Die im aktuellen Seuchen-Fake an den Tag gelegte Entschlossenheit “demokratischer” Regierungen bürgerliche Freiheiten zu schleifen und die Realwirtschaft zu vernichten, kann mit dem Erreichen des “Keynesianischen Endpunkts” zu tun haben, wie das hier formuliert wurde (mit katastrophalen Auswirkungen für sg. Finanzvermögen von milliardenschweren Anleihen bis zum “Sparbüchl”). Die Corona-Krise wurzelt womöglich aber (auch) woanders – im bevorstehenden Rückgang verfügbarer “dichter Energie”.
Eine originale Version dieser Perspektive wurde in den Jahren vor 2008 unter dem Namen Peak Oil (PO) bekannt und wie einige später erfolgreiche Erstversionen war auch dieses Theorem zunächst mit Trugschlüssen beladen
(manche davon wurden auch nur von außen hinein getragen, vielleicht um das debunking der unliebsamen Theorie zu erleichtern).
Mit dem Ölpreis-Kollaps 2008,
- dem Ableben eines zentralen Protagonisten,
- vor allem aber der sg. Schieferöl-Revolution in den USA geriet die Theorie vollends in Verruf.
Sie gilt bis heute als gründlich widerlegt, fälschlicherweise.
Um das Verdikt gegen PO zu argumentieren, wird oft darauf verwiesen, dass die Weltölproduktion seit etwa 10 Jahren um täglich gut 11 Mio. Barrel gestiegen ist
- und diese Feststellung ist für definitorisches Öl inkl. Shale und Gasflüssigkeiten auch korrekt.
Allerdings sind ca. 80 Prozent dieses Zuwachses aus US-Schieferöl und der Rest aus zusätzlichen Gasflüssigkeiten (“Gas Liquids”) sowie kanadischen Teersanden gekommen
- siehe z.B. Steve St. Angelo hier und hier oder in diesem Blog hier.
Das heißt, dass die konventionelle Ölproduktion seit etwa 2007/08 stagniert hat, obwohl das Barrel von 2010 bis in den Herbst 2014 um die 100 Dollar kostete – also teuer war.
Das hätte eigentlich massive Upstream-Investitionen (CAPEX) und eine Steigerung konventionell produzierten Erdöls auslösen müssen.
Soweit das für börsenotierte westliche oil majors nachvollziehbar ist, haben die Kapitalinjektionen auch stattgefunden (finden weiter statt),
allerdings mit einem ziemlich mageren Investitionsertrag. Steve St. Angelo schreibt laufend drüber.
Die Öl-Konzerne sind später, in den Jahren des Shale-Hypes, zu hohen Preisen ins Schieferöl eingestiegen, haben sich inzwischen aber auch dort mordsmäßig verbrannt.
Niedrige Ölpreise, hohe Aufwendungen und der rasche decline der shale wells, haben dazu beigetragen,
dass die Schieferöl-Blase gerade platzt bzw. dass die Luft aus der Bubble zu entweichen beginnt.
Eingesetzt hat dieser Prozess bereits 2018/2019, lange vor der “Pandemie”, wie das hier besprochene Buch von Bethany McLean nahe legt,
die diesjährige Pseudo-Seuche und der dabei erfolgende Ölpreisverfall hat das Ende des Shale-Strohfeuers allerdings noch beschleunigt.
Der mittlerweile weitgehend kostenpflichtige srsroccoreport.com ist voll mit Analysen dazu.
Geht die Produktion von Tight Oil in den Staaten nachhaltig zurück, ist auch der globale Peak des definitorischen Öls erreicht, ist St. Angelo überzeugt.
US-Schieferöl
Den USA ist mit Shale ein unerwarteter, freilich nur zwischenzeitlich wirksamer gamechanger gelungen, muss man zugestehen.
Über Jahrzehnte hatte sich die konventionelle US-Produktion von 9,6 bzw. 9,0 mbd in den Jahren 1970 und 1985 auf 4,5 Millionen Barrel um 2007/08 halbiert,
unaufhaltsam und gewissermaßen planmäßig.
Dann kam Shale und die US-Produktion schnellte auf einen neuen Rekord von 13 mbd im Dezember 2019 hoch (bis Juni 2020 ist sie wiederum um mehr als 2 mbd gesunken).
