Im Schatten eines Massenspektakels gegen den Terror spielt sich in Belgien gerade ein Lehrstück über Ehrlichkeit & Polemik, religiöse Korrektheit und politisches Lobbyistentum sowie über die Rolle ab, die unsere traditionellen Medien bei all dem spielen. Ausgangspunkt war die Aussage des Innenministers, dass ein “bedeutender Teil” der Muslime vor Freude über die Terroranschläge getanzt habe. Momentan hält man bei der Frage, wie groß ein solch bedeutender Teil wirklich ist.
Die Geschichte nimmt ihren Ausgang in der Samstagausgabe der flämischsprachigen Tageszeitung Standaard, in der der belgische Innenminister mit dem Namen Jan Jambon (den man mit Hans Schinken übersetzen könnte) erklärt, dass ein bedeutender Anteil der muslimischen Gemeinde nach den Anschlägen getanzt habe und dass der Terrorismus “nur ein Pickel” sei, unter dessen Oberfläche ein “tief sitzendes Krebsgeschwür” wuchere.
Als ein mutmaßlicher Drahtzieher des Pariser Attentats vom 13. November, Salah Abdeslam, in einem Brüsseler Islamistenviertel verhaftet worden sei, habe die dortige Bevölkerung die zugreifenden Beamten mit Steinen und Flaschen beworfen, sagte der gemäßigt-nationalistische flämische Politiker. Er schloss daraus, dass die Integration vieler Muslime während der vergangenen Jahrzehnte gescheitert sei.
Nun kann einem eine ganze Menge zu dem Mann einfallen, zum Beispiel dass er
- der Nieuw-Vlaamse Alliantie, der mit 20 Prozent stärksten Partei Belgiens angehört, flämischen Nationalisten, die eigentlich die Unabhängigkeit Flanderns wollen, die nach den letzten Wahlen 2014 aber dennoch in die Bundesregierung eingetreten sind; oder dass
- Jambon, der auch stellvertretender Premier ist, nach den Anschlägen von Paris angekündigt hat, die Islamistenhochburg Moolenbeek reinigen zu wollen, was ihm das Image eines Hardliners eingetragen hat (ähnlich wie weiland M. le Kärcher Sarkozy). Dessenungeachtet konnte Glaubenskrieger Abdeslam länger als drei Monate unbehelligt dort leben, obwohl die belgische Polizei über seinen Aufenthaltsort informiert war; sowie dass
- Innenminister Jambon nach den Anschlägen in Brüssel (vielfach zu Recht) im Kreuzféuer der Kritik stand, sodass er seine Demisssion anbot (die aus wohl “politischen Gründen” abgelehnt wurde).
- Und schließlich ist Jambon nicht gerade ein Meister geschichtspolitischer Analogien. Er vergleicht flüchtige Muselbomber schon mal mit untergetauchten Juden während der Zeit der deutschen Okkupation. Die Geschichte is a Hund.
Aber etliches von dem, was Jambon so von sich gegeben hat, hat eine faktische Basis, auch wenn sie nur ungern zur Kenntnis genommen wird.
Mangelnde Beweise ?
Die Aussagen Jambons erregten sofort den Zorn der Einwanderungslobby sowie von Politikern der Sozialistischen Partei und der Frankophonen Brüssels. Diese erklärten, es gebe keine Beweise und die Aussagen Jambons seien “frei erfunden”.
Am Abend des Sonntag erfolgte der Auftritt von Premierminister Charles Michel, der erklärte, dass es nach den Brüsseler Anschlägen sehr wohl zu Unterstützungsbekundungen von Minoritäten gekommen sei und dass der Nationale Sicherheitsrat die Regierung darüber informiert habe. Es sei naiv-idealistisch, dies zu leugnen. Andererseits seien Verallgemeinerungen auch nicht angebracht, meinte er in Richtung Jambon.
“Ich habe nur die Fakten genannt, In einer Demokratie haben alle das Recht, die Fakten zu kennen”, zog Jambon daraufhin einen vorläufigen Schlussstrich unter seinen angeblich polemischen Sager.
Es ist zwar zweifelhaft, ob das Aussprechen von Dingen durch einen Politiker wirklich ein Kriterium dafür ist, ob etwas wahr ist – schließlich hätte man bei manchen der angeblich frei erfundenen Behauptungen nur den Fernseher aufdrehen müssen, um sie aus dem Mund Dritter zu hören.
Aber immerhin kommt es nicht alle Tage vor, dass ein Regierungspolitiker etwas an-/zugibt, was von korrekten Medien, den zugehörigen Politicos sowie deren gehirngewaschenem Nachwuchs abgestritten oder verharmlost wird: dass es in Europa Parallelgesellschaften, No Go Areas und juristische Enklaven auf Basis der Scharia sehr wohl gibt.
Foto: Geert Renckens, Wiklimedia Commons, CC BY 3.0
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