Walter Eichelburg hat ein Buch veröffentlicht und was in diesem steht, bietet Lesern seiner Seite, hartgeld.com, wenig Überraschendes. “Nach dem Finanz-Kollaps” zerfällt, grob gesprochen, in zwei Teile. Der erste ist eine durch und durch realistische Kritik der ökonomischen Basis unserer Staaten. Der 2. Teil besteht aus einer Projektion, die man glauben kann oder nicht, die aber ihre Logik hat. Auf einen von einer despotischen Demokratie verursachten Crash soll eine liberale Monarchie folgen.
Das ist für Leute, die zeitlebens die Weisheiten des demokratischen Zeitalters eingesogen haben, ein Widerspruch, der schwer zu verstehen ist. Aber mit ein bisschen Nachdenken – und/oder in der “richtigen” gesellschaftlichen Position – fällt der Groschen. In der Analyse werden die Produktiven heute durch Unproduktive ausgebeutet – und das war ironischerweise etwas, was das junge Bürgertum früher dem Adel vorhielt.
Nur dass die Zielscheibe der Kritik heute nicht eine parasitäre Oberschicht ist, nicht primär. Ziele sind Transferempfänger und Förderungsnehmer, Zuwanderer ins Sozialsystem, der Großteil der Beamten und – vor allem – die demokratischen Politiker, die mit Vorliebe mit doppeltem T geschrieben werden: demokrattisch. Die Politiker, die größten Pfründner des heutigen Systems, sind dafür verantwortlich, dass die Wirtschaft den Bach hinuntergeht – es zwangsläufig muss – und dabei Ersparnisse und Sozialtöpfe von (ehemals) Produktiven mit sich nimmt.
Der hartgeld-Macher sagt, dass nur noch der gehobene Mittelstand nennenswert Steuern zahlt und die Show am Laufen hält – und das stimmt (wenigstens, wenn man von den Konsumsteuern absieht.) Niedrigverdiener zahlen heute keine Einkommenssteuer und große Unternehmen sowie wirklich reiche Individuen/Familien haben das Know-how und die Gelegenheit, diese zu minimieren.
Durch die Aktionen und Unterlassungen reformunfähiger Politiker werden die Zahler systematisch entmutigt und verringert (und die verbleibenden werden von Steuer- und Aufsichtsbehörden immer stärker drangsaliert).
Gleichzeitig vermehrt man, im Bestreben Stimmen zu kaufen, laufend Bürokraten und Solidarnehmer. Rund um unsere (negativ verstandenen) politischen Funktionseliten hat sich ein Heer von Funktionären, Subventionsempfängern, abhängigen Wissenschaftern, speichelleckerischen Medienleuten und sonstigen Vorteilsnehmern angesammelt, die alle das Loblied ihrer politischen Herren – bzw. des Regimes, von dem sie leben – singen.
Dass das böse Spiel derart lange, scheinbar unendlich gedehnt werden kann, ist dem ungedeckten “Papiergeld” bzw. den Notenbanken zu verdanken, die es geschafft haben, einen Crash der Finanzwerte zu verhindern, die Zinsen zum Verschwinden zu bringen und die Kaufkraft des gesetzlichen Zahlungsmittels trotzdem (einigermaßen) aufrecht zu erhalten. Bisher. Dieses Kunststück funktioniert aber nicht ewig, sagt Herr Eichelburg, der Realist.
Ein riesiger Crash
Für den Finanzjournalisten und früheren Informatiker steht fest, dass das einen Zusammenbruch auslösen wird, ein Event, in dem die Karten neu gemischt werden. Einen Crash, in dem auch in der Ersten Welt das Licht ausgeht, wo hungernde Städter Hunde und Katzen essen, in dem der Mob verzweifelt plündert und mordet wird und bei dem viele hundert Millionen Menschen draufgehen. Etwas, das andere Warner (z.B. Antal Fekete) als “Zusammenbruch der Zivilisation” bezeichnen.
An dieser Stelle befinden wir uns schon tief im zweiten Großelement des Buchs. Es ergibt sich scheinbar zwangsläufig, muss aber dennoch als spekulativ bezeichnet werden – wenigstens so lange man nicht die privilegierten Informationszugänge des Autors besitzt.
Der Kollaps ist Eichelburgs deus ex machina. Der Crash ist die Lösung, wie der Titel eines aktuellen Finanz-Bestsellers lautet. Erst die Not macht möglich, was auf reformerischem Weg unmöglich zu erreichen war. Erst sie bringt eine (blutig verlaufende) Reinigung, die Reinigung von den Übeln der Vorperiode.
