Gas-Krise in Ö: Die OMV und die große und kleine Politik

Ex-OMV-Boss Gerhard Roiss nutzt die grassierende Anti-Putin-Hysterie dazu,  ein Luftschloss aus Erdgas zu bauen und den seit Jahrzehnten tobenden Kampf parteipolitisch gefärbter Insider-Cliquen um den “österreichischen” Energiekonzern anzutönen. Ganz im Stil eines Limited Hangout kritisiert Roiss die gewissermaßen schwarz-blaue russophile Politik früherer österreichischer Eigentümervertreter, bremst sich aber jäh ein, wenn auch ein paar Worte über “die andere Clique” angebracht wären. Ein ehemaliges Nachrichtenmagazin bietet die Plattform für die Info-Attrappe.

Man sollte Roiss Sicht zugute halten, dass der Kampf um die Diversifizierung der hiesigen Erdgasversorgung nicht nur ehrlich gemeint war,

sondern auch einem ehrenwerten Ziel diente – der Reduzierung der Abhängigkeit von einem einzigen Lieferanten,

was sich praktisch immer zu einem massiven Problem auswächst.

Es ist auch nicht so, dass die OMV allein oder auch nur primär am Scheitern der (west)europäischen Diversifizierungspläne schuld wäre.

Sagen wir einmal:

Abgesehen von der nicht änderbaren Geographie/Geologie haben sich die Westeuropäer in den vergangenen 15 Jahren massive Schnitzer geleistet, die sehr wohl zu vermeiden gewesen wären (historisch Interessierte könnten hier vom “Hundertsten ins Tausendste” kommen)

- und an diesen Schnitzern waren weder die OMV-CEOs, noch deren Gas-Vorstände schuld – Peter Mitterbauer, Siegfried Wolf und Hans-Jörg Schelling aber ebensowenig

(was Roiss natürlich weiß).

Das Erzeugen von urbanen Legenden unter Zuhilfenahme dümmlicher Apportel-Fragen bringt aber auch nichts.

Roiss behauptet in dem Interview, dass die OMV, die ja einen Versorgungsauftrag für Österreich habe, die Abhängigkeit der hiesigen Gasversorgung von russischem Gas reduzieren hätte können und legt – nicht klagbar – nahe, dass dies Folge einer einseitig russophilen “Politik” gewesen sei

(deren Spielregeln noch in der ÖVP-/FPÖ-Koalition grundgelegt worden waren – “ÖIAG”).

Roiss kühlt dabei sein Mütchen an Wolf sowie dem damaligen VP-Politiker Hans-Jörg Schelling, der zum Zeitpunkt von dessen vorzeitiger Ablöse Finanzminister war, siehe dazu u.a. hier.

Nun haben die Intrigen um die OMV-Personalpolitik einen Grad von Komplexität und Undurchschaubarkeit erreicht,

der höchstens noch mit dem ORF vergleichbar ist und dieser Blogger gibt nicht vor, alles Relevante über die Ablöse von Roiss zu wissen.

R. war und ist immerhin ein gestandener Manager & Kenner der Materie sowie der “Strukturen” und er hat sich dieses Wissen durch jahrzehntelange Management-Praxis in der OMV angeeignet

(wie auch sein Vorgänger, der auf einem SP-Ticket zeitweise in die Politik wechselte). Rainer Seele war auch ein Manager & Kenner, aber halt kein OMV-Insider.

Aber Roiss Behauptung, dass mit einem voll entwickelten Neptun-Feld ein Drittel des österreichischen Gasbedarfs hätte gedeckt werden können, stammt eher aus dem Traumbüchlein.

Petrom-Eigentümerin OMV konnte von der rumänischen Politik bis heute keine “belastbaren” Zusagen über den Export des erst zu entwickelnden Gasfelds erhalten, weswegen sich vor zwei Jahren 50-Prozent-Partner Exxon “vertschüsste”.

Und Norwegen? Naja, 

das von dort kommende Gas wird heute ohnedies in das europäische Netz eingespeist – freilich ohne dass die OMV oder die Gazprom das für sich verwenden könnten.

Dafür soll Roiss, wie diesem Blogger “in einem früheren Leben” erzählt wurde,

eine wesentliche Rolle bei dem Versuch der SPÖ gespielt haben, die OMV-Anteile Abu Dhabis an die ideologisch wohl passenderen Kataris zu übertragen.

Bei der Aktion könnte so ziemlich die gesamte “rote Reichshälfte” mobilisiert worden sein, bis hin zum damaligen Bundespräsidenten, der ja “ein lieber Freund” des Emirs von Katar war (ist?). 

Aber ich habe das, zugegeben, nicht “mit Brief und Siegel”, sondern nur “unbestätigt und aus einer verlässlichen Quelle” (hätte es damals aber ohnedies nicht schreiben können).

Und ich weiß auch nicht, woran der Transfer letztlich gescheitert ist

(so wie übrigens der in zeitlicher Nähe ablaufende, ebenfalls erfolglose Versuch, die VAE-Anteile an die Russen zu verkaufen – das war dann wohl eher die “Gegen-Clique”).

Dass man solche Vorgänge nicht in den österreichischen “Qualitäsmedien” lesen konnte – wenigstens nicht mit den parteipolitischen Hintergründen -, ist wieder eine andere Geschichte.

Was das viel wichtigere Thema, die Gasversorgung Westeuropas betrifft,

ist es leider so, dass weder die Aserbaidschaner noch die Kataris groß etwas an den Gegebenheiten (hätten) ändern können (und die Israelis und Ägypter können es auch nicht).

Mit oder ohne “Putin” – Europa muss (und wird) mit den Russen leben.

Unabhängiger Journalist

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