Dieser Blogger dachte bisher immer, dass ein Embargo so funktioniert, dass Staaten, die etwas besitzen, was andere brauchen, dessen Aufuhr unterbinden um die Benötigenden zu einer Änderung ihrer Politik zu zwingen. Das war vor den EU-Sanktionen gegen Russland.Seither konnte man lernen, dass Sanktionen auch darin bestehen können sich eine Kugel in den Kopf zu jagen. Man spricht in diesem Fall von einem Embargo European Style. Um ihre Wähler-Klientel ein paar Tage länger zu täuschen, wird jetzt mithilfe sg. Experten schöngerechnet, dass sich die Balken biegen und dienstgereist, als gäbe es kein Morgen.
Viele dieser Reisen führten nach Doha, beispielsweise
- eine des deutschen Kanzlers,
- eine andere “seines” Wirtschaftsministers,
- oder ein Mee too-Tripperl des österreichischen Bundeskanzlers.
Trotz aller Bemühungen amtlicher Public Relations-Arbeiter, wurde bald klar, dass die Flüssiggas-Petenten ein “Waterloo im Wüstensand” erleben mussten, wie die NZZ das formuliert.
Wenn man will, kann man für derlei auch die im Mittleren Westen der USA gebräuchliche Redensart “go and pound sand” verwenden.
Ein anderes europäisches “LNG-Waterloo” bereitet sich jenseits des Großen Teichs im Westen vor,
wo officials den schlecht informierten Euro-Hampelmännern 15 Mrd. Kubikmeter zusätzliches Erdgas versprachen, ein Vielfaches davon über “Verbündete” wie z.B. Katar, siehe auch hier.
Das Problem ist “nur”, dass weder die Staaten noch das Emirat über die dafür nötigen Exportkapazitäten verfügen.
Katar, weil große Mengen über langfristige Verträge asiatischen Kunden bereits versprochen sind und die USA, weil sie
- nicht über die nötigen Terminals verfügen,
- und ihr vor ca. 10 Jahren begonnener shale gas-Boom, aus dem sie die Lieferungen bestreiten wollen, in keiner Weise “nachhaltig” ist. Das ist die konventionelle Gasförderung zwar auch nicht, aber decline rates von 33% py kann diese nicht vorzeigen.
Fast zwangsläufig haben die Euros aktuell auch nicht die nötigen spare capacities bei Regasifizierungsanlagen, vor allem im Norden nicht.
Vielleicht in fünf Jahren.
Inzwischen wird vorsorglich das Invasoren-Gas aus Westsibirien gecancelt, sicher ist sicher.
An dem Schmierenstück wirken freilich nicht nur nationalstaatliche Politicos mit,
sondern auch sg. Wissenschaftler und -innen, wie die beispielsweise die Energieökonomin Claudia Kemfert vom DIW.
Diese ist zwar prinzipiell gegen den Einsatz von Erdgas,
aber Co-Autorin eines kürzlich erschienenen, eher abstrusen papers, in dem behauptet wird, dass die bisherigen russischen Erdgasimporte durch eine Mischung aus anderen Quellen und sparsamem Verbrauch schon heuer ersetzt werden könnten
- Olaf, was willst Du mehr? Weiteres dazu hier.
Auch die Kommission selbst beteiligte sich übrigens am Gesellschaftsspiel Hau den Putin und präsentierte einen “Plan” zum energetischen Abnabeln der EU von Russland
(ein Vorhaben, an dem sie zwei Jahrzehnten immer wieder krachend gescheitert ist).
Irina Slav verfasste dazu in ihrem eigenen Blog einen Dreiteiler, den sie – warum auch immer – “Praise the EU’s gas replacement plan” nannte.
Die drei Texte sind real weder praises for noch appraisals, sondern eine kommentarlose Auflistung der wichtigsten Kommissionsvorschläge.
Ahem.
Draghi-Komödie
So sehr sich die Deutschen auch bemühen mögen – Meister der Farçe sind nach wie vor die Italiener, und zwar nicht erst seit Dario Fo.
Der Römer Regierungschef, von dem man nicht genau weiß,
ob er italienischer Politico oder Emissär aus dem EU-europäischen Zentrum ist (ähnlich wie Papadimos oder Monti),
hat vor etwa einer Woche in Algiers “vereinbart”, dass der (nach Russland) italienische Hauptlieferant künftig noch mehr Gas in den Stiefelstaat liefern darf,
nämlich bis zu 9 Mrd. m3 py (was etwas weniger als die Hälfte der bisherigen Lieferungen wäre).
Nun sollte man niemals nie sagen, weil
- unverhofft irgendwo ein neues Gasfeld aufpoppen
- oder ursprünglich für Spanien gedachtes Gas umgeleitet werden könnte (Madrid und Algiers streiten derzeit über die Unabhängigkeit der Westsahara).
Aber wenn man sich die jüngere Geschichte der algerischen Gasproduktion ansieht,
kann man sich zusätzliche Mengen aus Nordafrika nur schwer vorstellen -. wenigstens nicht welche in nennenswertem Umfang.
Zwar verbraucht Algerien das im Inland geförderte Gas nicht gänzlich (wie beispielsweise Ägypten)
und seine Gasfelder scheinen noch nicht so ausgepowert zu sein wie z.B. jene Norwegens mit seiner aktuellen RP-Ratio con 12,8 -
- aber die junge Bevölkerung Algeriens konsumiert immer mehr von der Produktion des eigenen Landes (die in den vergangenen Jahren gesunken ist) – ein Jeffrey Brown’sches ELM in Erdgas.
- Und wirklich taufrisch sind die Erdgasquellen Algeriens auch nicht mehr.
Letzteres zeigt sich in der (nur bedingt aussagekräftigen) RP-Ratio, Ersteres in der .Nettoexportquote. Quelle sind die BP Energy Statistics.
Die RP-Ratio wird direkt angegeben, aber Netto-Exporte und Netto-Exportquote erfordern einfache Rechenoperationen auf Basis der BP-Daten.
Erstere sind die Produktion minus Konsum, ausgedrückt in Mrd. Kubikmetern.
Die Quoten sind der Anteil, den die Netto-Exporte an der algerischen Produktion haben. Eventuelle Rechenfehler gehen auf die Kappe dieses Bloggers.
2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | |
R/P-Ratio | 49,3 | 47,5 | 47 | 50,3 | 28 |
Netto-Exporte(in Mrd. m3) | 52,8 | 53,5 | 50,4 | 41,9 | 38,4 |
Netto-Exportquote | 57,8 | 57,5 | 53,7 | 48,2 | 47,1 |
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