Der Screenshot links zeigt die Headline eines Artikels wie sie original erschienen ist. Rechts unten ist die entschärfte Fassung, die erscheint, wenn man die URL heute ansteuert. Diese Version ist von allem gereinigt, was auf eine konkrete Warnung hindeuten könnte. Gewarnt wurden laut Original-Story nur private Sicherheitsleute in Frankreich. Bagdad hat direkt informiert.
Der zweite Satz der originalen, nicht jugendfreien story der Times of Israel lautet (eigene Übersetzung und Hervorhebung):
Am Morgen des vergangenen Freitag wurden Sicherheitsleute der jüdischen community in Frankreich über die sehr reale Möglichkeit eines bevorstehenden großen Terroranschlags im Land informiert, sagt Jonathan-Simon Sellem, ein freier Journalist und Repräsentant französischer Bürger in Israel.”
Die geschönte, bis heute überlebende Version des Satzes lautet:
Seit Monaten sind Sicherheitsleute der französischen jüdischen Gemeinschaft über die sehr reale Möglichkeit eines bevorstehenden großen Terroranschlags auf das Land gewarnt gewesen, obwohl es keine spezifische Information gegeben hatte, sagt Jonathan-Simon Sellem, ein freier Journalist und Repräsentant französischer Bürger in Israel.”
Danach folgt im Original der Satz:
Die jüdische Gemeinschaft war vor im Fokus der Öffentlichkeit stehenden events am Sonntag informiert worden, dass nach mehreren kleineren Attacken im vergangenen Monat ein großes terroristisches Ereignis zu erwarten stand.”
Dieser Satz findet sich in der gereinigten Version nicht mehr. Danach läuft sie story weitestgehend identisch weiter.
Die ursprüngliche Version findet sich in der sogenannten Wayback-Maschine, in der fast 500 Milliarden alte Internetseiten gespeichert sind.
Die Times of Israel wurde von diesem Blogger um das Original ihres Artikels gebeten, hat bis jetzt aber noch nicht darauf geantwortet. Sollte es zu diesem Thema eine Äußerung geben, werde ich sie selbstverständlich berichten.
Es bestehen einige Fragen, wie genau die Säuberung des originalen Artikels vonstatten gegangen ist - vor allem angesichts der Tatsache, dass der time stamp der Geschichte unverändert Samstag, den 14. November 2:08 pm (Lokalzeit Jerusalem) zeigt – was dem Leser suggeriert, dass an der Originalgeschichte keine Änderungen vorgenommen wurden.
Aber das ist eine andere, wenn auch hoch interessante Geschichte. In dieser Geschichte geht es um eine für das Publikum unmerkliche, nachträgliche Veränderung der Nachrichtenlage – so wie in Orwells 1984 das Ministerium für Wahrheit laufend die Geschichte umschreibt “He who controls the past controls the future. He who controls the present controls the past.”
Eine solche Praxis ist, steht zu befürchten, im Internet überall zugange, speziell bei den traditionellen Medien, die sich berühmen, ihrer verschwörungstheoretischen Konkurrenz an Seriosiät überlegen zu sein. Diese wiederum hegt schon lange einen solchen Verdacht, hat aber in den seltensten Fällen die Mittel – oder die Hartnäckigkeit – diesem auf den Grund zu gehen.
Persönlich ist mir diese Praxis im Fall der in Frankreich “abgestürzten” Germanwings-Maschine aufgefallen, wo im nachhinein Zeugenaussagen aus dem record getilgt wurden. Auf diese Weise verschwanden französische Jagdflugzeuge, die die Todesmaschine in den letzten Minuten begleitet hatten, aus dem öffentlichen Gedächtnis.
Aber darum geht es hier nicht.
Es geht darum, dass ein bekanntes Mitglied der französischen jewish community zu Protokoll gibt, dass diese sehr konkret vorgewarnt war, dass daraus folgt, dass die französischen Behörden dies nicht gewusst oder ignoriert haben und dass man das heute vertuschen will.
Und es geht um die Glaubwürdigkeit der französischen Terror-Ermittler, an deren Lippen unsere Medien-Schoßhündchen kleben.
Es geht darum, dass dies wahrscheinlich nur die Spitze eines Eisbergs ist und Paris mehrfach und sehr konkret ins Bild gesetzt wurde.
Ein weiteres Beispiel ist der Irak, dessen Außenminister öffentlich behauptet hat, die Franzosen informiert zu haben, siehe zum Beispiel hier.
Diese Art von nicht spezifischer Warnung, putzen sich die französischen Sicherheitsbehörden heute ab, gebe es zu Dutzenden und jeden Tag.
Das kann im konkreten Fall zutreffen oder nicht. Klar ist freilich: Wenn Geheimdienstler konkret werden, passiert dies üblicherweie nicht mit eingeschriebenem Brief, notarieller Beglaubigung, nachvollziehbar und vor Zeugen. Das hat viele Gründe, u.a. den des Quellenschutzes.
Die Franzosen wissen das genau – tun jetzt aber so, als ob es sich dabei um einen amtsförmigen Vorgang handle und als ob im offiziellen Schreiben nichts gestanden sei. So hat sich schon die Bush-Administration nach 9/11 herausgeredet.
In englischen Zeitungen im sogenannten Boulevard, lässt sich erahnen, dass die Warnungen der Iraker wahrscheinlich wesentlich konkreter ausgefallen sind, beispielsweise in der Berichterstattung des Mirror, siehe hier.
Der Autor der Mirror-Geschichte hat nach eigenen Angaben auch mit zwei Beamten auf der operativen Ebene der Irakis gesprochen. Diese sagten, die Aussagen seien so detalliert gewesen, dass sie Einzelheiten umfasst hätten, die derzeit noch gar nicht bekannt seien.
Und sie sagen auch, die Terroristen seien in Raqqa trainiert und speziell zu diesem Zeck nach Frankreich entsandt worden, um sich dort mit Schläferzellen zu koordinieren.
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