Sophia ist eine in Europa lebende hypothetische Zweijährige. Sie ist der Liebling einer statistisch viel älteren Umgebung und wohl deshalb im historischen Vergleich ein bisserl verwöhnt. Trotzdem interessieren sich nur wenige für Sophias längerfristige (Über)Lebensinteressen. Ein Teil ihrer wohlmeinden Umsorger glaubt diese quasi automatisch zu beachten, weil man ja allgemein für Menschenrechte, social justice und Klimaschutz sei. Das ist eine seltsame Ideologie.
Gegen Sophias (Über)Lebensinteressen wird laufend verstoßen – meist verdeckt, aber praktisch immer mit gutem Gewissen.
Das jüngste Beispiel ist die Empfehlung eines deutschen Expertengremiums (“Kohlekommission”) bis 2038 aus der Verstromung von Lignit & Co. auszusteigen.
Dass dieses Ziel verfolgt wird, ist schon seit längerem klar – und es besteht wenig Zweifel, dass das Polit-Gesindel der ehemaligen Volksparteien diesem bestellten Ratschlag folgt.
Damit, behaupten die Politicos und ihre Experten, würden die Teutonen ihrer “Verantwortung für den blauen Planeten” gerecht – Klimaschutz usw.
Wie groß ist nun tatsächlich der Anteil der deutschen Stromerzeugung am “menschengemachten Klimawandel”?
Die kurze Antwort lautet: 0,7 Prozent (legt man die auf internationalen Konferenzen beschlossene, politisch gefingerte Erklärung für die Klimaveränderungen zugrunde).
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Die Rechnung geht folgendermaßen (sie operiert aus Gründen der statistischen Sauberkeit noch mit den Zahlen 2016):
Nach hier abrufbaren, vom Frauenhofer-Institut gesammelten (visualisierten) Zahlen sind 2016 in Deutschland 546,1 Terawattstunden Strom erzeugt worden (nach einer anderen Statistik waren es um 6 TWh weniger).
234,66 TWh oder 43 Prozent stammten aus Baunkohle- (134,89 TWh) und Steinkohle-Kraftwerken (99,77 TWh).
Diese Kraftwerke stießen über’s Jahr 155,14 (Braunkohle) + 91,06 (Steinkohle) = 246,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid aus. Das sind 0,69 Prozent der auf der ganzen Welt emittierten 35,76 Gigatonnen CO2, wie hier von EDGAR ausgewiesen.
Die Politicos und ihre Spießgesellen wollen den Bürgern nun weismachen, dass
- die 0,25 Gigatonnen aus den deutschen Kohlekraftwerken eine wesentliche Rolle spielten, während der Rest der Welt jährlich 6 Gigatonnen mehr ausstößt (inkl. LULUCF) – was laut Artikel 4.4. des Pariser Vertrags auch ok ist – siehe z.B. hier; sowie dass
- durch den Kohle-Ausstieg keine Gefahr für die Versorgungssicherheit in Deutschland bestünde – was speziell unglaubwürdig ist. Der Kohle-Strom kommt nämlich aus einer grundlastfähigen, “dispatchable generation”, Elektrizität von Windmühlen aber nicht.
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Dieses Problem ist seit dem Beginn der Energiewende vor 15 Jahren bekannt und seit damals nicht gelöst (es ist ev. gar nicht lösbar).
Trotzdem tut man so, als gäbe es an dieser Stelle gar kein Problem und als wäre die Aufrechterhaltung eines Netzes ohne adäquate Speicher und mit fast ausschließlich intermittenter Elektrizität möglich.
Sophia selbst mag derlei noch glauben (sie glaubt auch noch ans Christkind), aber das ist keine Entschuldigung für die realitätsferne, ideologisch fixierte und fahrlässige Energiepolitik der heute Erwachsenen;
eine Energiepolitik, die darauf hinausläuft, dass dem heute kleinen Mädchen ein “Luxus” verwehrt wird, der bereits für seine Urgroßeltern selbstverständlich war.
Das hat nur am Rand mit der absehbaren Erschöpfung der den Menschen zur Verfügung stehenden Kohlenwasserstoffe zu tun und wäre – spielte sich die Sache in der Rechtssphäre ab – ein klassischer Fall für eine Ersatzvornahme, die “Vornahme einer geschuldeten Handlung anstelle des Handlungspflichtigen”.
Bild: Afshin Tajian [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons
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