Nordstream: Krieg der Narrative, von denen keiner stimmen muss

In Mainstream-Journaille und alternativen Medien hat im vergangenen Monat ein “Krieg der Narrative” zur Sprengung der Nordstream-Pipelines Ende September vergangenen Jahres stattgefunden. Auf der einen Seite steht die Investigativ-Legende Seymour Hersh, die unter Berufung auf einen anonymen “deep throat” behauptet, dass US-Marinetaucher zugange gewesen seien, mit Unterstützung durch norwegisches Militär. Das Stück ist voll Details und kann eine gewisse Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen. Die von NYT und FT kürzlich publizierte Gegen-Version hält nicht einmal primitivsten Plausibilitäts-Erwägungen stand. Was aber, wenn beide Erzählungen nicht stimmten und im vorliegenden Fall sehr wohl “tertium datur”?

Für die eine Seite scheint schon der Name Sy Hersh auszureichen, um in Ehrfurcht zu erstarren und die Sätze  des Meisters wie das Wort Gottes aufzusaugen.

Hersh deckte vor 50 Jahren das My Lai-Massaker auf und auch der Abu Ghuraib-Folterskandal vor knapp 20 Jahren hat “gehalten”.

Aber Hersh kann auch daneben liegen, wie etwa – wie dieser Blogger glaubt – im Fall der “verschlimmbesserten Version der Exekution eines schon lang toten Osama bin Laden durch ein US-Spezialkommando”,

siehe hier.

Für Hershs aktuelle Geschichte spricht u.a.,  dass

  • die USA und andere NATO-Staaten ein Motiv, die Tatwerkzeuge und die Gelegenheit für besagten Anschlag hatten,
  • dass unzweifelhaft “Profis  mit Profi-Gerätschaften” am Werk waren,
  • sowie dass Hershs Story voller Details ist (die sich untereinander freilich nicht immer vereinbaren lassen).

Aber ein Teil dieser Details kann erfunden sein (sie können von niemand überprüft werden) und einen anderen Teil können interessierte Schlapphüte aus aller Herren Länder quasi aus den Ärmel geschüttelt haben.

Diese Leute und ihre Kollegen sind übrigens auch “Profis mit Profi-Gerätschaften”.

Für die Gegen-Story mit den proukrainischen Putin-Feinden aus Russland spricht faktisch kaum etwas

- es sei denn, besagte Amateur-Täter mit ihrer Oligarchen-finanzierten Yacht hätten massive Hilfe von professionellen Diensten oder Militärs aus der Region oder den USA selbst erhalten (was nicht berichtet wird).

Davon abgesehen könnten die wahrscheinlich “gesetzten” G’schichterl in FT und NYT

  • ein Anzeichen für das beginnende Abrücken der USA vom Selenski-Regime sein oder
  • eines, dass der “demokratische Tiefe Staat” nicht gewillt ist, bei den Wahlen in eineinhalb Jahren mit Ol’ White Joe ins Rennen zu gehen und sich bei dieser Gelegenheit womöglich abschlachten zu lassen.
  • Natürlich könnte auch beides der Fall sein. Relevante Kreise könnten der Ansicht sein, dass a) beispielsweise Kamala Harris das geringere Übel sei und b) dass der in den USA nicht besonders populäre Ukraine-Krieg für die Präsidentenwahlen 2024 nur einen “Klotz am Bein” darstelle.

***

Dieser Blogger weiß nach wie vor nicht, “who dunnit”.

Er ist aber nicht einmal bereit, die Täterschaft russischer Dienste prinzipiell auszuschließen

- obwohl dies bedeuten würde, dass GRU & Konsorten mehrheitlich russisches (Staats-)Eigentum in die Luft gejagt hätten.

Aber erstens

  • gibt es nicht nur im Schach “Bauernopfer”
  • und zweitens wäre eine Röhre. durch die man nichts mehr – oder nicht mehr genug – schicken kann, auch nicht mehr gar so viel wert, siehe hier.

Unabhängiger Journalist

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