Selbst wenn die Ölpreise wieder deutlich steigen sollten, ist der Boom in den United States freilich kaum mehr wiederzubeleben,
weil schon bis dato sg. sweet spots und überhaupt prime drilling acreage weitgehend “verwertet” worden sind.
Und die Ausdehnung der Shale Oil-Produktion auf die ganze Welt sollte man schon gar nicht erwarten – siehe hier (Nachbemerkung).
Neben technischen Fortschritten in Exploration und Produktion dürfte eine gewisse “Rotation konventioneller Förderländer” dazu beigetragen haben, die weltweite konventionelle Produktion stabil zu halten – siehe das Beispiel des (“hinein rotierenden”) Irak.
“Der Westen” konnte/wollte sich sogar Sanktionen gegen den Iran leisten,
der zwar auch im geologisch bedingten Produktions-Abstieg begriffen, aber immer noch ein Großproduzent ist.
Weitgehend “blickdicht” gegenüber Analysen unabhängiger Außenstehender sind die beiden Großproduzenten Russland und Saudi-Arabien, die zusammen etwa 20 – 25 Prozent des Weltkonsums fördern.
Beide Staaten (bzw. deren Vorläufer) fördern seit 50 – 60 Jahren auf Hochtouren, was eigentlich die Erschöpfung der alten Felder impliziert
- sie scheinen in Sachen Öl aber Liebkinder der Natur zu sein,
bei denen natürliche declines “reiferer supergiants” durch Entwicklung neuer Quellen oder reengineerings etc. (teil)kompeniert werden können (“nichts Genaues weiß man nicht”).
Ein solcher Prozess fand und findet ja auch bei mittleren Produzenten statt und die Erfolge, die dabei erzielt werden können, hängen vom
- zur Verfügung stehenden Kapital bzw. der Technologie,
- vor allem aber davon ab, ob noch irgendwo ergiebige Vorkommen “online gebracht werden können”.
Norwegen
ist ein Musterbeispiel für Kapital und Technologie, gepaart mit “Glück”.
N hat in der Nordsee gezeigt, dass es gelingen kann, den geologisch bedingten Sinkflug wenigstens ein paar Jahre lang aufzuhalten und sogar eine deutliche “Gegenoffensive”zu starten.
Mit dem Produktionsbeginn im erst 2010 entdeckten massiven Offshore-Feld Johan Sverdrup im vergangenen Jahr hat die norwegische Produktionskurve in den vergangenen Monaten eine regelrechte Spitzkehre hingelegt.
Ein zweiter Peak wie im Fall der USA ist freilich auch mit Johan Sverdrup, einem “giant”, nicht zu erwarten.
Norwegen hat um die Jahrtausendwende noch an die 3,5 mbd gefördert und war danach in den Sinkflug übergegangen. Ab etwa 2013 ist es gelungen, mithilfe von Neuerschließungen (“sanctioned developments”) die Produktion bei 1,6 – 1,4 mbd zu stabilisieren
- bis es eben zur Johan Sverdrup-Spitzkehre 2019 gekommen ist. Siehe dazu den schon etwas älteren Eintrag von Matt Mushalik.
Der jüngste Datenpunkt liegt bereits wieder bei fast 1,8 mbd und die Frage ist, wie stark die Produktion in der zweiten Sverdrup-Phase noch gesteigert werden kann.
source: tradingeconomics.com
Eins ist freilich sicher: Johan Sverdrup war ein Glücksfall – und Glücksfälle ereignen sich nicht alle Jahrzehnte.
Mexiko
förderte in seinen besten Zeiten um 2005 ebenfalls 3,5 mbd, die mittlerweile auf 1,7 mbd zusammengeschnurrt sind.
source: tradingeconomics.com
Das hängt wesentlich mit dem Sterben von Cantarell zusammen, wie die Grafik im Mushalik-Update von Mai 2017 zeigt.
Im vergangenen Jahr sagte die PEMEX unter Präsident AMLO dem unerbittlichen geologischen decline dann den Kampf an, siehe z.B. hier, hier, oder hier.
