Was die Migranten nach Mitteleuropa zieht: die Statistik

Die nun kompletten Asylzahlen 2016 von Eurostat zeigen, dass von einer “Flüchtlingswelle” während der vergangenen Jahre keine Rede sein kann. Es handelte sich um  eine Einwanderungswelle in fünf mitteleuropäische Sozialstaaten, deren Politicos – (mit Ausnahmen) keine ernsthafte Gegenwehr leisteten. Dies war (und ist) also keine europäische Krise, sondern eine gemanagte Immigration Hunderttausender auf Kosten der in Mitteleuropa ansässigen Bevölkerung.

Zuerst eine Tabelle über die Entwicklung der in den 28 Staaten gestellten Asylanträge in den Jahren 2013, 2015 und 2016. Die Zahlen des Übergangsjahres 2014 wurden der Übersichtlichkeit halber entfernt, weiter zurückliegende Zahlen sind aufgrund eines statistischen Bruchs möglicherweise nicht vergleichbar (veränderte Definitionen).

2016 wurden glatte zwei Drittel aller in der Union eingebrachten Asylanträge in Deutschland und vier kleineren mitteleuropäischen Sozialstaaten (Niederlande, Österreich, Schweden, Finnland) gestellt. Vor der gegenwärtigen Welle war es die Hälfte, davor eher weniger.

Die gegenläufigen Entwicklungen in Deutschland und dem Rest der Einwanderungsländer im Jahr 2016 lassen vermuten, dass es sich um abgestimmte Vorgehensweisen der Regierungen (Behörden) gehandelt hat.

Auf diese Weise konnte Berlin auf rapide abklingende Erstregistrierungszahlen veweisen, während sich die kleineren Staaten auf die zurück gehenden Asylanträge konzentrieren konnten.

In dem Maß (und darüber hinaus), in dem das BAMF 2016 seinen Rückstand aus dem Vorjahr “aufarbeitete” – man kann sagen: “der deutsche Sozialstaat hat verdaut” -, konnten die kleineren Mitspieler so tun, als wollten sie die Einwanderung in ihre Systeme politisch begrenzen (indem sie weniger Anträge entgegennahmen)

Betrachtet man jedoch die ganze mitteleuropäische Immigrationszone vom Brenner bis Nordschweden, hat die Zweckentfermdung von Flüchtlingsschutzgesetzen 2016 zu einem noch höheren Einwanderungsdruck geführt.

Asylansuchen 2013, 2015, 2016
2013 % 2015 % 2016 %
EU-28  431090 100  1322825 100  1258865 100
1 Dtl.  126705  29,4  476510  36,0  745155  59,2
2 NL  13060  3,0  44970  3,4  20945  1,7
3 Öst.  17500  4,1  88160  6,7  41950  3,3
4 S  54270  12,6  162450  12,3  28790  2,3
5 Fi.  3210  0,74  32345  2,4  5605  0,44
1 – 5  49,8%  60,8%  66,9%

Betroffen waren/sind freilich nicht nur die fünf eigentlichen Zielländer, sondern auch südlicher gelegene Staaten, durch die die Einwanderer durchziehen.

Hier bedürfte es eigentlich einer unabhängigen Maßzahl, die freilich – würde sie zur Verfügung stehen – eine Reihe gesonderter Probleme aufwerfen würde (es müsste ein Äquivalent der deutschen EASY-Registrierungen im Club Med sein).

Als (nur begrenzt aussagekräftiger) proxy für die Belastung von Griechenland und Italien seien die dort gestellten Asylanträge angeführt.

Dabei ist aber klar, dass Griechenland und Italien nicht die eigentlichen Zielorte der Immigranten sind und dass die Anträge speziell 2016 zu einem großen Teil wegen des Drucks der Umstände gestellt wurden.

Asylwerber i. Griechenland, Italien (1. Instanz)
2015 % 2016 %
EU-28  1322825  100  1258865  100
Gr.  13205  1,0  51110  4,1
It.  83540  6,3  122960  9,8

Das Erste, was diese Tabelle endgültig klar macht, ist, dass die “Flüchtlingskrise” der vergangenen Jahre keine Krise der Union war, sondern eine Mitteleuropas, erweitert durch die beiden Mittelmeer-Anrainerstaaten.

Im vergangenen Jahr wurden mehr als 80 Prozent aller EU-Asylanträge in eben diesen sieben Ländern gestellt.

Dem gegenüber verblasst der (auch zunehmende) Migrationsdruck auf die restlichen EU-Staaten, deren Regierungen sich (oft zu Recht) fragten, warum sie mit den von der mitteleuropäischen Flüchtlingskrise betroffenen Staaten solidarisch sein sollten.