Auch hier befinden wir uns keineswegs in einer bizarren Welt voller Wahnvorstellungen, wie man das vielleicht beschreiben könnte. Der realistische Crashprophet sagt nur, was hohe Funktionsträger des Systems auch denken, aber nicht öffentlich aussprechen. Sie teilen sogar Eichelburgs Schlussfolgerungen (haben aber ein anderes Vokabular dafür)…
Doch weiter mit der Zukunftserzählung des “Finanz-Kollaps”-Verfassers: In seiner Not ruft das Volk den (einen) Kaiser zurück, nein: es fleht ihn an, öffentliche Sicherheit und Recht sowie wirtschaftlich einigermaßen normale Verhältnisse herzustellen. Und wieder solides Geld einzuführen, mit dem Lebens-Mittel erworben werden können.
Die Polizei, die von den Politikern der vorangegangenen Epoche ständig geschurigelt worden ist, läuft zum Kaiser über, jener Partei, die mit Metallgeld, dem einzig noch funktionierenden Zahlungsmittel löhnen kann. Die demokratischen Politiker werden vor – dem Naturrecht verpflichtete – Volksgerichte gestellt oder gleich mit dem Laternenorden am Band ausgezeichnet. Ihre Günstlinge werden wie die Hasen gejagt. Privilegierte Immigrantengruppen, speziell Moslems, werden vertrieben. Die EU zerbricht und die USA, die Paten der EU heutigen Zuschnitts, “fliegen aus Europa raus”.
Danach, unter dem Kaiser, sagt Eichelburg, “kommen die alten Werte wieder”: Familie statt Homo-Kult, Bescheidenheit statt Konsum auf Pump, Inländer statt Zuwanderer, regional statt global, etc.
Das Ganze – und hier wird’s wirklich spekulativ – ergibt sich aber nicht spontan. Es entsteht in Umsetzung eines von verborgenen Eliten (vE) verfassten Drehbuchs. Verborgene Eliten, die schon bisher die Fäden gezogen und die sich entschlossen hätten die Pferde auszutauschen – also die sichtbaren, im TV auftretenden (scheinbaren) Entscheidungsträger. Nach dem Motto: Kaiser und Räte statt Kanzler und Regierung.
Um einen möglichst natürlich aussehenden Pferdewechsel zu organisieren, arbeitet ein von den vE ins Leben gerufener, unendlich einflussreicher Apparat rund um die Uhr, sagt Eichelburg Dieser Apparat sorgte u.a. für das Bekanntwerden des NSA-Bespitzelungsskandals, aber auch dafür, dass die Dekadenz der westlichen Gesellschaften immer offensichtlicher wird (Conchita Wurst) sowie dass die “demokratischen Politiker” und ihre Schoßhündchen laufend und höchst sichtbar diskreditiert werden.
Der Apparat erpresst die Politiker mit allen nur denkbaren Kompromaten und wird in einem großen Finale dafür sorgen, dass lange vertuschte Skandale öffentlich werden (Pädophilie, Zeugenmorde, Korruption, Stasi-Vergangenheit).
Das ließe sich am ehesten als Verschwörungstheorie bezeichnen und auch darüber könnte man sich lustig machen. Man tut sich umso leichter damit, je weniger einem bewusst ist, welche zentrale Rolle diese Praktiken im Kalten Krieg, nein: in den vergangenen 150 Jahren gespielt haben, nicht nur in der Sowjetunion.
Der Endzustand, der laut der Erzählung des Crashpropheten ein paar Jahre danach eingetreten ist, sieht folgendermaßen aus: Der Staat hat sich in einen “Nachtwächterstaat” verwandelt, der nur noch Kernaufgaben wahrnimmt: den Schutz nach außen (bzw. Krieg) und die Rechtsdurchsetzung nach innen (Justiz, Polizei).
Bildungs- und Gesundheitswesen sowie soziale Sicherheit müssen kooperativ/privat organisiert werden. Allgemeines Wahlrecht gibt es nicht mehr (wg. “für die eigene Tasche wählen”) und die Steuer- und Abgabenquote beträgt zehn statt wie bisher 40 bis 50 Prozent.
