in Deutschland dürfte sich von 2018 auf 2019 aber nicht ganz von selbst reduziert haben.”

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Ein klassisches Beispiel, wie Knappheit produziert und dann “Spekulanten” angehängt wird – Lenin schau auffa!

Demnächst mehr nach diesem Muster….

Spekulanten gibt es am Strommarkt übrigens wirklich. Sie wetten darauf, dass es zu bestimmten Zeiten einen großen Nachfrager gibt, der unter allen Umständen kaufen muss, will er den Zusammenbruch seines Netzes nicht riskieren….

Und was das CO2 aus deutscher Steinkohle betrifft – dieser Blogger hat nicht die Zeit, das jetzt nachzuvollziehen (kommt später).

Aber überschlagsmäßig dürfte es weit unter 10 Prozent aller deutschen Kohlendioxid- und bei weniger als 0,1 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen liegen.

Nachbemerkung, 14.7.2019, 22.15 Uhr: Hab mir die Zahlen zur CO2-Emission von Steinkohle in Deutschland angesehen (ohne Hausbrand). Resultat: Nur 4,5 Prozent der deutschen und 0,08 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen stammten 2018 aus deutscher Stromproduktion mit Steinkohle.

Wer das nicht glaubt, kann gerne selbst nachrechnen, die Zahlen sind hochoffiziell und stammen von Umweltbundesamt und der AG Energiebilanzen.

Der einzige kleine Schönheitsfehler meiner Rechnung besteht darin, dass ich für den globalen GHG-Ausstoß den Wert von 2017 nehmen musste (50,9 Gt CO2e exklusive LULUCF) – die 2018er Zahlen sind noch nirgendwo lm Netz zu finden.

Das macht aber nichts, weil mit den höheren globalen Emissionen im Jahr danach der deutsche Anteil eher geringer ausgefallen ist. Die obigen 0,08 Prozent sind also eher zu hoch gegriffen.

Die Rechnung:

Deutschland produzierte 2018 646,8 Mrd. KWh Stunden Strom (brutto), wovon 83,2 Milliarden von der Steinkohle kamen, siehe hier - macht 12,9 Prozent, siehe auch hier.

In der deutschen Energieindustrie wurden im vergangenen Jahr laut UBA 299 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen - von insgesamt 866 Millionen Tonnen in ganz Deutschland – ergibt  34,5 Prozent (was wieder “gut gerechnet” ist; das beinhaltet nämlich auch Wärmeerzeugung und Teile des CO2-Ausstoßes der Raffinerien).

12,9 Prozent von 34,5 Prozent = 4,45 Prozent aller deutschen Treibhausgas-Emissionen.

Deutschland ist mit 0,87 Gt CO2e aber nur für 1,7 Prozent des weltweiten GHG-Ausstoßes von 50,9 Gt CO2e verantwortlich – ohne LULUCF, siehe hier (Zahlen 2017).

4,5 Prozent von 1,7 Prozent sind 0,077 Prozent des globalen Treibhausgas-Ausstoßes.

Das Ausmaß an Desinformation in Sachen Kohle ist atemberaubend und geradezu kriminell.

Amtsträger & Politikmacher, die auf Basis dieser Zahlen das Stromnetz gefährden, gehören gerichtlich verfolgt.

Spätestens hier entpuppen sich die Redereien von “demokratischem Mandat” etc. als fadenscheinige Ausflüchte.

Edit, 15.7.2019, 13.00 Uhr: Diese Berechnung berücksichigt irrtümlicherweise nicht, dass die Hälfte der deutschen Stromproduktion kein CO2 erzeugt (nach der heute akzeptierten Rechenweise).

Rote Nachbemerkung im Lead ausgebessert – alles andere unverändert gelassen. Siehe Folgeeintrag Tragikomödie Deutscher Kohleausstieg.

Unabhängiger Journalist

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