Mit Ausnahme des Ostblocks soldarisch wollten EU/”Brüssel” mit Griechenland und Italien sein, als sich der EU-Ministerrat im Herbst 2015 anschickte, bis zu 160.000 Flüchtlinge aus den beiden südlichen Staaten umzuverteilen (wie zu sehen ist, funktioniert das nicht).

Nicht solidarisch hat sich “Brüssel” von Anfang an gegenüber den fünf eigentlichen Zielländern der Migrationswelle verhalten.

Das hat einen guten Grund. Dieser besteht darin, dass die nationalen Repräsentanten dieser Länder in Wort und Tat für eben diese Einwanderungswelle selbst verantwortlich sind.

Warum die Einwanderungsländer “selbst schuld sind”

Da sind zunächst einmal die europaweit besten Sozialleistungen, die der Mehrzahl der Migranten aufgrund des über kurz oder lang erteilten Flüchtlingssstatus winken.

Das war der wohl stärkste “Magnet” und bis zu einem gewissen Grad können die heutigen Funktionäre geltend machen,  dass das ein ererbtes, aus früheren, besseren Zeiten übernommenes Problem wäre.

Das ist jedenfalls ein valides Argument. Heutige Politicos übten sich jedoch

  • in aktiver Bewerbung ihres Staats als Sozialleistungsstandort, beispielsweise die deutsche Kanzlerin.
  • Im Fall Österreich stellten sich die Politiker lange taub und taten nichts um den Irrsinn zu stoppen – obwohl seit spätestens Herbst 2015 klar sein musste, dass diese Einwanderung an die Substanz geht und schon kurzfristig den “Sozialstaat” in Frage stellen wird.
  • Als immer deutlicher wurde, dass Nichtstun nicht haltbar war, gingen die ehemaligen Volksparteien zu symbolischer Politik und regelrechter Täuschung der Öffentlichkeit über – beispielsweise mit neuen Bestimmungen, die den Familiennachzug erschwerten, die aber für 80 Prozent der Asylanten gar nicht anwendbar waren, siehe dazu z.B. hier. Diese Phase dauert bis heute an.  Die vielleicht einzige wirksame Maßnahme dieser Zeit war die Abriegelung der Balkanroute im Frühjahr 2016.

Der dritte Faktor, der die umstehenden EU-Staaten zur Meinung kommen ließ, dass sich die Mitteleuropäer die Suppe ja selbst eingebrockt hätten, war die Tätigkeit der vorgeblich unabhängigen Asylbehörden, etwa des BAMF in Deutschland und des BFA in Österreich.

Diese formal weisungsungebundenen Behörden müssen als erste Instanz über die Asylansuchen entscheiden.

Sie winken dabei rund 70 Prozent der Antragsteller gleich beim ersten Anlauf durch (Ausnahme: Finnland). Das steht in Gegensatz zur deutlich restriktiveren Praxis in den anderen europäischen Ländern.

Folgend zwei Tabellen über die Anerkennungsquoten zuerst in den fünf Einwanderungsländern und dann in vier anderen (kontinentalen) EU-Staaten (Auswahl).

Auch diese Zahlen stammen von Eurostat. Es handelt sich um die in erster Instanz getroffenen positiven Entscheidungen, bezogen auf alle getroffenen Entscheidungen. Das taugt als grober Maßstab für die Aufnahmebereitschaft der jeweiligen Asylbehörden in erster Instanz

Anerkennungsquoten Immigrationsländer, 2016
alle Entsch. pos. Entsch. Anerkennung in %
Dtl 631085  433905  68,8
NL 28875  20810  72,1
Ö.  42415  30370  71,6
S.  95540  66340  69,4
Fi.  20750  7070  34,1

 

Anerkennungsquoten andere EU-Staaten, 2016
 alle Entsch.  pos. Ent.  Anerkennung in %
 Fr.  87775  29140  33,2
 Sp.  10250  6855  66,9
 Polen  2495  305  12,2
 CR  1300  435  33,5

In der zweiten Tabelle repräsentieren Spanien und Polen die beiden (durchaus gegensätzlichen) “Ausreißer”. Beide Länder haben in Bezug auf ihre Bevölkerungszahl sehr wenige Asylansuchen. – aber während Spanien mehr als zwei Drittel der Antragsteller durchwinkt, hat in Polen kaum jemand eine Chance.

Die “europäische Normalität” wird in dieser Tabelle eher von Frankreich und Tschechien und ihren Quoten in den 30ern repräsentiert (auch die erstinstanzlichen Anerkennungsquoten in Großbritannien und Italien liegen in diesem Bereich).

Die Anerkennungsfreudigkeit der Behörden in den mitteleuropäischen Einwanderungsländern liegt dagegen mehr als doppelt so hoch – was Migranten zweifellos einen beträchtlichen Anreiz bietet, diese Region anzusteuern..

Unabhängiger Journalist

Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.