Die Bürokratie ist in vergleichbarem Ausmaß abgeschmolzen worden. Auch das Arbeitsrecht wurde abgeschafft – dafür gibt es an bestimmten Arbeitsplätzen ein Züchtigungsrecht des Arbeitgebers. Die überlebenden demokratischen Politiker und die mit ihnen verbündeten heutigen Dekadenzträger arbeiten am Feld oder im Steinbruch.
“Es herrscht eine friedliche Zeit, ein neues Biedermeier”. Das europäische Staatensystem werde in die Zeit des Wiener Kongresses vor 200 Jahren zurückkehren, als drei konservative, absolute Monarchen – in Russland, Preußen, Österreich – Stabilität garantiert haben. Das alles, behauptet Eichelburg, sei ihm von den vE zugetragen worden.
Persönliche Nachbemerkungen
Dort, wo Eichelburgs Analyse beurteilbar ist, trifft er ins Schwarze. Er liegt richtig mit der systemischen Überdehnung und dem Stimmenkauf in der Demokratie. Er hat recht mit der Feststellung, dass der heutige Goldpreis massiv manipuliert ist, dass aurum aber die finanzielle Basis für die Nach-Dollar(und nach-Euro)-Zeit liefern wird – an Silber und die Wiedereinführung des Goldstandards kann ich persönlich nicht so sehr glauben.
Der Autor trifft in seiner Kultur- und Gesellschaftskritik auf viel Zustimmung, auch bei mir. Und er liegt goldrichtig mit der Darstellung, dass die Jahrhundertbilanz unserer demokratischen Herrschaften nicht allzu gut ausfällt (trotz der historisch beispiellosen “Energiesubvention” und des im 20. Jahrhundert unvergleichlich hohen Einsatzes von Kredit d.h. dem Vorziehen späteren Konsums/Verbrauchs.)
Könnte man den sprichwörtlichen Reichtum unserer Gesellschaften rechnerisch um diese beiden Faktoren bereinigen, würde das Ergebnis unter dem Summenstrich wohl ziemlich erbärmlich aussehen. Über der Zukunft beider Faktoren schwebt derzeit ein großes Fragezeichen.
Vorsichtiger wäre ich in Sachen Unvermeidlichkeit eines echten Crashs. Besser als Außenstehenden sind den Funktionseliten des Systems die Schwächen und Bruchstellen bekannt und es ist unwahrscheinlich, dass nicht versucht wird, eine Lösung zu finden, mit der eine Transformation ohne Trauma dargestellt werden kann.
Wo ich definitiv meine Zweifel habe, sind die vorgebrachten Monarchie-Vorstellungen. Eichelburgs Kaiser scheint eine seltsame Mischung aus Hoppes frühmittelalterlichem Friedenrichter-König und den 1000 Jahre jüngeren Monarchen des (aufgeklärten) Absolutismus zu sein.
Letztere könnte man aber geradezu als Erfinder der Bürokratie sowie umfangreicher Staatseingriffe in die Wirtschaft bezeichnen. Hier spießt es sich auch mit den Tugendvorstellungen, Glaubenssystemen und Verhaltenskodices. Eichelburg und seine Leser sind Leute, denen letztlich nichts ferner liegt als Statusdenken und Luxus. Die Elite der Monarchie – ob adelig oder bürgerlich – ging aber in genau diese Richtung (vielleicht musste sie es, um sozial bestehen zu können).
Auch die Könige waren keine Sparmeister, nicht in der historischen Realität. Sie legten en série Staatspleiten hin – weil sie ständig Kriege führen wollten/mussten.
Philipp II, der unverstandene Tyrann aus Don Carlos, ging zwei Mal bankrott, obwohl ihm alles Silber von Neu-Spanien zufloss. Die Monarchen der Goldstandard-Zeit waren nolens-volens knausriger, die Fähigkeit zur Selbstbehauptung in einer feindlichen Welt hat das aber nicht unbedingt vergrößert. Es ist symptomatisch, dass alle rpt: alle Mächte bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs den Goldstandard suspendiert haben.
Das heutige Hauptargument der Eichelburg-Kritiker teile ich übrigens nicht. Dieses besagt: Weil der Mann mit seinen Alarmrufen immer wieder falsch gelegen ist, hat er dem Grund nach Unrecht. Das eine folgt aber nicht aus dem anderen. Und vielleicht darf der Crashprophet gar nicht zu glaubwürdig werden. Vielleicht ist gerade das der Preis für seine Einblicke, die anderen nicht gewährt werden.
“Nach dem Finanz-Kollaps” kostet 19,90 Euro. Es kann hier bestellt werden.
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