Der der Österreichischen Schule nahe stehende Autor Markus Krall hat in einem vor Corona verfassten 300-seitigen Text eine ebenso brilliante wie in sich stimmige konservativ-libertäre Analyse der etatistischen Systeme des Westens vorgelegt und im Namen der Bürger-Freiheit und der Leistungsträger einen politischen Führungsanpruch erhoben. Leider ist der gute Mann blind gegenüber den harten energetischen Realitäten der Gegenwart.
Mittlerweile hat der politische Fallout des Corona-Virus den (nicht wirklich) “liberalen” Etatismus der herrschenden Entscheidungseliten in jene tiefe Krise gestürzt, von der Krall eine Transformation in seinem Sinn erhofft.
Der manchmal als Crash-Prophet titulierte, von der Mainstream-Journaille geschnittene Deutsche sieht unser wirtschaftlich-politisches System heute nicht mehr auf dem langsamen Weg in den Sozialismus, sondern auf einem schnellen in die völlige Rechtlosigkeit
- etwa durch die mit der Epidemie begründete faktische Abschaffung des Vertragsprinzips. Siehe dazu dieses Youtube mit Florian Homm:
Krall ist kein Hellseher und er hat die Ereignisse rund um die aktuelle, womöglich synthetische Krise nicht vorausgesehen – Krall muss aber kein Wort dessen zurück nehmen, was er im Draghi-Crash und in Wenn Schwarze Schwäne Junge kriegen geschrieben hat:
dass und warum unser Finanz- und Geldsystem in den letzten Zügen liegt und zeitnah kippen wird – Krall muss heute höchstens “präzisieren“, dass die Chose mit Corona sehr viel schneller vonstatten gehen wird als bisher erwartet (“Brandbeschleuniger”).
Im Zentrum der Analyse des Autors stehen zwei “Zündmechanismen” die beide hauptsächlich auf die Nullzinspolitiken der Zentralbanken, speziell jener in Frankfurt zurückzuführen sind:
- Die nullzinsgetriebene Alimentierung nicht mehr wettbewerbsfähiger “Zombie-Unternehmen”, die ihre Kapitalkosten nicht mehr verdienen könnten und die eigentlich längst ausscheiden hätten müssen. Dies habe zu einem Pleite-Rückstau enormen Ausmaßes geführt, der bei einer Normalisierung der Zinsen die Kreditbücher bzw. viele Banken selbst “in die Luft sprengen” werde;
- Der zweite Mechanismus sei die durch die Null- und Negativzinspolitik befeuerte Ertragserosion der Kreditinstitute, sagt Krall. Das komme vor allem von der geringeren oder inexistenten Transformationsmarge, was wiederum einen so scharfen Wettbewerb bei den Kreditmargen zur Folge habe, dass auch hier nichts mehr zu verdienen sei. Dazu komme zusätzlicher Druck durch die neuen FinTechs sowie ein enden wollendes cost cutting-Potenzial.
Crash-Szenarien
Das führe geradewegs in den Finanz-Kollaps sowie zum Ende des Euro im Lauf der nächsten zwei Jahre, zunächst in einer knochenbrechend deflationären und danach (vermutlich) in einer hyperinflationären Phase.
Letztere werde wohl deswegen kommen, weil Regierungen und “monetäre Behörden” enorm viel “Geld drucken” und unters Volk werfen würden – was unter den Bedingungen einer eingebrochenen Produktion für eine rasante Geldentwertung sorgen werde
(mittlerweile haben wir Corona, Helikoptergeld und eingebrochene Produktion wg. staatlicher Verbote – geht’s womöglich gleich in die Hyperinflation?)
Die schon damals absehbare Existenzkrise (u.a.) Europas hat das sich über Jahrzehnte hinziehende Versagen der politischen Entscheidungseliten (Kapitel III) und den chronischen Murks in den traditionellen Medien (Kapitel V) zur Voraussetzung.
Dabei stützen sich sowohl Politicos (gewählte Politiker und ungewählte policy maker) als auch Journos auf die zunehmend niedrige Zeitpräferenz der Wähler/Leser, die ihre Bedürfnisse (angeblich) gleich gestillt sehen wollten und (angeblich) keinen Aufschub in deren Befriedigung duldeten.
Dies sei zutiefst anti-zivilisatorisch und führe in eine ebenso schwelgerische wie selbstmörderische “Bonobo-Wirtschaft”.
Dazu trete bei den Mandats- bzw. Amtsträgern eine “adverse Selektion”, eine Auslese der Schlechtesten. Das gehe im Kern darauf zurück, dass öffentliche Ämter für Dummköpfe und Minderqualifizierte die einzigen Möglichkeiten darstellten viel zu verdienen.
Libertäre Regierungs-Option
Die unvermeidliche Krise des Geld- und Finanzsystems sei aber ebenso eine Chance wie ein Risiko.
Mit viel Arbeit und den richtigen Entscheidungen könne die executive leadership errungen werden.
Von wem?
Von den Vertretern der “Leistungsträger”, die “den Laden am Laufen halten” und die in Deutschland gerade einmal 15 bis 20 Millionen Menschen zählten
(dabei dürfte Krall auf die Nettosteuerzahler <= mehr Steuern als Förderungen> jedenfalls außerhalb des öffentlichen Sektors abheben – man kann das kritisch diskutieren; was ist zum Beispiel mit Polizisten, Krankenschwestern etc.?)
Diese Minderheit werde von einer Mehrheit, die vom Umverteilungsstaat profitiere, ausgebeutet. Daher schlägt Krall eine Änderung des Wahlrechtssystems vor: Wer Subventionen bezieht, soll nicht wählen dürfen.
Ein Eckpunkt seines beispielhaften 100 Tage-Programms für eine wirtschaftsliberale und leistungsfreundliche Regierung ist übrigens beispielsweise die Halbierung der aktuellen europäischen “Staatsquote” auf 25 Prozent (was statistisch womöglich leichter ist als es klingt – etwa über die Privatisierung des Gesundheitswesens).
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Krall sagt, geleitet von seinen intellektuellen Fixsternen von Mises und Hayek, viel Richtiges.
Dieser Blogger fürchtet allerdings, dass Krall – ähnlich wie seine ideologischen Ahneln – das Gewicht des Produktionsfaktors Energie (anstelle von Land) sträflich unterschätzt; einer “konzentrierten fossilen Energie”, ohne die keine biophysikalische Produktion mehr vorstellbar ist.
Markus Krall, Die Bürgerliche Revolution. Wie wir unsere Freiheit und unsere Werte erhalten. 2020
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