Die VP optiert jetzt wohl für “groß” – Staats-Schauspielerei i. Österreich

Am Sonntag hat Österreich zum Nationalrat gewählt und die Folgetage sind, wie üblich, dem Geplapper von Journaille und Experterln gewidmet, die sich wenigstens in einem Punkt einig sind: dass – bis auf die FP-Wähler – niemand die “blauen Krypto-Nazis” in einer österreichischen Bundesregierung haben wolle (“zufällig” ist das auch das Hauptanliegen der hiesigen Journaille). Anders als vor fünf Jahren, als die Sozi-Müdigkeit in der ÖVP noch frisch war, besteht heute kein Hinderungsgrund für die Neuauflage einer (nicht mehr allzu) Großen Koalition, die böse Zungen “historische Korruptionspartnerschaft” nennen könnten.

Und damit das nicht zu sehr nach einer Koalition der Wahlverlierer aussieht (und “alltagstauglich” ist), könnte man eine dritte Partei an Bord holen, die einen Zugewinn von immerhin einem Prozentpunkterl verbucht hat. “Arithmetisch” ist freilich nicht einmal das erforderlich

- wiewohl schwierig in der Praxis (schwarz-rot hätte ggf. nur eine hauchdünne parlamentarische Mehrheit; sämtliche Abgeordneten der Regierungsparteien müssten bei jeder Abstimmung dabei sein und wie geplant das Handerl heben).

Vorbemerkung: Dieser Blogger hat bereits vor sieben Jahren die Rückkehr der Großen Koalition erwartet und ist damit völlig falsch gelegen. Zu seiner (meiner) Entschuldigung sei gesagt, dass die Lichtenfelsgasse zum Zeitpunkt der Regierungsbildung wahrscheinlich von der Existenz des ein paar Monate vorher entstandenen Ibiza-Videos wusste und davon ausgehen konnte, dass ein Vizekanzler Strache nur eine ephemere Erscheinung sein würde. Nach seiner zweiten, noch siegreicheren Wahl ‘

machte das Androiderl dann die Fliege, woraufhin erst Bundesalex und dann Bundescharlie übernahmen (so wie’s heute aussieht, eine geordnete, wiewohl verdeckte “Hofübergabe auf Raten” und keineswegs ein “parteiinterner Putsch” – eine weitere Fehleinschätzung dieses Bloggers).

Es scheint kontraintuitiv, wenn eine -  ev. pink behübschte – Große Koalition jetzt aus einer krachenden Wahlniederlage der ÖVP entstünde

- und doch hätte eine solche Entwicklung eine gebieterische innere Logik, ja geradezu Zwangsläufigkeit.

Die ÖVP könnte

  • als deutlich stärkste Regierungspartei nicht nur den “Kanzler behalten” und
  • weiterhin die anständige rechte Kraft mimen,
  • sondern sie würde – spätestens hinter dem Vorhang – auch in Brüssel belobigt werden (was für eine “originale EU-Partei” sicher wichtig ist).

All das wäre bei einer Koalition mit der FPÖ nicht der Fall.

Stattdessen, meinen auch einige Experterln, werde es zur oben geschilderten Zusammenarbeit von GroKo und NEOS kommen.

Die Experterln sagen paradoxerweise aber Ampelkoalition dazu

- als ob es irgendwo auf der Welt Ampeln mit rosaroten oder schwarzen/türkisen Lichtern gäbe.   :mrgreen:

Per definitionem gehört zu einer “Ampel” ein grünes Licht (pink statt gelb könnte man ja noch irgendwie durchgehen lassen).

Rein funktionell betrachtet können die künftig 16 Abgeordneten der Grünen alles, was die künftig 18 Abgeordneten der NEOS auch anzubieten haben

und wahrscheinlich wären dem Babler die Grünen als “Dritter im Bunde” politisch sogar lieber.

Aber auf den Andi kommt’s jetzt viel weniger an als auf den Bundescharlie

und die Grünen haben die vergangenen fünf Jahre ausgiebig genutzt um in die Fußstapfen der alten SPÖ zu treten und zum “Lieblings-Frenemy” der schwarzen Parteibasis zu werden, ob Bauern oder mittelständische Wirtschaftstreibende.

Nehammer wird aller Voraussicht nach den Teufel tun und sich ein zweites “rotes Tuch” in seine Regierungskoalition setzen

- zusätzlich zum alten “roten Tuch” seit 1986 bzw. 2007

(ganz abgesehen davon, dass die Grünen am Sonntag noch viel krachender verloren haben als die Schwarzen und während der vergangenen fünf Jahre Teil einer Regierungskoalition waren, die jetzt zusammen fast 17 Prozentpunkte eingebüßt  hat).

Neinnein, der N. braucht wenigstens eine Gewinnerpartei in seiner künftigen Koalition

und wenn’s schon nicht die Blauen mit ihren fast +13 pp sein können, tun’s die Pinken mit ihrem +1pp auch.    :mrgreen:

Nun könnte, zugegeben, alles anders kommen als hier prognostiziert,

zum Beispiel, wenn ein neues Ibiza-Video mit Kickl auftauchte, oder ein einschlägiges Liederbuch (siehe Landbauer) oder eine garantiert echte Mitgliedsnummer Herbertls in einer illegalen Nazi-Organisation

oder meinethalben Waffen oder garantiert echte Piss-Spiele mit russischen Nutten etc. (der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt).

Dann könnte es tatsächlich zu einer blau-schwarzen Koalition kommen, weil der Herbertl schnell wieder  weg gewuppt werden könnte wie weiland der HC.

Das ist freilich recht unwahrscheinlich, weil der Kickl nicht der Typ für sowas ist und so ein G’schichterl beim besten Willen nur schwer plausibel gemacht werden könnte.

Daher ist jetzt das Spiel von den Sondierungsgesprächen angesagt, etwas, das in der Überschrift als “Staats-Schauspielerei” bezeichnet wird. Es geht dabei darum, dem pt. Pubikum ( = den Wählern) zu verdeutlichen, dass

  • man die FPÖ zwar prinzipiell nicht ausgrenze, mit dem Kickl aber niemand zusammenarbeiten wolle,
  • weswegen eine europäistische “Koalition der Mitte” quasi alternativlos sei,
  • was zufälligerweise aber ohnedies das Beste für das Land sei.

Die Journaille erfüllt sicher ihren Part,

aber auch der grüne Hofburgbewohner muss das Seine beitragen,

indem er zunächst einen faktischen Auftrag zur Regierungsbildung an den Chef der stärksten Partei, also Kickl vergibt.

Zu allgemeinen Überraschung stellt sich dann aber heraus, dass niemand mit Kickl will

- ah, oh, wer hätte das gedacht?   :mrgreen:

Wer die Anzeichen für einen solchen Spielplan erkennen möchte, kann sie überall sehen, egal

Inwischen gewinnt man den Eindruck, dass der schwarze Bundescharlie ungeduldig wird, oder sich wenigstens fragt, ob die anderen den ihnen in der Choreographie zugedachten Part auch tatsächlich spielen. Der Hofburgbewohner könnte schön langsam tätig werden, meint er jedenfalls..

Unabhängiger Journalist

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