Deutschland und das Russen-Gas: “Wissenschaft” a. d. Traumbüchlein

Die neulinken Kriegshetzer, die, für alle sichtbar, mit der Antifossil-Lobby fusioniert haben, sind der Meinung, deutsche Haushalte und Industrie könnten sogar kurzfristig auf Erdgas aus Russland verzichten, weswegen auf maximale Sanktionen gegen den angeblich Alleinschuldigen des Kriegs in der Ukraine gedrängt wird. Pseudowissenschaftliche Unterstützung erhält das Trüppchen vom DIW, das in seiner jüngsten Publikation eine Milchmädchenrechnung vorlegt, die zeigen soll, dass die Erdgasversorgung auch ganz ohne russisches Methan möglich sei. 

Das in Frage stehende Elaborat würde eigentlich eine eingehendere Beschäftigung erfordern,

aber dieser Blogger, ein “Einzelkämpfer”, hat weder Zeit noch Lust, sich vier Wochen lang – womöglich ausschließlich – einer “Studie” zu widmen, in der geradezu beispielhaft in die Irre geführt wird ohne dass dabei ausdrücklich gelogen würde.

Wie das Exempel zeigt, sind es nicht nur “die Medien”, die sich einer solch üblen Technik befleißigen.

Die der DIW-Untersuchung zugrunde liegende Frage ist,

ob die jährlich mehr als 50 Mrd. Kubikmeter, die die Russen hauptsächlich per Pipeline nach Deutschland geliefert haben ( = mehr als 50% der Importe), ersetzt werden können

und die Antwort der sg. Experten lautet: Ja natürlich – das ist schon im im laufenden Jahr möglich.

Dabei freilich wird alles aufgeboten, was an Hypothesen, Denkmöglichkeiten und potenziellen Gunstfaktoren in Griffweite ist

- aber nicht umstandslos auf den bösen Russen geworfen, sondern zuerst in wissenschaftlichen Newspeak gewandet und dann erst essfertig serviert - scheinbar sine ira et studio.

Die “Pointe”, die die vier Autoren mit ihren Berechnungen zu machen versuchen,

ist, dass zusätzliches Angebot aus Norwegen und über LNG in Kombination mit moderaten Einsparungen ausreichen würde, um im laufenden Jahr über die Runden zu kommen

(weiter denken tun wir lieber nicht, gelle?).

Der Teufel liegt, wie meist, im Detail – sowohl auf der Angebots- wie auf der Einsparungsseite.

***

Die von Kemfert & Co. antizipierte Angebotssteigerung geht eigentlich ausschließlich auf Mehrlieferungen aus Norwegen (via Pipeline) sowie mehr LNG (v.a.via Dünkirchen) zurück.

Die holländischen Exporte, wird in einem mittleren Szenario angenommen, bleiben 2022 dagegen konstant

- und selbst das ist eine kühne Erwartung

(die niederländische Gasproduktion ist schon in den vergangenen drei Jahren wie eine Primel eingegangen  – vorgeblich wegen Erdbebengefahr,

tatsächlich aber wegen nicht behebbarer Erschöpfung von Groningen & Co. – siehe z.B. hier)

Aber vielleicht furzen die Oranjes ja in die Export-Pipelines und machen so den Kollaps ihrer Erdgasproduktion wett. :mrgreen:

Nicht ganz ausgechlossen, aber doch ziemlich kühn ist auch die DIW-Annahme einer ca. 25-prozentigen Steigerung der norwegischen Exporte nach Deutschland 

(ggü. Plan 2022 & im “mittleren Szenario”. Zu den als Quelle angegebenen “eigenen Berechnungen” des DIW sind keine Zahlen, sondern bloß Säulendiagramme vorhanden).

Dazu sollte fest gehalten werden, dass seit nunmehr gut 40 Jahren in der Nordsee gefördert wird

und dass die dortige Gas- und Ölproduktion mittlerweile merklich zurück geht  – siehe dazu das deutliche “Minuswachstum” der britischen Produktion

(die derzeit nur mehr 50% des Inlandsverbrauchs stellt. Die Norweger scheinen im Verzögern des Produktionsabschwungs versierter zu sein).

Das zweite As, das unsere grün-szientifischen Sanktionshetzer im Ärmel haben, sind (auf der “Angebotsseite”) Lieferungen über Flüssiggas-Tankschiffe.

Aus den Regasifzierungsanlagen in Belgien und den Niederlanden ist kurzfristig offenbar relativ wenig (Zusätzliches) zu erwarten,

aber aus dem französischen Dünkirchen wird mit “schätzometrisch” 6 bis 8 Mrd. Kubikmetern gerechnet (real natürlich nur, wenn Berlin “brav ist”).

Insgesamt, glauben unsere Milchmädchenrechner und -innen, würde auf diese Weise über’s Jahr ein Mehrangebot von bis zu 37 Mrd. Kubikmetern zusammen kommen.

Jetzt müssen die Deutschen nur noch Gas sparen

(was dieses Volk prinzipiell eh kann, wie sich anderswo gezeigt hat).

Das geht beispielsweise, indem man der Industrie 2 bzw. im “optimistischen Szenario” 6 Milliarden Kubikmeter abzieht und der Stromerzeugung in den KWs weitere 5 bis 7 Mrd. 

(was freilich nicht funktioniert, sofern man eine unterbrechungsfreie Stromversorgung wünscht

- aber vielleicht kommen die Franzosen ja auch hier zu Hilfe, mit all ihren abgeschalteten Atomkraftwerken. Auch dazu gibt’s zweifellos  “eigene Berechnungen”   :mrgreen: )

Zusammen mit Teutoniens urban lebenden Gas-Junkies, die künftig Pullover anziehen und nicht mehr so oft duschen sollen, würden diese Einsparungen fast schon ausreichen, den Putin Mores zu lehren (wie das Milchmädchen sagen täte).

***

Nun könnte es durchaus so sein, dass die Russen an derselben niederländischen Krankheit leiden wie die holländischen Gasproduzenten (siehe oben)

- und über kurz oder lang wird sich eine solche Situation so sicher einstellen wie das Amen im Gebet.

Aber Russland ist viel, viel größer als die Niederlande und hat heute sicher noch eine Menge Ecken und Winkel, in denen noch nicht ordentlich exploriert und/oder neu entwickelt wurde.

Ach ja, und natürlich bräuchte man für diesen Zweck Expertise, Technologie und Kapital.

Unabhängiger Journalist

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.