PEMEX-Ingenieure glaub(t)en, mit genügend Kapital den Sinkflug zum Stehen und vielleicht sogar kurzfristig umdrehen zu können
und vielleicht könnte das sogar gelingen (gäbe es keine “Corona-Krise”).
Eine Rückkehr zu den stolzen Tagen der Hochblüte wäre freilich auch in diesem Fall auszuschließen.
Venezuela
ist gewissermaßen der arme und vom “Glück” bzw. der “Geostrategie” am wenigsten begünstigte “Bruder” von Norwegen und Mexiko.
In den frühen Jahren des Diktator-Präsidenten Hugo Chavez produzierte das Land noch 3,5 Millionen Barrel und bis weit in die Amtszeit seines Nachfolgers hinein wurden immerhin noch 2,5 mbd hergestellt.
2016 setzte der jähe Sinkflug auf 1,2 mbd im Dezember 2018 ein – was noch kaum mit der Feindseligkeit der USA zu tun hatte
(die US-Sanktionen begannen im venezolanischen Ölsektor erst Anfang 2019 zu beißen und haben bis zum August 2020 zu einem weiteren Rückgang auf 340.000 bd geführt).
Die dem vorangegangene Halbierung der Produktion binnen nur drei Jahren war freilich “hausgemacht”, wegen der Geologie und ausbleibender Gegenmaßnahmen der PDVSA (warum auch immer).
source: tradingeconomics.com
Von Algerien bis Indonesien
Das Drama Norwegens, Mexikos und Venezuelas wiederholt sich in der ganzen Welt in Varianten und die wichtigsten Variablen dieser traurigen Schauspiele sind,
- wie früh oder spät die Öl-Produktion aufgenommen und der Peak erreicht wurde und
- welche Mittel den Förderländern zur Verfügung stehen, um neue Vorkommen zu finden und/oder alte “zwischenzeitlich wieder auf Vordermann zu bringen”,
Wegen seiner Nähe zu Europa sei hier noch Algerien erwähnt, dessen Öl-Förderung in den vergangenen zehn Jahren (bis vor Corona!) um 40 Prozent gesunken ist – trotz relativer politischer Stabilität.
source: tradingeconomics.com
Dessen Nachbarland Libyen, das unter Gaddafi relativ konstant 1,5 mbd gefördert hatte, zeigt seit dessen Sturz
eine erratische Kurve, die sich aktuell wieder 0 angenähert hat; eine Kurve, die eher von Bürgerkrieg denn von depletion kündet.
Ein “klassischer Fall” ist auch Indonesien, das sich Matt Mushalik wiederholt angesehen hat,
zuletzt im Rahmen einer – sehr empfehlenwerten – dreiteiligen Serie über Peak Oil in Asien (zu Indonesien siehe die dritte Grafik des Dritten Teils).
Das Land des Diktator-Präsidenten Suharto förderte Ende des 20. Jahrhunderts noch 1,6 mbd, heute ist es nicht einmal mehr die Hälfte.
2004 wurde aus der traditionellen Exportnation ein Netto-Importeur und heute wird nur mehr die Hälfte des dortigen Erdöl-Verbrauchs in Indonesien selbst produziert.
Resümee
All das ist natürlich kein Beweis,
es handelt sich aber sehr wohl um aussagekräftige Indizien, die ausreichen sollten, das Ende einer unvergleichlich energiereichen Epoche antizipieren zu können.
“Im großen Bild” gibt es nicht allzu viel, was man ändern könnte,
auf Ebene von Individuen und Nationen lässt sich aber besser oder schlechter auf die historische Kalamität reagieren.
Ein erster Anfang mag schon im Bewusstsein gemacht werden, dass nicht so sehr die Gefahr besteht, bei lebendigem Leib geröstet zu werden (“Klimakatastrophe”),
sondern eher die, den Erfrierungstod zu erleiden.
Dass der sich abzeichnende Engpass das aktuelle “irrationale Regierungsverhalten” in aller Welt begründet, kann auch nicht mit Sicherheit konstatiert werden.
Eine bessere Erklärung als eine “Seuche ohne massenhafte Opfer” ist Peak Oil aber allemal.
Bild: Matthew Simmons via Wiki Commons, Sfoucher at English Wikipedia /CC BY (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0).
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